Dortmund. . Was für ein Ausrufezeichen! Sechs Kerzen hat der Ballspielverein in der Domstadt Köln gezündet und damit die sportliche Antwort auf die verbalen Sticheleien aus München gegeben. Borussia Dortmund kann stolz auf diesen Erfolg sein.

Was für ein Ausrufezeichen! Sechs Kerzen hat der Ballspielverein in der Domstadt Köln gezündet und damit die sportliche Antwort auf die verbalen Sticheleien aus München gegeben. Überbewerten sollte man den Kantersieg am Rhein indes nicht, denn der 1.FC Köln präsentierte sich in einer Bundesliga-unwürdigen Verfassung.

Dennoch kann Borussia Dortmund stolz auf diesen Erfolg sein, hatten doch nicht wenige zuvor geunkt, den Spitzenreiter befalle langsam aber sich die „Meisterflatter“. Und überhaupt – nach so einer langen Siegesserie müsse doch selbst der BVB mal wieder ein Spiel verlieren, so die Hoffnung von Kölns Trainer Solbakken, die sich als trügerisch erweisen sollte.

1:0 als Weckruf

Auch wenn die Borussia einen Moment brauchte, um ins Spiel zu finden, hatte man als Zuschauer eigentlich zu keiner Zeit das Gefühl, dass an diesem perfekten Fußballabend irgendetwas anbrennen könnte. Zwar gingen die Gastgeber in Führung, was aber weniger an ihrem Angriffsspiel lag, sondern vielmehr an der freundlichen Unterstützung durch die Sportkameraden Subotic und Weidenfeller, die sich ungeachtet der Tatsache, dass der Ball gefühlte fünf Minuten in der Luft unterwegs war, nicht zum Eingreifen bemüßigt sahen. Sei’s drum, vielleicht brauchten die Borussen nach dem kräfteraubendem Pokalspiel unter der Woche in Fürth einfach einen kleinen Weckruf.

Danach war der BVB-Express nicht mehr aufzuhalten, der Ausgleich fiel folgerichtig und hätte schon zur Halbzeit einem Vorsprung weichen müssen. Was vor dem Pausenpfiff versäumt wurde, holten die Schwarz-Gelben in Hälfte zwei umso konsequenter nach und überrollten einen völlig überforderten Gastgeber förmlich. Selbst wenn Kölner Gegenwehr sogar mit einem überdimensionalen Vergrößerungsglas nicht erkennbar gewesen wäre, soll der Zustand dieser Mannschaft den Triumph nicht schmälern: Auch einen derart schwachen Gegner musst du dir erst mal so zurechtlegen, dass du ihn mit Genuss filetieren kannst.

Traumhafter Fußballabend

Und so erlebten die Zuschauer einen traumhaften Fußballabend, an dem einfach alles passte: Traumhaftes Frühlingswetter, ein ausverkauftes Haus und eine Riesenstimmung. Letzteres mit zunehmender Spieldauer nur noch bei den Gästen, die überaus zahlreich vertreten waren. Neben den Gästestehplätzen auch auf dem Oberrang der Gegengerade schwarz-gelb bis weit in die Mitte, selbst die Haupttribüne war mit schwarz-gelben Inseln und Farbtupfern reichlich gesprenkelt. Was die Borussen-Fangemeinde in Müngersdorf ablieferte, war einfach nur meisterlich. Abgesehen von der Entgleisung eines einzelnen Trottels, der den Ausgleichstreffer nicht besser zu zelebrieren wusste als durch das Abbrennen eines bescheuerten Bengalos. Das wird dem Verein eine Geldstrafe einbringen – schön wäre es, man bekäme den Vogel zu fassen und ließe ihn das bezahlen!

Sportlich ist die vielleicht wichtigste Erkenntnis dieses denkwürdigen Spiels, dass Ilkay Gündogan mittlerweile ganz offensichtlich beim BVB angekommen ist. Er bestätigte seine zuletzt ohnehin ansteigende Form und krönte seine persönliche Traumwoche nach dem Siegtreffer in der Fürther Pokalschlacht mit einem lässigen Treffer sowie einer feinen Vorbereitung beim Sechserpack von Müngersdorf. Somit erwies sich die Maßnahme von Jürgen Klopp, zunächst auf Kapitän Sebastian Kehl zu verzichten und auf das Tandem Gündogan-Bender zu setzen, als goldrichtig. Die gesteigerte Wertschätzung, die Gündogan inzwischen genießt, ist auch daran zu ermessen, dass es „Manni“ war, der später für Kehl das Feld räumte und eben nicht der Ex-Nürnberger. Gündogan machte zweifelsohne eines seiner besten Spiele, seitdem er bei uns ist.

Piszczeck und Kagawa ragten heraus

Neben ihm sind noch zwei weitere Borussen hervorzuheben. Zum einen Lukasz Piszczek, der für das Gros der Angriffsbemühungen in Hälfte eins zuständig war und sich selbst zudem mit einem seiner seltenen Treffer belohnte und zwei weitere vorbereitete. Und dann natürlich Doppel-Torschütze Shinji Kagawa. Wahnsinn, wie cool und überlegt er das Ding zum 2:1 aus spitzem Winkel unter die Latte nagelt. Wem bei dieser Szene nicht das Fußball-Herz aufgeht, der frisst auch kleine Kinder. Wenn sich zu Shinji in dieser Galaform noch ein gesunder Mario Götze gesellt, könnte dies im Endspurt der Saison ein vielleicht entscheidender Vorteil der Dortmunder im Meisterschaftsrennen werden.

Denn, soviel Kritik muss selbst nach einem derart klaren Erfolg erlaubt sein, spielerisch hat der BVB ganz sicher noch Luft nach oben. Insbesondere in der ersten halben Stunde fehlte es den Aktionen des Meisters an der notwendigen Präzision und auch an Überraschungsmomenten. Aber dies nur am Rande. Nach einem 6:1-Auswärtssieg und nunmehr 21 Spielen ohne Niederlage darf und braucht sich der gemeine Fan keine Gedanken machen, dafür sind Jürgen Klopp und sein Team zuständig. Wir sind fürs Freuen und Jubeln zuständig. Und wenn es das Schicksal nicht allzu böse mit uns meint, werden wir dazu in diesem Frühjahr noch den ein oder anderen Anlass haben.

Uli Vonstein (gibmich-diekirsche.de), 26. März 2012