Dortmund. “Was Marcel Schmelzer spielt, ist von einem anderen Stern“, sagte BVB-Trainer Jürgen Klopp nach dem Champions-League-Spiel gegen Real Madrid über den Schützen des Siegtreffers. Damit setzt der Linksverteidiger auch ein Zeichen Richtung DFB-Trainer Löw, der ihn zuvor harsch kritisiert hatte.

Nicht nur Marcel Schmelzer muss sich wie im siebten Himmel gefühlt haben. Zusammen mit seinen Kollegen von Borussia Dortmund tanzte er am späten Mittwochabend Pogo vor der Südtribüne und feierte mit den BVB-Fans einen historischen Erfolg. 2:1 gegen Real Madrid gewann der deutsche Meister und Pokalsieger – und er, Marcel Schmelzer, war mit dem Siegtor in der 64. Minute für den ersten Dortmunder Sieg gegen die Königlichen im fünften Anlauf maßgeblich verantwortlich.

"Es ist ein wahnsinnig schöner Tag. Es ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen, wenn man zu Hause mit Borussia Dortmund Real Madrid schlägt. Dann auch noch das Siegtor zu machen – ich denke, ich werde heute nicht schlafen können", sagte der 24 Jahre alte Linksverteidiger. Die Dimension, in der sich Schmelzers Auftritt bewegte, ging weit über die Rolle des Matchwinners gegen Cristiano Ronaldo, Mesut Özil und Co., gegen den exzentrischen Startrainer Jose Mourinho oder gegen den neunmaligen Gewinner der wichtigsten europäischen Vereins-Trophäe hinaus.

Klopp richtet "Glückwunsch an Deutschland, so einen Linksverteidiger zu haben"

Bundestrainer Joachim Löw, noch angeschlagen durch eine Grippe, saß an dem kühlen Herbstabend auf der Tribüne unter den 65.829 Zuschauern im Stadion. Der DFB-Chefcoach hatte mit seinen missverständlichen Äußerungen vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Irland den gebürtigen Magdeburger wie eine Übergangs-Lösung auf der linken Verteidigerseite aussehen lassen. Löw korrigierte sich noch am selben Tag und entschuldigte sich.

"Ich war, glaube ich, der Einzige, der den Bundestrainer direkt richtig verstanden hat", sagte BVB-Coach Jürgen Klopp. Der 45-Jährige ließ es sich an diesem denkwürdigen Abend dennoch nicht nehmen, Schmelzers Qualitäten hervorzuheben: "Was Marcel Schmelzer gespielt hat, ist von einem anderen Stern. Glückwunsch an Deutschland, so einen Linksverteidiger zu haben."

Marcel Schmelzer also ein Galaktischer. Schmelzer spielte eine Klassepartie. Wer auch vor ihm auftauchte, er blieb stets der Sieger. Ronaldo wechselte zu Beginn nicht selten mit dem Argentinier Angel di Maria die Seiten, zog sich dann aber lieber wieder auf die linke Außenbahn zurück.

Über links erzielte der teuerste Transfer der Fußball-Geschichte dann auch nach einem Traumpass von Özil das 1:1 (38.) und glich damit die Dortmunder Führung durch Robert Lewandowski (36.) aus. Dann machte Schmelzer mit links aus 14 Metern das Siegtor. Als er jubelnd abdrehte, ging der Gruß zunächst zu Freundin Jenny.

Eine Botschaft an die Euro-Kritiker

Schmelzer konnte Fragen zu Löw nicht mehr hören, er beantwortete sie eigentlich auch nicht: "Ich bin sehr glücklich, dass wir als Mannschaft gegen Real Madrid drei Punkte geholt haben und auch sehr glücklich darüber, dass ich das Siegtor geschossen habe." Der Defensivspezialist blickte auf die Team-Leistung, auf die Reaktion nach dem schlechten Spiel gegen Schalke 04 und den Reifeprozess auf internationaler Ebene, auf der man im vergangenen Jahr noch so kläglich gescheitert war. "Mit dem Sieg haben wir den Kritikern zeigen können, dass wir auf europäischer Ebene nicht nur mithalten, sondern auch Mannschaften wie Real schlagen können. Das ist für uns eine kleine Genugtuung", erklärte er.

"Wer sich heute nicht komplett defensiv einbringt, der ist ein Arschloch" hatte Klopp vor dem Spiel gesagt. "Alle haben gearbeitet wie Stiere. Sollte irgendwann jemand anfangen, am Charakter dieser Mannschaft zu zweifeln, würde er sofort meinen Respekt verlieren", sagte Klopp nach dem Spiel. BVB-Boss Hans-Joachim Watzke schwärmte derweil von einer "unfassbaren Willensleistung" der Mannschaft, die im Spiel 124 km zurückgelegt hatte und damit 10 km mehr als die Königlichen. Es war sicherlich ein Sieg von Leidenschaft und Disziplin gegen fußballerische Kunst.

Mats Hummels hatte sich als Trophäe das Trikot von Reals Raphael Varane ergattert und genoss ebenfalls die Wiedergutmachung für die Heimpleite im Prestige-Derby am vergangenen Samstag gegen Schalke 04 (1:2) in vollen Zügen. "Es wird schwierig, das zu übertreffen - ein Sieg gegen eine der besten Mannschaften der Welt", so der Nationalspieler. Doch Klopp warnte trotz der sieben Punkten und Tabellenplatz eins nach drei Gruppenspielen: "Diese Gruppe war, ist und bleibt verdammt schwer."

BVB belohnt sich und setzt Real Madrid für das Rückspiel unter Druck

Nach der Glanzleistung bei Manchester City, die nur ein 1:1 brachte, belohnte man sich diesmal und steht an der Tabellenspitze der Gruppe D mit sieben Punkten. "Das Wichtigste war, mutig zu sein in allen Bereichen", sagte Jürgen Klopp, der Real trotzdem nach wie vor als "Favorit" sieht.

Jose Mourinho gab sich gewohnt mürrisch. Er verlor Sami Khedira in der 20. Minute, weil beim deutschen Nationalspieler eine Muskelverhärtung im linken Oberschenkel wieder Probleme machte. Der Portugiese sah kein hochklassiges Spiel, der Zustand des Platzes sei für das Real-Spiel nicht optimal gewesen.

So ist er eben. "Wir wissen, dass es Gruppen gibt, die ein Witz sind. Hier wird ein großartiges Team in die Europa League müssen, ein gutes scheidet aus", sagte er zur Konstellation. Dritter ist Ajax Amsterdam, Vierter Manchester. "Es ist kein Drama, wir sind Zweiter und haben nun zwei Heimspiele", sagte Mourinho. Gegner im ersten ist am 6. November Dortmund. Marcel Schmelzer sieht dem nach seiner Leistung aus einer anderen Welt optimistisch entgegen: "Der Druck wird für Real zu Hause größer sein." (dapd)