Bad Ragaz. Borussia Dortmund hat zehn Mittelfeldspieler für fünf Positionen. Das macht den BVB unberechenbar. „Um in allen drei Wettbewerben Erfolg zu haben, brauchen wir diese Qualität und einen gesunden Konkurrenzkampf. Der ist gewollt“, sagt Sportdirektor Michael Zorc.

Bei dem Thema achtet Michael Zorc auf die genaue Wortwahl. Borussia Dortmund hat kein Überangebot im Mittelfeld. Sagt der Sportdirektor. Der BVB hat überdurchschnittlich viele überaus gute Mittelfeldspieler. Zehn, um genau zu sein. Für fünf Positionen. Was rein rechnerisch zwei pro Posten macht. Was tatsächlich aber ungleich mehr Varianten beinhaltet. Was den BVB erst richtig unberechenbar macht.

Auch interessant

Nur zwei Beispiele: Marco Reus und Mario Götze können jeweils auf gleich vier Positionen spielen. Reus auf allen drei offensiven Mittelfeldpositionen und im Auge des Sturms; Götze ebenfalls auf den drei offensiven und zudem auf der defensiveren Sechs. Rechnen Sie die allein daraus resultierenden Kombinationen mal hoch. Zumal Ilkay Gündogan und Moritz Leitner wiederum nicht nur auf das defensive Zentrum festgelegt sind, sondern auch zentral hinter der Spitze schalten könnten. Oder auf der Bank sitzen könnten. Dann nämlich, wenn Götze rechts und Reus in der Mitte und dahinter Sebastian Kehl und Sven Bender zum Einsatz kommen.

BVB-Kapitän Kehl und Bender voll im Soll

Gedankenspiele. Beim Spiel in St. Gallen (2:1), dem fünften Test der Vorbereitung, dem noch fünf weitere folgen, ehe es am 18. August im DFB-Pokal gegen den FC Oberneuland erstmals ernst wird, hat sich Trainer Jürgen Klopp bis auf Mario Götze (Augenentzündung) alle Kandidaten anschauen können. Unterschiedlich lang zwar, aber durchaus erkenntnisreich.

Die etablierten Kräfte, Sebastian Kehl und Sven Bender, sind voll im Soll. Und vor allem sind sie seit Beginn der Vorbereitung verletzungsfrei durchgekommen. Bei den deutschen EM-Fahrern – Gündogan, Reus und Götze – ist noch mehr als bei den Kollegen alles auf den Rundenstart ausgerichtet. Ob der Plan aufgeht, wird man am 24. August wissen. Es ist davon auszugehen. Die Laktatwerte nach dem EM-Sonderurlaub waren jedenfalls schon mal richtig gut.

Ivan Perisic wiederum gehört neben den drei polnischen Nationalspielern jener Fraktion an, die nicht von Beginn an dabei war, die aber auch nicht erst richtig spät eingestiegen ist. Dem Kroaten ist deutlich anzumerken, wie sehr es ihn in seinem zweiten Jahr in die Mannschaft drängt. Gut für ihn: Er scheint aus den Fehlern der ersten Saison gelernt zu haben, wirkt in seiner ganzen Art kontrollierter, ja strukturierter. Er könnte den Durchbruch schaffen.

Auch interessant

Kevin Großkreutz, sein direkter Konkurrent, nimmt dies zur Kenntnis. Wer auch immer in den vergangenen drei Jahren auf Borussias linker Seite außer ihm noch aufgetaucht ist, am Ende hat fast immer Großkreutz gespielt. Das hat den Dortmunder stark gemacht.

Sicher nicht geschwächt hat Jakub Blaszczykowski dessen Vertragsverlängerung bis 2016. Kuba ist offensichtlich frei; frei von Zweifeln nach einer starken Rückrunde und frei von schwerwiegenden Gedanken nach der eindeutigen Entscheidung für den BVB. In St. Gallen hat er schon wieder in Ansätzen gezeigt, was alles in ihm steckt.

Bittencourt und Leitner auffällig

Aufgefallen sind aber vor allem Leonardo Bittencourt und Moritz Leitner. Bittencourt, der Neuzugang aus Cottbus, gefällt durch seine Technik und Spielintelligenz. Zuletzt hat er durch kluge Pässe Tore gegen Nürnberg und St. Gallen vorbereitet. Allerdings: Der 18-Jährige wird körperlich noch zulegen müssen. Das hat Leitner, bislang „Rippchen“ genannt, schon getan. Ans „Rippchen“ ist richtig was dran gekommen, Leitner ist mit erkennbar größerem Brust- und Armumfang aus dem Urlaub zurückgekehrt. Nachdem er in seiner ersten Saison mehrmals hatte reinschnuppern dürfen, giert auch er nach mehr.

Michael Zorc sieht das pragmatisch. „Um in allen drei Wettbewerben Erfolg zu haben, brauchen wir diese Qualität und einen gesunden Konkurrenzkampf. Der ist gewollt“, sagt der Sportdirektor. Borussia Dortmund hat kein Überangebot im Mittelfeld. Der BVB hat überdurchschnittlich viele überaus gute Mittelfeldspieler. Und das macht ihn unberechenbar.