Dortmund. . In die Freude über die Meisterschaft mischt sich noch vor dem letzten Spiel Wehmut. Denn einige Spieler werden die Fans nicht mehr oft in Schwarz und Gelb auflaufen sehen. Shinji Kagawa etwa. Und auch Florian Kringe.

Die Saison neigt sich unweigerlich dem Ende zu, obwohl sie aus Sicht der Borussen-Fans ewig so weitergehen könnte. Auch die einstmals so gefürchtete Hürde Betzenberg wurde locker genommen, beim 5:2-Auswärtssieg in der Pfalz durften zudem einige Kicker ran, die wir vielleicht nie wieder in den schwarz-gelben Hemden unseres Lieblingsvereins spielen sehen werden.

Zwei Spiele verbleiben dem aktuellen Kader noch, sich in die Geschichtsbücher von Bundesliga und Verein einzutragen. Mit einem Sieg über den SC Freiburg würde Borussia Dortmund einen neuen Punkterekord aufstellen und dürfte sich „bester Bundesliga-Meister aller Zeiten“ nennen. Und mit einem Erfolg im Berliner Pokalfinale wäre das erste Double unter Dach und Fach – beides Dinge, die vor der Saison nicht mal die größten Optimisten hätten weissagen können, ohne Gefahr zu laufen, in die Psychiatrie eingewiesen zu werden. Sensationell, einfach überragend!

BVB-Fans auswärts eine Macht

Ebenso überragend wie die Auftritte unserer Fangemeinde in den 17 Auswärtsspielen dieser unvergesslichen Saison. Auch in Kaiserslautern waren wieder auffällig viele leuchtende Punkte unter all den Roten auszumachen, wie so oft. Das wird auch in zwei Wochen beim Berliner Pokalfinale nicht anders sein, wenn weit mehr Borussen in der Hauptstadt rumturnen werden als in das Olympiastadion Einlass finden können. Auch darauf können Verein und Anhänger stolz sein!

Kringes ungewisse Zukunft

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    Beim letzten Heimspiel gegen Freiburg gilt es nicht „nur“ die Meisterschaft zu feiern, sondern auch verdiente Spieler zu verabschieden, zumindest jene, deren Abschied schon feststeht. Und alle haben sich nicht nur ihren Blumenstrauß, sondern auch unseren Applaus verdient. Beginnen wird mit einem, der auch zu den „Dortmunder Jungs“ gehört, Florian Kringe. Seit 1994 trägt er das BVB-Trikot, seit der C-Jugend. Unterbrochen nur von einer kurzen, sportlich erfolgreichen Zeit beim 1.FC Köln und von einem Abstecher zu Hertha BSC, der für ihn verletzungsbedingt unglücklich verlief. Es ist nachvollziehbar, dass Florian Kringe nicht mehr ins Anforderungsprofil des neuen Dortmunder Hochgeschwindigkeitsfußballs passt, nichtsdestotrotz ist es schade, dass er geht. Kringe hat sich auf dem Platz immer reingehängt, und vor allem hat er sich außerhalb des Platzes immer gestellt, auch wenn es mal nicht so gut lief. Der BVB verliert mit ihm einen hochanständigen Sportsmann.

    Abschied von da Silva

    Gehen wird auch Antonio da Silva, der in der vorigen Meistersaison als ‘Back-up’ auf der Sechser-Position einen ganz wichtigen Anteil am Titelgewinn hatte. Dabei denke ich nicht nur an das geile Freistoßtor zum Ausgleich in der Nachspielzeit gegen Hoffenheim, sondern vielmehr daran, dass er als Ergänzungsspieler auf 22 Einsätze kam.

