Dortmund..

20 Spiele - 50 Punkte. Doch nach dem Sieg ist vor dem Derby. Wolfsburg bewundert die aus Dortmund importierte Stadionatmosphäre und Borussia bereitet sich auf das bevorstehende Kräftemessen mit den Knappen vor.

„Endlich ist hier mal ein bisschen Stimmung in der Bude!“ freut sich die freundliche Bedienung in der Wolfsburger VW-Arena, als ich kurz vor dem Abpfiff meine Becher zurückgebe. „Ihr habt ja sonst auch schon mal gerne Totentänze hier“ sage ich. Die Bedienung nickt resigniert. „Aber wir kommen ja jedes Jahr vorbei“, mache ich der Dame Mut, „es sei denn, ihr steigt ab“. Ein Grinsen kann ich mir nicht verkneifen. Dass bei der VW-Werkself auf den Rängen wenig geht, ist man ja seit Existenz des Retortenclubs gewohnt. Daran, dass auch auf dem Spielfeld, trotz jährlicher Transferinvestitionen um die 30 Millionen Euro, wenig geht, muss man sich nach ein, zwei starken Wolfsburger Jahren erst wieder gewöhnen.

Graue Wölfe ohne Chance

Das fällt einem aber selbstredend leicht. Gegen die Borussia, die neben den VW-Werken vor allem in Halbzeit Eins stark aufspielte, waren die grauen Wölfe ohne jede Chance. Als die Wolfsburger Bedienung dem zahlreichen und stimmungsvollen Dortmunder Anhang nachtrauert, steht es 3:0 für Sahin, Götze, Hummels und Co. - womit auch gleich die absolut herausragenden Akteure dieses Nachmittags namentlich erwähnt wären.





Während die 10.000 anderen Borussen nach dem Abpfiff lieber ihre Mannschaft und ihren Verein, als vorzeitig die deutsche Meisterschaft feiern, fuchtelt Olaf Suplicki, ehemaliger Vorsitzender der Fanabteilung, ekstatisch mit seinem Schalenimitat. Mindestens einer ist sich also nicht nur sicher ob des nächsten Titelträgers, sondern bekennt sich auch dazu. Während dieser Szenen ist die Hälfte des Stadions schon leer, weil die meisten VW-Angestellten schon in der Schlussviertelstunde achselzuckend abgehauen sind. Wahrscheinlich durften sie Überstunden abfeiern.

Fußball, Fans und Sensationen gab es auch anderswo - und zwar dergestalt, dass man wirklich was draus lernen kann: unterhalb des Weißwurstäquators ließ der Kaiser verlauten, dass es ein sicheres Anzeichen dafür sei, dass „eine Mannschaft lebt“, wenn Spieler ihre Mitspieler würgen. Der „beste Torwart der Welt“ Manuel Neuer klärte die Fußballwelt durch die blauweiße Blume darüber auf, dass Magaths Transferpolitik Schuld am schlechten Abschneiden der Knappen wäre. Magath selbst hingegen hatte zuvor unter der Woche einem 17-Jährigen vom Schulabschluss abgeraten.

Magath würgt die Teebeutel

Apropos Magath: nach der neuerlichen Niederlage wird Schalkes Alleinherrscher auf der kommenden Derby-Pressekonferenz wohl noch etwas fester seine Teebeutel würgen. Was für ‘ne Konferenz? Genau! Es ist Derbyzeit! Selten wurde in Dortmund ein wirklich überzeugender Auswärtssieg von Mannschaft und Fans so schnell abgehakt. Obwohl Hallenfußball nicht mit „echtem“ Fußball vergleichbar ist, nährt die Erinnerung an das himmlische Hinspiel in der Mehrzweckarena zu Gelsenkirchen die Hoffnungen der Borussen, zum ersten Mal seit der Saison 1982 / 1983 beide Bundesligaduelle mit dem Revierrivalen für sich entscheiden zu können.

Überragender Mann in besagtem Hinspiel war Kagawa Shinji. Nachdem der bei Katars erster WM-Probe ausgerechnet von Ex-Borusse Young Pyo Lee zertreten wurde, wird der BVB jetzt zeigen müssen, dass er seinen etatmäßigen Spielmacher nicht nur in normalen Spielen, sondern auch in Derbys ersetzen kann. Nicht nur der technisch beschlagene Japaner, sondern auch der Dauer(b)renner in Dortmunds Abwehrreihe wird am Freitag fehlen.

„Wir waren Wolfsburgs Alptraum“ hatte dieser - nämlich der pünktlich zum Derby gelbgesperrte Neven Subotic - nach dem Galaauftritt in der Autostadt gesagt. Mindestens die (bessere) Hälfte des Ruhrgebiets wünscht sich, dass Subotic' Kollegen auch ohne sein Mitwirken zu Schalkes Alptraum werden. Eben wie im Hinspiel. Wir Dortmunder hoffen auf unsere Stärke, obwohl der BVB nicht mehr, wie am 19.09., sechsmal so viele Punkte hat wie Gelsenkirchen, sondern nur noch doppelt so viele.

31.01.2011, Rutger Koch, www.die-kirsche.com