Wäre Uli Hoeneß nicht Präsident des FC Bayern, er wäre wohl der vereinseigene Seismograf. An keinem anderen Gesicht kann man die Stimmungs- und damit die Gefahrenlage beim Rekordmeister so genau ablesen. Das 1:3 im Februar hatte ihn deshalb bis ins Mark getroffen, weil „ich vorher das Maul so weit aufgerissen hatte“. Diesmal aber hatte der wortgewichtige Präsident im Vorfeld des Topspiels geschwiegen. Und genau das tat er auch nach der nächsten Niederlage gegen den BVB. Der dritten in Folge. Der historischen.

Hoeneß – und das ist als Indiz für eine tatsächlich gestiegene Wertschätzung für den Rivalen aus Westfalen zu werten – hatte diesmal offensichtlich die Möglichkeit eines Dortmunder Erfolgs zumindest nicht ausgeschlossen. Im Nachhinein musste er sich gar in dieser Einschätzung bestätigt sehen. Zwar nicht mit der Gesichtsfarbe vom Februar (das Rot der Bayern-Trikots ist dagegen eher Rosa), aber mit demselben Gesichtsausdruck schlich er von dannen.

Die Bayern nehmen den BVB wieder ernst

Für den BVB bedeutet dies im Kern zweierlei. Erstens: Die Bayern nehmen den alten Rivalen aus den 1990er Jahren wieder ernst. So ernst, dass der derzeit verletzte Bastian Schweinsteiger nicht nur seinen Respekt vor der in Dortmund geleisteten Arbeit zollt, sondern den BVB wieder aufs Niveau eines Dauerrivalen hievt. Das hat Gewicht. Auch wenn sich die Verantwortlichen der Borussia weiter dagegen wehren, aus den aktuellen Erfolgen schon wieder eine grundsätzliche Konkurrenzfähigkeit abzuleiten. Bescheidenheit, das hat der Titelgewinn in der Vorsaison gezeigt, ist ja auch kein schlechter Berater.

Zweitens wird das Spiel gegen den FC Arsenal durch den Sieg beim FC Bayern zwar nicht per se leichter – die Ausgangssituation aber durchaus angenehmer. Mit einem Erfolg in die Festspielwoche gestartet zu sein, dürfte das Vertrauen in die eigene, zurückgewonnene Stärke stützen. Statt sich den Ursachen für eine Niederlage stellen und mit deren Aufbereitung arbeiten zu müssen, dürfen sich die Borussen von den Auswirkungen dieses Coups tragen lassen. Das nennt man die Eigendynamik des Erfolgs.

Für die Bundesliga ist Borussias Sieg ein Plädoyer gegen Langeweile. Die Bayern, die noch im Oktober bereits zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison zu enteilen drohten, haben momentan nur noch ganze zwei Punkte Vorsprung vor der Borussia aus Dortmund und jener vom Niederrhein, und nur drei vor dem FC Schalke 04. Andersherum gewendet: NRW jagt die Bayern! Was kann es in der und für die Bundesliga Schöneres geben? Eben. Nichts.