Dortmund. . Der BVB bezwingt Leverkusens Defensiv-All-Stars, feiert seinen Mittefled-Spieler Shinji Kagawa und darf ab sofort Tabellenführer genannt werden. Kagawa paart Schnelligkeit mit “Genialität am Ball“. Der Japaner machte für den BVB den Unterschied zu Bayer Leverkusen aus.

Bevor Shinji Kagawa federleicht in sein Leben schwebte, galt Daniel Oczipka mit seinen 184 Zentimetern unter der Messlatte und seinen 83 Kilogramm auf der Waage noch als Fußballprofi nach deutschem Kompaktklassenmaß. Rein körperlich eher Golf als Smart oder Mercedes S-Klasse. Nach der Partie von Bayer Leverkusen bei Borussia Dortmund aber erklärte Kagawa über seinen Dolmetscher Jumpei Yamamori, dass Japaner wie er ihre „geringe Körpergröße über Schnelligkeit, Wendigkeit und Kreativität ausgleichen“ müssten. Und weil es Oczipka war, den er vor seinem 1:0 in der letzten Minute der ersten Halbzeit umrundet hatte wie eine Litfaßsäule, stand plötzlich eine Frage im Raum: Ist schon deutsche Kompaktklasse zu schwerfällig für Fußball?

Kagawa fliegt beim BVB über den Rasen

In diesem Fall konnte die Antwort nur lauten: ja. Hatte schließlich jeder der mehr als 80.000 Besucher im Stadion des BVB beobachten können. Der einzige Trost für Leverkusens Linksverteidiger und sonstige Kompakte, die durch den deutschen Fußball ächzen, dürfte sein, dass nicht jeder 1,72 Meter große 63-Kilo-Mann so über den Rasen fliegen und gleichzeitig Kunststückchen vollbringen kann wie Kagawa. Trainer Jürgen Klopp hat das hervorgehoben und neben „der Wendigkeit, die Shinji mit Schnelligkeit paart“ auch dessen „Genialität am Ball“ gepriesen. Unter dem Strich war genau davon eine Prise notwendig, um die Ketten des Gegners zum Erodieren zu bringen und eine Nullnummer zu verhindern.

Von der einstigen wunderbaren Offensivkraft der Rheinländer ist nämlich nichts geblieben. Robin Dutt sprach zwar davon, dass man in der zweiten Hälfte „eine Riesenchance“ gehabt habe, und meinte damit einen Schuss von Andre Schürrle Richtung Roman Weidenfellers Tor. Dass Borussen-Innenverteidiger Mats Hummels in Runde zwei gar keine Möglichkeit des Kontrahenten aufgefallen war, sollte Leverkusens Trainer jedoch zu einer intensiven Videoanalyse anregen. Wer weiß, vielleicht handelte es sich ja um eine Scheinriesenchance, fast unsichtbar aufragend aus dem, was Hummels und Kollegen irritierte: „Wir waren überrascht, dass die Leverkusener auch am Ende nur hinten rum gespielt haben.“

BVB-Trainer Klopp freundet sich mit Tabellenführung an

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Unangenehme Gäste waren die Bayer-Profis dennoch. Klopp hatte sie als „gut organisiert“, „sehr talentiert“ und „hoch motiviert“ erlebt. „Ich bin total zufrieden, weil ich mir im klaren darüber war, wie schwer es werden würde“, resümierte der Trainer und gab anschließend sogar fast zu gut gelaunt einen heiklen Satz zur Veröffentlichung frei: „Wir haben gar nichts dagegen, als Tabellenführer bezeichnet zu werden.“ Außerhalb von München wird das mit Erleichterung aufgenommen worden sein. Der Tabellenführer, der mit dem Erfolg über den amtierenden deutschen Vizemeister seine 15-Spiele-ohne-Niederlage-Serie aus der vergangenen Titelsaison eingestellt hat, darf jetzt tatsächlich Tabellenführer genannt werden. Puh. Könnte auch wieder Meister werden, das Trüppchen.

Sebastian Kehl, der das Flieger-Mittelfeld der Dortmunder gemeinsam mit Sven Bender erneut robust geerdet hatte, wagte sich ein kleines Stück weit vor. Es sei nicht „so ein spektakuläres Spiel“ gewesen, sagte der Kapitän mit dem Blick zurück auf die Demontagen Hamburgs, Hoffenheims, Nürnbergs. Der mit Beharrlichkeit, mit Organisation und Motivation und einem Füßchen Genialität eingefahrene Sieg über Bayers Defensiv-All-Stars sei aber wertvoll gewesen, ließ Kehl wissen, eben, weil die Vereinigung aller Tugenden notwendig gewesen sei, um ihn zu erringen: „Das zeigt, dass wir auf einen richtig guten Weg sind.“

Bayer Leverkusen kann BVB-Star Kagawa mit Barcelonas Messi vergleichen

Für Bayer kann das nicht behauptet werden. Michael Ballack hatte wieder seinen Bankstammplatz besetzt und dabei das Bewusstsein für das Problem Ballack geschärft. Das Thema erneute Champions-League-Teilnahme ist abgehakt. Aber vor der Königsklassen-Heimpartie gegen die Angriffsartisten vom FC Barcelona am Dienstag in der eigenen Arena konnte Trainer Robin Dutt immerhin festhalten: „Wir haben in der ersten Hälfte selbstbewusst verteidigt.“ Das könnte helfen. Obwohl: Barcas Megastar Messi ist sogar noch drei Zentimeter kleiner als BVB-Star Kagawa.