Hamburg.. Trainer Jürgen Klopp und Sportdirektor Michael Zorc von Borussia Dortmund machten ein ungewöhnliches Phänomen für die erste Niederlage des Deutschen Meisters nach 31 Spielen verantwortlich. „Diese Niederlage tut sehr weh“, sagte Zorc nach dem 2:3 beim HSV.
Michael Zorc trägt Hemd, Ausgeh-Anzug und Stimmungskellergesicht. Mürrisch zieht er sein Köfferchen hinter sich her. Er will jetzt eigentlich nur weg, weg aus Hamburg, weg aus diesem Stadion, in dem Borussia Dortmund gerade eine 2:3-Niederlage hinnehmen musste, die erste seit einem Jahr und 31 Bundesliga-Spielen. Aber das allein ist es nicht.
Es ist die Art und Weise, wie dieses Ergebnis zustande gekommen ist, die den Sportdirektor nervt. Die alle nervt. „Diese Niederlage tut sehr weh“, sagt Zorc und verschwindet hinter dem Mannschaftsbus, der die schwarz-gelbe Reisegruppe und ihre nagenden Fragen auf den Heimweg bringt. Die Fragen nach dem Warum.
BVB-Sportdirektor Zorc fällt das Wort "pomadig ein"
Warum hatte der deutsche Meister und Pokalsieger beim seit Monaten desaströsen Hamburger SV verloren? Warum produzierte der BVB so viele Fehler, dass man mit ihnen die Arena hätte tapezieren können? Und warum war es der HSV, der sich begeistert in dieses Spiel hineinwarf, obwohl das doch das prägnanteste Merkmal Dortmunder Fußball-Prägung ist?
„Pomadig“ ist das Wort, das Zorc zur Beschreibung des Borussen-Auftritts einfällt, ein paar Meter weiter attestiert Trainer Jürgen Klopp seiner Mannschaft „Lässigkeit“. Seltene, aber fatale Lässigkeit, die dazu führt, dass der HSV ein frühes Tor schießt, das ihn erst zu der Mannschaft macht, die sie gegen Ende des Spiels ist: eine gute, eine selbstbewusste. „Das Dümmste, was man gegen einen Gegner machen kann, der nicht gerade vom maximalen Selbstvertrauen beseelt ist, ist, ihm eine gute Anfangsphase zu schenken“, sagt Klopp. 100 Sekunden dauert es, bis Heung Min Son die Führung köpft.
„Ich weiß wie schwierig es ist, nach so einem Champions-League-Abend wie ihn der BVB am Dienstag hatte, am Wochenende gegen eine Mannschaft anzutreten, die in der Liga unten drin steht“, sagt Thorsten Fink, der Trainer der Hamburger und frühere Münchner Champions-League-Spieler. „Wir wollten daher Druck machen, um sie auf dem falschen Fuß zu erwischen.“ Fink wirkt bei diesen Sätzen weniger glücklich als erleichtert, dass es geklappt hat.
Er hat den Schlüssel gefunden zum Sieg, zu dem es angeblich gar kein Schloss gibt. Denn in Dortmund wird der Zusammenhang zwischen den feierlichen Königsklassen-Abenden und dem alltäglichen Bundesliga-Geschäft vehement bestritten. „Lächerlich“ sagt Klopp, weil seine Mannschaft ja bewiesen hatte, dass es kein körperliches Problem gewesen sei. Sie hätte sich wohl auch noch eine Stunde lang munter Chancen erspielt, sie aber ebenso munter weiter verballert, wie es Jakub Blaszczykowski, Julian Schieber, Robert Lewandowski und Co. getan hatten. Lediglich Ivan Perisic brachte es fertig, den Ball ins Tor zu schießen. Zweimal sogar: mit Glück zum 1:1-Ausgleich und ohne Gegenwehr zum 2:3-Anschlusstreffer.
Die Folgen der Champions League
Der BVB bewies Moral, der BVB rannte an, aber er scheiterte. Und zwar nicht, weil es solche Tage in einem Fußballer-Leben nunmal gibt – sondern, weil er den Sieg weniger verdient hatte, denn er investierte zu wenig. Vielleicht gibt es den Zusammenhang ja doch zwischen Königsklasse und Liga. Nicht körperlich, aber psychisch. Sie hatten Ajax Amsterdam geschlagen, wie sollten sie nun gegen diese Hamburger verlieren?
Ein paar Prozentpunkte fehlten. So war es schon in der vergangenen Saison, als der BVB im anhaltenden Meister-Überschwang gegen Hertha BSC Berlin und Hannover 96 verlor. Es waren der fünfte und sechste Spieltag, nach denen Dortmund den schlechtesten Start eines deutschen Meisters hinlegte. Die Verantwortlichen konnten damals das Problem beheben. Das ist jetzt ein Jahr und 32 Spiele her.