Dortmund. Kevin Großkreutz zog von der Strafraumgrenze ab, ein eher harmloser Schuss, doch Torjäger Robert Lewandowski machte, was ein Knipser halt macht – er hielt den Fuß rein und fälschte das Leder unhaltbar für Manuel Neuer ab. Borussia Dortmund besiegte den FC Bayern München mit 1:0.

Der Kampf um den Meistertitel, reduziert auf einem Moment. Fünf Minuten vor dem Ende. Ein Schuss. Aus elf Metern. Das Duell zweier Spieler. Arjen Robben gegen Roman Weidenfeller (der Robben zuvor zu Fall gebracht hatte). Ein Strafstoß, flach, unten rechts. Weidenfeller hat ihn. Unfassbar. Unglaublich. Es ist die Entscheidung im Titelkampf. Jeder spürte – das muss es doch jetzt gewesen sein. Der Rest war Zittern, und ein wenig Glück, als die Latte den Borussen half und Robben den Nachschuss aus zwei Metern in die Wolken drosch. Und um 21.53 Uhr war es so weit. Der BVB hatte den FC Bayern München durch ein Tor von Robert Lewandowski (76.) mit 1:0 (0:0) besiegt. Was für ein Abend, was für eine Ende.

Es ginge hier „nicht um die Weltherrschaft“, hatte BVB-Trainer Jürgen Klopp vorher verkündet. Doch bei einer Live-Übertragung des deutschen Fußball-Gipfels in mehr als 200 Länder durfte man sich schon fragen, um was es eigentlich ging. Es war das Aufeinandertreffen zweier großer Klubs, ein Duell, das den deutschen Fußball auf Jahre hinaus prägen könnte. An diesem Mittwochabend, am 30. Spieltag der laufenden Saison, aber ging es erst einmal um nichts geringeres als um den Meistertitel, für den BVB um den vorletzten Schritt zur Titelverteidigung.

BVB mit purer Leidenschaft und viel Lust

Alle 80.720 Fans im Stadion und die Millionen TV-Zuschauer auf der Welt – vermutlich sogar in Indien – ahnten, nein, wussten, dass ein Dortmunder Sieg und dann sechs Punkte Vorsprung vier Spieltage vor Ultimo mehr als nur eine Vorentscheidung wäre. Und genau so spielten die Gastgeber auch; gierig auf den entscheidenden Knockout, ohne Abwarten, ohne Manschetten vor dem bayerischen Kontern, mit purer Leidenschaft und viel Lust. Beim Rekordmeister dagegen wusste man nach 45 Minuten und einer einzigen nennenswerten Offensivaktion (Schuss von Toni Kroos, 30.) nicht, ob er nicht anders wollte – oder einfach nicht anders konnte, schlicht erstickt wurde von der Wucht, vom Willen der Dortmunder. Ohne Wirkung, ohne Nadelstiche, ohne Tempo schleppten sich die Münchener über den Rasen, die Außen Franck Ribéry und Arjen Robben blieben gesundheitsgefährdend blass, Mario Gomez war nicht existent.

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Die Dortmunder dagegen hatten schon früh die große Gelegenheit, die Meisterampel auf Grün zu stellen. Nach schöner Kombination über die rechte Seite legte Shinji Kagawa den Ball perfekt in die Mitte ab, wo Kevin Großkreutz den Ball aus fünf Metern über die Linie drückte. Dachten alle – bis auf Neuer, der den Ball mit einem unglaublichen Reflex noch abwehrte (6.).

Dortmunder Publikum bereit „zu explodieren“

Es war fiebrig, es war packend; nicht weil die Bayern ihr Visier öffneten, sondern weil jeder im Stadion spürte, dass dieses hier ein großer, ein spektakulärer, ein unvergesslicher Abend werden könnte. Das Publikum war, wie es sich Jürgen Klopp zuvor gewünscht hatte, bereit „zu explodieren“. Es musste nur jeder die Zündschnur entfachen. So wie in der 37. Minute. Flanke von Blaszczykowski, und Robert Lewandowski, der sich im Luftkampf gegen Luiz Gustavo durchsetzte, platzierte das Leder per Kopf – an den Pfosten (37.).

Würde der BVB über die vergeben Chancen grübeln? Immerhin kamen die Gäste aus München im Laufe der zweiten Halbzeit besser ins Spiel, verzeichneten mit einem verzogenen Schuss von Franck Ribéry gar eine echte Torgelegenheit (60.), machten sich auf den Weg, ihre Chance zu suchen. Das Tor zur Meisterschaft aber öffneten nach 76 Minuten die Dortmunder. Kevin Großkreutz zog von der Strafraumgrenze ab, ein eher harmloser Schuss, doch Torjäger Robert Lewandowski machte, was ein Knipser halt macht – er hielt den Fuß rein und fälschte da Leder unhaltbar für Manuel Neuer ab – 1:0. Es war die Explosion. Es war der Moment, in dem jeder hoffte, dass dieser Abend einer für das BVB-Geschichtsbuch würde. Und eine Viertelstunde später wusste – dieser Abend ist zum Einrahmen.