London. Die Trainer von Arsenal London und Borussia Dortmund verfolgen ähnliche Ideen. An diesem Mittwoch sind Arsene Wenger und Jürgen Klopp Gegner in der Champions League. Der BVB muss dieses Spiel unbedingt gewinnen.

Eigentlich hat der FC Arsenal gerade eine richtig gute Phase. Am Wochenende gewannen die Londoner ihr fünftes Liga-Spiel in Serie, doch ungetrübte Freude kam vor dem heutigen Gruppenspiel in der Champions League gegen Borussia Dortmund (20.45 Uhr, Sat.1, Sky und im DerWesten-Ticker) nicht auf. Denn Teammanager Arsène Wenger, seit 1996 für die Gunners tätig und wertvollstes Inventarstück des Klubs, hatte schließlich vage Abschiedsgedanken geäußert. Als in den Medien über mögliche Nachfolger diskutiert wurde, fiel wie selbstverständlich auch der Name Jürgen Klopp.

Doch Klopp bleibt natürlich bis auf weiteres bei Borussia Dortmund. Gleiches gilt für den 62-jährigen Wenger, dessen Vertrag bis 2014 läuft. Geehrt fühlen durfte sich Klopp dennoch. Schließlich weiß der 44-jährige die Arbeit seines Kontrahenten, der vom Alter her sein Vater sein könnte, sehr wohl zu schätzen. „Wer so lange auf so hohem Niveau spielt, wer seit Jahren aus so vielen Talenten Klassespieler formt und dabei seine Philosophie konsequent verfolgt, der hat für mich Vorbildcharakter“, sagt Klopp über Wenger. „Seine Arbeit und seine Leistung sind beeindruckend.“

Vor allem, weil der Franzose fast jede Saison vor einem Neuaufbau steht, wenn sein Arbeitgeber im Sommer wieder mal Leistungsträger – wie jüngst Cesc Fabregas, Samir Nasri und Gael Clichy – verkauft hatte. In früheren Jahren hießen die Abgänge Thierry Henry, Ashley Cole, Patrick Vieira oder Marc Overmars.

Die Zwangs-Transfers haben bei Arsenal eine unschöne Tradition: Der 62-jährige Wenger entdeckt und bildet junge Spieler aus und muss sie an Klubs abgeben, die zweistellige Millionen-Ablösesummen, fantastische Gehälter und größere Titel-Perspektiven bieten. Wie Real Madrid, der FC Barcelona, Manchester United oder Stadt-Rivale FC Chelsea. Arsenal firmiert als Ausbildungsverein: Der Klub ist zwar Dauergast in der Champions League, einen internationalen Titel konnte der diplomierte Wirtschaftswissenschaftler Wenger aber noch nicht gewinnen. Die letzte Meisterschaft wurde 2004 gefeiert, der letzte Pokalsieg 2005. „Vielleicht kann er den Arsenal-Fans mal erklären, warum er seitdem keinen Titel mehr geholt hat“, ätzte Real-Trainer Jose Mourinho.

„Trainer des Jahrzehnts“

Der Fußball-Kosmos außerhalb des Ich-Sterns Mourinho und des Brachial-Kometen Alex Ferguson (ManUnited) schätzt die Arbeit des feingeistigen und charismatischen Elsässers, der auf Pressekonferenzen, wie auch gestern Abend, gern in mehreren Sprachen parliert. Die keineswegs für Schwärmereien bekannte „Neue Zürcher Zeitung“ nennt Wenger einen „der besten Fußball-Lehrer der Welt“, von der International Federation of Football History & Statistics (IFFHS) wurde der Franzose jüngst zum „Welttrainer des Jahrzehnts“ gekürt.

Derlei Titel aber bedeuten Wenger wohl ebenso wenig etwas wie Klopp; es ist nicht die einzige Gemeinsamkeit. Beim BVB gibt es durchaus Anlagen zum Modell und zur Spielweise, die Wenger vor 15 Jahren als Arsenal-Schule eingeführt hat. Und für die er viel Applaus und Bewunderung einheimste. Auch die Borussen setzen auf wissbegierige Talente, glänzen mit attraktivem Offensivspiel und vielen direkten, schnellen Passen. Doch anders als zuletzt Arsenal wurde der BVB in Form der Meisterschaft auch reichlich entlohnt.

Heute werden sich die Trainer nun erstmals direkt auf Augenhöhe begegnen; beim Hinspiel in Dortmund musste Wenger auf der Tribüne noch eine Sperre absitzen. Eine Chance für Klopp, den geschätzten Kollegen bei der Arbeit zu beobachten. „Ich würde ja gerne viel mehr wissen, was er macht. Aber für so etwas ist in unserem Geschäft ja keine Zeit.“ Nun hätte Klopp mal für 90 Minuten die Gelegenheit. Entspannt zugucken wird er aber nicht.