Dortmund. Der amtierende Meister aus Dortmund führt vor dem Duell mit Branchenprimus Bayern die Tabelle an. Noch – versteht sich. Denn jetzt haben es die Bayern endlich selbst in der Hand. So zumindest der Tenor nicht weniger Vorberichterstattungen, was unseren Fankolumnisten aber mächtig nervt.

Bayern und Borussia haben am vergangenen Wochenende die wenig beachteten Pflichtspiele vor ihrem Aufeinandertreffen für sich entschieden. Viele Sportberichterstatter hatten schon Tage zuvor kein anderes Thema gefunden, als das Duell zwischen Meister und Rekordmeister an Spieltag Nummer 30.

Das morgige Spiel wirft demnach wahrhaft große Schatten voraus. Alle drehen irgendwie am Rad. Manche sind kaum ansprechbar – so kurz vor dem „Giganten-Gipfel“, dem „ultimativen Showdown“, dem „Endspiel“, dem „Entscheidungs-Spiel“.

Die Medien haben schließlich alles daran gesetzt, einen zu verunsichern, ob danach irgendwo auf diesem Planten noch einmal Ballsport betrieben wird. Zumindest scheinen sich nicht wenige Medienschaffende absolut sicher zu sein, dass nach dem Abpfiff spontan die übrigen vier Bundesliga-Spieltage abgesagt werden. Anders lässt sich die bisher wohl beispiellose Hysterie nämlich nicht erklären, in der das Spitzen-Duell als Meisterschafts-Showdown angekündigt wird.

TV-Berichterstattung nicht mehr ernst nehmen

Die Berichterstattung über die Bundesliga wird von Jahr zu Jahr schnelllebiger und tendenziöser. Von der Zeitung mit den vier Buchstaben erwartet man freilich nichts anderes, aber vor allem auch der Bezahl-Sender Sky und das inoffizielle FC Bayern-Fanzine Sport1 – ehemals und glücklicherweise nicht mehr Deutsches Sport Fernsehen – tragen dazu in massivster Form bei. Dank der Art ihrer Berichterstattung kann man mittlerweile fast nichts mehr ernst nehmen, was im TV vor dem ersten und nach dem letzten Pfiff des Schiris stattfindet.

Dass diese beiden Medien darüber hinaus auch alles andere als unparteiisch berichten, ist dabei nur eine nervige Randnotiz. Das ist man ja gewohnt als Fußballfan. Noch lächerlichere Formen als sonst hat das Ganze angenommen, seitdem der BVB beim Wahnsinns-Spiel gegen Stuttgart zwei Punkte hatte liegen lassen.

Lachen über „Bayern haben es selbst in der Hand“

Denn ab da waren sich die Kollegen beider besagter Sport-Redaktionen auf einen Schlag einhellig einig: „Jetzt haben es die Bayern selbst in der Hand.“ Kann man so sehen, bei drei Punkten Rückstand auf Borussia und besserem Torverhältnis. Oder man lacht sich einfach kaputt. Geht auch. Oder man merkt zumindest kleinlaut an, dass diese Feststellung auch auf den Spitzenreiter zutreffen könnte, dass sie für den Spitzenreiter eigentlich bereits seit ganzen neun Wochen zutrifft.

Hat sich halt nur nicht ‘rumgesprochen. Nicht bis zu den Jungs von Sky nach Unterföhring. Und nicht bis nach Ismaning, von wo aus das ehemalige DSF die Bayern-Berichterstattung koordiniert. Im Sky-Vorbericht zum Spiel Wolfsburg gegen Dortmund ging es auch schon mehr um den Spieltag darauf. Dort wurde die Borussia schon vor dem Anpfiff als „Noch-Tabellenführer“ bezeichnet.

„Alles raushauen!“

Motivation genug! Motivation für die der Borussia geneigten Sky-Abonnenten, beim nächsten Mal erst mit dem Anpfiff einzuschalten. Motivation für die Borussen-Elf, morgen einmal mehr „alles rauszuhauen“. Und zu guter Letzt auch Motivation für uns Fans im Stadion, auf den Rängen alles zu geben.

Apropos Motivation: die sollte man in Dortmund hochhalten. Denn entgegen der medialen Meinungsmache wird die Saison morgen Abend nicht beendet. Ganz im Gegenteil – nur wenige Tage darauf geht es zum Derby nach Gelsenkirchen. Wenigstens bleibt bei dieser Konstellation etwas weniger Zeit für tendenziöse Vorberichterstattung. Ich sag’s mal frei nach Adi Preißler: Entscheidend is eh auf’m Platz!

10. April 2012, Rutger Koch, Gib mich DIE KIRSCHE