Frankfurt. Wenn die Frankfurter zum Aufwärmen in die eigene Arena einlaufen, dann spielen sie: „I can’t get no sleep“. Der Titel sollte Motto für den Abend werden. Wer nach dem 3:3 (2:0) von Borussia Dortmund in Frankfurt schnell einschlafen konnte, der ist entweder leidenschaftslos – oder auf Valium.
Es war kein Fußballspiel für Ästheten, für jene, die individuelle Fehler verdammen. Aber es war ein bedingungslos geführter Fight, ein absolutes Spektakel. Ein Spiel, in dessen Anfangsphase der Ball die Spielhälfte so oft und so schnell wechselte wie man es sonst nur beim Tennis sieht.
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Das lag an den Dortmundern, die auf Wiedergutmachung für das 2:3 beim HSV aus waren. Das lag vor allem aber an den Frankfurtern, die anders als andere, anders als zuvor Nürnberger oder Leverkusener, nicht von ihrem eigenen Spielstil abrückten, nur weil gerade der Double-Sieger den Weg kreuzte. „Wir können gar nicht abwartend spielen“, hatte Frankfurts Trainer Armin Veh vor dem Spiel gesagt. Andere hatten gar eine kesse Lippe riskiert. Auf der Titelseite der „Heimspiel“-Ausgabe der Frankfurter Rundschau prangte die Schlagzeile: „Nur zu Gast? Der Meister kommt nach Frankfurt. Die Schale steht in Dortmund in einer Vitrine. Noch...“
Zwei Gegentore in 97 Sekunden
In etwa dieser Tonlage begann die Eintracht. Sie trat als kompakte Einheit auf. Sie spielte offensiv, dynamisch und schnell. Sie mischte wieder Wucht und Entschlossenheit mit Technik und Wendigkeit.
Bis zur 24. Minute. Dann traf nach Traumpass von Mats Hummels Lukasz Piszczek für Dortmund. Sein abgefälschter Schuss war ein Abziehbild eines früheren Treffers, des Tores zum 2:1 in Mainz im September 2011; des Treffers also, der damals zur Wende taugte und Ausgangspunkt einer 31 Spiele währenden Serie ohne Niederlage wurde. Jener Serie, die just vor drei Tagen zu Ende gegangen ist. In Minute 28 erhöhte Marco Reus schon auf 2:0. Jakub Blaszczykowski, der anstelle von Mario Götze wieder in die Startelf des BVB gerückt war, schickte Piszczek; der legte den Ball zurück an die Strafraumgrenze, von wo aus Reus ihn unhaltbar versenkte.
Binnen 240 Sekunden hatte Borussia Dortmund die Eintracht in ihrem Tatendrang ausgebremst – und das Spiel beruhigt.
Irres BVB-Spiel in Frankfurt
Bis zur Pause. Nein, bis zur 49. Minute. Dann traf Stefan Aigner humorlos zum 1:2. Und nur 97 Sekunden darauf traf auch der kleine Japaner Takashi Inui. Per Kopf! 2:2. Die Arena in Frankfurt gleicht in diesem Moment einem Tollhaus. Die Dortmunder sind für ihre Schlafmützigkeit bestraft worden. Das Spiel beginnt quasi von vorn. Das Spiel geht weiter, wie es vor gut einer Stunde begonnen hat. Ein Schlagabtausch im besten Sinne, ein Aufeinanderlosrennen mit offenem Visier. In Minute 54 gibt Mario Götze, für Reus eingewechselt, dem BVB neuen Schub – und schiebt überlegt zum 3:2 ein.
Klopp muss auf die Tribüne
Doch ruhig wird es bis zum Schluss nicht mehr. In der 72. Minute trifft Bamba Anderson zum 3:3. In der Frankfurter Kurve: Ramba-Zamba. Und weil Ilkay Gündogan in der 88. Minute eine Konterchance fahrlässig verspielt, bleibt es dabei. 3:3. Auf der Dortmunder Bank müssen sie sich bestätigt sehen. „Stabilität“, hatte Jürgen Klopp gesagt, „entwickelt sich erst im Laufe einer Saison.“ Das gilt womöglich auch für den Trainer – er wurde in der Nachspielzeit von Schiedsrichter Florian Meyer auf die Tribüne geschickt, nachdem er mit furchterregender Miene den Schiedsrichter-Assistenten angegangen war. Es dauert wohl noch, bis der BVB sein Gleichgewicht zurück hat.