Essen. Nach der Champions-League-Auslosung wird schon vom deutschen Finale geraunt. Mit der Realität hat das wenig zu tun. Ein Kommentar.

Die letzte Loskugel war eben erst aufgedreht – was übrigens ein erstaunlich langwieriger Prozess war –, die Paarungen der Viertelfinalspiele der Champions League standen eben erst fest, da wurde schon erheblich weiter gedacht: „Deutsches Finale möglich“, hieß es in den Agenturen und tatsächlich: Borussia Dortmund und der FC Bayern können frühestens im Endspiel aufeinandertreffen, und das ausgerechnet in Wembley, wo es 2013 den knappen 2:1-Sieg des FC Bayern gegen den BVB gab. Und als dann die Europa League gelost wurde, hieß es prompt: „Zwei Traumfinals möglich!“ Denn im kleinen Europapokal könnte Bayer Leverkusen im Endspiel auf den FC Liverpool treffen.

Könnte. Denn sonderlich realistisch ist das Szenario des doppelten Traumfinals nicht, man blicke doch nur auf den Weg dahin: Der FC Bayern bekommt es erst einmal mit dem FC Arsenal zu tun, den er in den vergangenen Jahren zwar zuverlässig wegfiedelte – aktuell aber sind die Gunners Tabellenführer der besten Liga der Welt und haben unter Trainer Mikel Arteta wieder einen Weg entdeckt, schönen und erfolgreichen Fußball zu kombinieren. Und die Bayern? Die wissen aktuell selbst nicht, was sie von sich halten sollen. Und sollten sie diese Hürde nehmen, dann warten entweder Real Madrid oder Manchester City. Schwieriger geht es kaum.

Der BVB wäre gegen jeden Gegner klarer Außenseiter

Für Borussia Dortmund klingt der Weg nach Wembley zwar ein wenig leichter, mit Atlético Madrid als erstem Gegner und dann entweder Paris Saint-Germain oder dem FC Barcelona. In seiner aktuellen Form aber, so ehrlich muss man sein, ist der BVB gegen jeden Gegner auf diesem Niveau der deutliche Außenseiter, schon das Achtelfinale gegen die PSV Eindhoven forderte den Schwarz-Gelben ja alles ab.

Große Freude beim Bundesliga-Tabellenführer: Bayer Leverkusen hat mit Qarabag Agdam viel Mühe. In der nächsten Runde der Europa League wartet ein größeres Kaliber.
Große Freude beim Bundesliga-Tabellenführer: Bayer Leverkusen hat mit Qarabag Agdam viel Mühe. In der nächsten Runde der Europa League wartet ein größeres Kaliber. © SVEN SIMON | Anke Waelischmiller/Sven Simon

Bleibt Bayer Leverkusen. Klar, die Werkself spielt eine starke Saison, aber West Ham schlägt man nicht im Vorbeigehen und erst recht nicht die AC Mailand oder Lazio Rom, die dann im Halbfinale kämen. Dass Leverkusen vor allem in Deutschland als großer Favorit gehandelt wird – das ist auch ein Zeichen dafür, dass die Bundesliga im internationalen Vergleich immer noch ganz gerne überschätzt wird.