    Verlässt mit da Silva ein Ergänzungsspieler den BVB, verliert der Verein mit dessen Landsmann Felipe Santana einen Spieler, der zu den besten Manndeckern der Liga gehört. Allerdings hatte „Tele“ das große Pech, mit Mats Hummels und Neven Subotic das vielleicht beste Innenverteidiger-Duo der Liga vor sich zu haben, an dem er auf Dauer nicht vorbei kam. 74 Mal trug er das Trikot des BVB in der Bundesliga, künftig wird er dem Vernehmen nach das des Konkurrenten Bayer Leverkusen überstreifen. Der Werksclub kann sich glücklich schätzen, einen richtig starken Verteidiger zu angeln, der darüber hinaus noch ein richtig guter Sportsmann ist. Kein einziges Mal hat er sich öffentlich beschwert und seinen Reservistenstatus beklagt, dass will im heutigen Egoisten-Geschäft Profifußball schon etwas heißen. Schade, dass er geht, so nachvollziehbar aus seiner Sicht dieser Schritt ist.

    Zwei wichtige Reservisten gehen

    Verlieren wird die Borussia nach Lage der der Dinge auch zwei Stars, die erheblich dazu beitrugen, in den vergangenen Jahren die gegnerischen Defensivreihen nach allen Regeln der Kunst zu zerlegen. Beim ersten, Lucas Barrios, verhält es sich ähnlich wie bei Santana. Auch in seinem Fall ist es sportlich verständlich, dass er mehr sein möchte, als ein zuverlässiger Reservist. Barrios schoss uns in der vergangene Saison maßgeblich zum Meistertitel, hatte dann aber das Pech, sich einerseits böse zu verletzten, andererseits mit Robert Lewandowski plötzlich einen schier übermächtigen Konkurrenten vor der Nase zu haben. Für Barrios persönlich wünsche ich mir, dass er einen adäquaten neuen Arbeitgeber findet. Nicht irgendeinen neureichen Emporkömmling in der chinesischen Kirmesliga, sondern einen coolen Topverein aus Europa. Außerhalb der Bundesliga, versteht sich!

    Den anderen Offensivgeist werde ich persönlich noch mehr vermissen, unseren japanischen Wirbelwind Shinji Kagawa. Auch dieser Wechsel, kommt er denn zustande, ist stringent. Kein Verein der Welt kann seinem Konto so böse sein, in Kauf zu nehmen, dass so ein Spieler in einem Jahr ablösefrei wechselt. Egal, welchen Erlös Michael Zorc für unsere Nummer 23 erzielt, es wird ein exorbitanter sein – und ich wiederhole jetzt extra nicht die alberne Summe, die der vielfach belächelte Schnäppchentransfer des Sommers 2010 beanspruchte.

    Derbysieger Kagawa

    Kagawa scheint seine persönliche Zukunft in England zu sehen, uns bleibt nur ein ganz herzliches „Arigato“ für die unvergessen Momente, die er uns beschert hat! Nicht zuletzt den „Derbysieg mit Ansage“ am (welch’ herrliches Datum!) 19.09.2010, zu dem er zwei Treffer beisteuerte. Nie werde ich vergessen, wie ich einst im Zug von Dortmund nach Köln eine Gruppe Japaner traf, die alle so freundlich schauten wie Shinji. Wir versuchten ins Gespräch zu kommen, doch leider war waren Deutsch und Englisch dieser Fans fast so schlecht wie mein Japanisch, so dass wir im Gang des ICE lediglich einen Wechselgesang zustande brachten: „KaaagaaawaShinjiiii“, so stachelten wir uns an. Drei Minuten später war das aus allen Ecken des Zuges zu hören, herrlich!

    Wirklich ein Jammer, dass er geht. Schade um alle, die den Ballspielverein verlassen. Aber sie können nicht alle für immer bleiben. Im Gegensatz zu uns Fans. Wir bleiben für immer. So wie manche Spieler zumindest in unseren Herzen für immer „Dortmunder Jungs“ bleiben.

    Uli Vonstein (www.gibmich-diekirsche.de), 30. April 2012