Dortmund. .

Es ist wie so oft in dieser Saison: Bei der Betrachtung der Probleme von Borussia Dortmund stellt sich ganz schnell heraus, dass es sich in aller Regel um Schwierigkeiten handelt, um die uns der Rest der Liga beneidet.

Die jüngsten Ergebnisse ließen etwas zu wünschen übrig, dennoch ist die Mannschaft in der Rückrunde weiter ungeschlagen und kann nun mit ganz breiter Brust nach München fahren.

Auch die ‘Tor-Krise’ scheint bewältigt, Lucas Barrios traf beim Heimsieg gegen Sankt Pauli in beeindruckender Torjäger-Manier einmal selbst und hatte maßgeblichen Anteil am Eigentor von Pauli-Verteidiger Ralph Gunesch. Eine bessere Antwort auf die Kritik an der unzureichenden Chancenverwertung in den Wochen zuvor konnte der Mittelstürmer nicht geben. Dass im Zusammenhang mit der Torausbeute des BVB bisweilen die Vokabel ‘Problem’ auftaucht, relativiert sich schon allein durch die Tatsache, dass kein anderes Team in dieser Saison mehr Tore erzielt hat als der souveräne Tabellenführer (Leverkusen hat eins weniger, Bayern genauso viele). Ein reines Luxusproblem also.

Borussias größtes Luxusproblem: Santana

Borussias im Wortsinne größtes Luxusproblem ist allerdings ein anderes: Es misst stolze 1,90 Meter und heißt Felipe Santana. Bei seinem erst zweiten Einsatz von Beginn an in dieser Saison zeigte der brasilianische Abwehrschrank wieder einmal, dass er zu den besten Manndeckern der Liga gehört. Ungeheuer zweikampfstark gewann er fast jedes Duell. Der Mann ist flink, ballsicher und sich – nicht selbstverständlich für einen Brasilianer - auch für schnörkellose Aktionen nicht zu schade. Notfalls wird die Kugel halt mal weggedroschen. Aber nur notfalls.

Felipe Santana - Edelreservist und Borussias Luxus-Problem.
Felipe Santana - Edelreservist und Borussias Luxus-Problem. © imago sportfotodienst

‘Tele’ verdiente sich gegen den Aufsteiger aus Hamburg gleich mehrere Fleißkärtchen und bestätigte die Einschätzung seines obersten Vorgesetzten: „Ich glaube, der würde in jeder anderen Bundesliga-Mannschaft einen Stammplatz haben“, so BVB-Boss Hans-Joachim Watzke vor wenigen Wochen über Santana.

Santana verdient sich nicht nur auf dem Platz erstklassige Meriten, sondern auch durch sein absolut untadeliges Verhalten. Nie hört man ein Wort der Klage über sein Reservistendasein, nie macht er einen unzufriedenen Eindruck. Meist präsentiert er sich gut gelaunt. Und wenn er gebraucht wird, so wie am Samstag, dann ist er von jetzt auf gleich voll da. Nicht eine Sekunde lang sah es danach aus, als hätte er wenig Spielpraxis, über 90 Minuten stand Santana seinen Mann. Das verdient hohen Respekt.

Respekt für Edelreservist

Den die Fans auf den Tribünen dem Edelreservisten nur zu gern zollten. Mitte der zweiten Halbzeit, als er zum x-ten Mal einen Paulianer gestellt und ihm die Kugel abgelaufen hatte, schallten laute „ Santana“-Rufe durchs Stadion – die Borussengemeinde bewies mal wieder ein ganz feines Gespür dafür, wessen Seele dieses Balsam besonders verdient hatte. Schön!

Ungeachtet dessen wird er nach Lage der Dinge in München wieder ins zweite Glied rücken müssen. München, das war spätestens in Hälfte zwei des aus Borussen-Sicht „langweiligen“ (nicht mangels Qualität, sondern aufgrund seiner Einseitigkeit) Spiels gegen Sankt Pauli das beherrschende Thema auf der Tribüne. Packen wir die Bayern diesmal? Sind sie nicht endlich einmal fällig?

Einer der mutmaßlichen Protagonisten des kommenden Wochenendes hat es ausgesprochen: Kevin Großkreutz. „Jetzt schlagen wir München, werden Vollgas geben. Bayern ist reif“, sagte der Offensivmann laut ‘Bild’-Zeitung. Ist das unvernünftig, großmäulig? Nein! Ich sehe es wie Nuri Sahin, der meinte: „Kevin trägt sein Herz auf der Zunge, der darf das.“

Spielen den geilsten Fußball

Warum auch nicht? Selbstbewusstsein hat noch keinem Sportler geschadet und die Borussen haben keinen Grund, mit übertriebener Ehrfurcht nach München zu fahren. Kevin Großkreutz hat Recht, wenn er sagt, „wir spielen den geilsten Fußball“. Und auch seine Spitze gegen den Anhang der Münchner (“10.000 Fans begleiten uns zu den Bayern. Die werden das für uns zu einem Heimspiel machen - in München ist ja eh nicht soviel los“) ist inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Bayern-Fans beklagen doch selbst häufig genug die wenig prickelnde Atmosphäre in ihrem Stadion.

Atmosphäre und gute Stimmung haben wir bei den bisherigen Auswärtsreisen in dieser Saison in jedes Stadion mit hineingebracht – und die Mannschaft oft genug die Punkte mit herausgenommen. Die Chancen, dass dies auch in München der Fall sein könnte, standen bestimmt schon schlechter als im Februar 2011. Schaun mer mal…

Uli Vonstein (www.die-kirsche.com), 21.02.2011