Bad Ragaz. Vor fünf Jahren verließ Marco Reus Borussia Dortmund in Richtung Ahlen - nun kehrt er als Nationalspieler zurück und hat 17,1 Millionen Euro Ablöse gekostet. In den ersten Tagen im Trainingslager in Bad Ragaz wird der neue BVB-Star noch häufig individuell trainieren.

Marco Reus geht nicht zum Podium. Er schlendert. Leichtfüßig. Federnd. Und auch die auf ihn gerichteten Objektive lassen ihn nicht zögern. Man gewöhnt sich offensichtlich an vieles. „Hallo zusammen“, grüßt er, noch bevor er auf seiner eigenen Pressekonferenz Platz genommen hat. Ein Rucksack mit 17,1 Millionen Euro ist nicht zu sehen. Die hohe Ablösesumme, die Borussia Dortmund in den teuersten Neuzugang investiert hat, soll nicht auf dessen schmalen Schultern lasten.

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„Die Spieler“, hat Trainer Jürgen Klopp schon am Vortag erklärt, „haben die Preise ja nicht selber gemacht.“ Im Fall von Reus sind sie nicht mal von anderen verhandelt worden. „Es war eine Vertragsklausel. Da konntest du sagen: Mach ich oder mach ich nicht. Und wir haben das gemacht. Weil wir glauben, dass es sich lohnt“, sagt Sportdirektor Michael Zorc.

In Dortmund wird Reus mit Kagawa verglichen - so wie in Gladbach mit Marin

Noch bevor Marco Reus etwas sagen kann, rattern die Auslöser. Er atmet noch einmal, spielt mit seiner Zimmerkarte, ehe er die Hände ineinander legt. Er wirkt ruhig, aber keineswegs schüchtern. Dann sagt er, dass er sich wenig mit Ablösesummen beschäftige. Er meint: Eigentlich gar nicht.

Mit den in der Öffentlichkeit herangezogenen Vergleichen mit Shinji Kagawa, deren Vortrag meistens mit den Worten „große Fußstapfen“ enden, möchte er umgehen, wie er damals in Mönchengladbach mit den Vergleichen mit Marko Marin umgegangen ist. „Marko Marin ist Marko Marin. Shinji Kagawa ist Shinji Kagawa. Und ich bin ich.“ Seine Antworten sind so punktgenau wie seine Vorlagen auf dem Spielfeld.

Acht solcher Vorlagen hat Marco Reus in der abgelaufenen Saison geliefert. Und vor allem hat er 18 Tore selbst erzielt. Was sich nach Fließbandproduktion anhört, war in Wirklichkeit das Produkt individueller Klasse in einem funktionierenden Gesamtgefüge. Prädikatsarbeit. Ausgezeichnet von der höchsten Instanz, den eigenen Kollegen, die ihn zum Spieler der Saison gewählt haben.

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„Er ist ein fast kompletter Offensivspieler“, sagt Michael Zorc und beginnt aufzuzählen: „Marco hat eine hohe Spielintelligenz, eine enorme Schnelligkeit, die er auch mit Ball nicht verliert und eine gute Abschlussqualität. Er ist mit sehr vielen Talenten gesegnet.“ Trainer Klopp hat ausgemacht, „dass sogar ein bisschen Kopfball dabei ist“. Das wäre eine Qualität, die selbst Reus' Vorbild nicht vorzuweisen hat. Es ist Tomas Rosicky, ein alter Bekannter.

Vor fünf Jahren wechselte Reus nach Ahlen

Für Marco Reus ist die Rückkehr nach Dortmund auch eine Heimkehr. Vor fünf Jahren hat er den Verein Richtung Ahlen verlassen, nicht aber die Stadt. Noch zu Profizeiten in Mönchengladbach sei er am Wochenende nach den Spielen nach Dortmund gefahren. Hat Eltern und Freunde getroffen. „Ich habe mich dort immer heimisch gefühlt.“

Dann kratzt er sich am Bein. Und sofort beginnen die Auslöser wieder zu rattern.

Reus atmet noch einmal, spielt mit seiner Zimmerkarte, ehe er wieder die Hände ineinander legt. Er wirkt noch immer ruhig, und noch immer nicht schüchtern. Dann sagt er, dass der Verein heute ein anderer sei. So wie der Spieler Reus heute ein anderer ist. Beide haben sich weiterentwickelt. Beide sind besser geworden, als sie es vor fünf Jahren waren. Eine vielversprechende Vereinigung.

Damit sie auch erfolgreich ist, „muss Marco unsere Spielweise verinnerlichen und sich dafür in Teilbereichen umstellen“, hat Klopp gesagt. Das müsse irgendwie passend gemacht werden, in den nächsten Wochen. In den ersten Tagen allerdings wird Marco Reus wie seine Nationalmannschaftskollegen noch häufig individuell trainieren. Am Montagmorgen hat er den Rasen nur betreten, um auf ein abgelegenes Areal zu gelangen. Überstürzen wird man sicher nichts. „Wir sind sehr erfahren darin, auf das, was die Spieler leisten können, gewissermaßen auch warten zu können“, hat Jürgen Klopp gesagt. Auf das, was Marco Reus zu leisten vermag, darf man sich in Dortmund freuen.

Bad Ragaz wirbt mit "Bad RagARTz"

Bad Ragaz indes wirbt in diesem Jahr mit dem Wortspiel Bad RagARTz. Überall im Dorf haben sie Kunstwerke aufgestellt. Direkt vor dem Mannschaftshotel des BVB einen alten VW Käfer hinter Gittern. Die Menschen schlendern durch die weit angelegten Parks, sie richten ihre Objektive immer wieder auf Bronzestauen und Kupferskulpturen. Die meisten haben Rucksäcke auf. Einen hübschen Mosaikstein für das Gesamtkunstwerk Borussia Dortmund hatten jedoch nur jene im Fokus, die vor dem Podium im Grand Hotel Quellenhof & Spar Suites knieten. Es ist einer, der Gold wert sein könnte. Marco Reus. Allerdings ohne Rucksack.