Dortmund. .

Auf Eis kann der Mensch viel Spaß haben. Er kann dort schwungvoll Bahnen ziehen, kunstvoll Kringel drehen, mutig springen oder anmutig tanzen. Eines jedoch sollte er auf Eis besser nicht machen: Fußball spielen.

Tut er es dennoch, dann kommt es zu Szenen, wie sie am Dienstag beim DFB-Pokalspiel in Kiel zu besichtigen waren: Dort rutschte etwa der Dortmunder Klassestürmer Robert Lewandowski in einer Art und Weise über den glatten Untergrund, dass Knie und Knöchel in höchster Gefahr waren, jeden Moment zersplittert oder zerrissen zu werden. Und dort schlug der Kieler Spieler Aaron Berzel aus eineinhalb Metern Höhe so ungebremst mit dem Hinterkopf auf den gefrorenen ­Boden, dass sich Zuschauer an den tragischen Sturz des deutschen Handball-Stars Joachim ­Deckarm erinnert fühlten.

So schlimm wie 1979 in ­Tatabanya ging es für Berzel nicht aus und auch Lewandowski und alle anderen, die über das Feld schleuderten und schlingerten, kamen am Ende mit heiler Haut davon. Doch das war eine reine Glückssache.

Watzke hatte schon vor zwei Wochen gewarnt

Hans-Joachim Watzke möchte sich nicht noch einmal auf ein solches Glück verlassen müssen. Schon vor zwei Wochen, erklärt der Geschäftsführer von Borussia Dortmund unserer Zeitung, habe er den künftigen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach auf „die Probleme hingewiesen, die in Kiel todsicher kommen werden“. Watzke sagt: „Ein Verein, der eineinhalb Millionen Euro für ein solches Spiel bekommt, muss auch die Voraussetzungen für dieses Spiel schaffen.“ Holstein Kiel, ein Regionalligist, verfügt nicht über eine Rasenheizung. Das ist ein fatales ­Defizit, wenn Klimaverhältnisse herrschen, wie sie das Land derzeit erlebt.

Unter einem Zelt war das Kieler Grün, für dieses Spiel ­eigens neu verlegt, im Vorfeld gepflegt worden. Am Abend vor dem Spiel nahm Watzke die von einem Gebläse gewärmten Halme in Augenschein. Und es war ihm klar, was am Tag X passieren würde: „Nach ein bis zwei Stunden friert das alles zu.“ Das Zelt sei dann am Spieltag auch noch zu früh abgeräumt worden, sagt er, weshalb die unvermeidliche physikalische Entwicklung nach dem Anpfiff noch zügiger vorangeschritten sei. Bereits nach einer halben Stunde eignete sich der Rasen prächtig für eine Sportlerin wie Sarah ­Hecken - die beste deutsche Eiskunstläuferin.

„Ab dem Viertelfinale“, fordert Watzke deshalb, „sollten Pokalspiele nur noch in Stadien mit einer Rasenheizung gestattet werden.“ Im Fall Kiel hätte das bedeutet: Das Duell gegen den BVB wäre in eine andere Arena verlegt worden, beispielsweise nach Hamburg.

Klopp sauer auf die ARD

Eine Absage hingegen, wie sie BVB-Trainer Jürgen Klopp - nach dem Spiel - aufgebracht gefordert hatte, könnte nach Watzkes Ansicht in diesem Stadium der Saison Terminprobleme aufwerfen, weil Nachholspiele mit den Wettbewerben des Europapokals kollidieren würden.

Klopp hatte nach dem Abpfiff die These aufgestellt, das Spiel in Kiel sei auf Druck der ARD ausgetragen worden: „Ich kann mir keine Bodenverhältnisse vorstellen, bei denen das Spiel abgesagt worden wäre - aus dem einfachen Grund, weil das Fernsehen da war.“ Watzke dämpfte gestern: „Es gibt keinen Druck vom Fernsehen, wir sind froh, dass wir das Fernsehen haben.“

Immerhin kam es nicht zum Favoritensturz auf dem Eis: Borussia Dortmund kam mit einem 4:0-Sieg weiter. Was keine Selbstverständlichkeit sei, wie Watzke hervorhebt: „Auf dem Eis wird das Fußball-Spiel zum Glücksspiel.“