Dortmund. Der Engländer muss gegen seine erste Schaffenskrise in Dortmund ankämpfen. Als Alternative drängt sich Karim Adeyemi auf.
Um Jadon Sanchos gegenwärtige Lage zu verstehen, muss man ein paar Wochen in die Vergangenheit springen, zurück in den Januar. Borussia Dortmund machte ein großes Bohei um die Rückkehr des Engländers, und der 23-Jährige spielte gerne mit. Er lächelte in jede Vereins-Kamera und machte deutlich, wie sehr er es doch genießt, nach schwierigen Monaten bei Manchester United wieder bei einem Klub untergekommen zu sein, der ihm vertraut.
Sancho flog regelrecht auf einer rosaroten Wolke über die schwarz-gelbe Stadt, die gar noch anwuchs, als er in seinen ersten beiden Spielen Tore auflegte und auch sonst immer wieder für eine geniale Idee auf dem Rasen gut gewesen war. Und in Dortmund machte sich daher auch in vorsichtiger Optimismus breit, dass Sancho erstaunlich schnell wieder die Qualitäten eines echten Unterschiedsspielers erlangen könnte.
BVB: Nach einem guten Start baute Jadon Sancho ab
Doch einige Wochen später, vor dem Bundesliga-Auswärtsspiel bei Werder Bremen am Samstag (18.30 Uhr/Sky), muss der Engländer gegen seine erste Schaffenskrise ankämpfen. Es fehlt ihm noch an Spielpraxis, Selbstverständnis, Durchschlagskraft und Timing. Zwischendurch litt Sancho an Muskelproblemen.
Bisher ist die Rückholaktion des Flügelstürmers als Soforthilfe daher noch nicht aufgegangen, was auch damit zu tun hat, dass er keine funktionierende Mannschaft vorgefunden hat, die ihm Sicherheit für sein leichtfüßiges Spiel geben konnte.
„Völlig normal und wenig überraschend“ sei Sanchos Entwicklung, meinte Trainer Edin Terzic am Donnerstag. Der 41-Jährige zog einen Vergleich zu den Profis wie Karim Adeyemi, die lange ausgefallen waren. „Es ist wichtig, dass die Jungs wieder zurückkommen. Dennoch wissen wir, dass sie längst noch nicht bei 100 Prozent sind aus unterschiedlichen Gründen. Sei es, weil sie verletzt waren oder wie Jadon eine lange Zeit hinter sich hatte, in der er nicht gespielt hat und der Rhythmus fehlt. Wenn alles neu ist und wieder Spaß macht, ist es häufig so, dass sie dann sofort zünden. Aber dann gibt es ab und zu eine Delle, einen Knick.“
BVB: Mehrere Rückkehrer auf den Flügelpositionen
Und genau in diesem Stadium ist Sancho nun. Die Frage lautet: Wie ist damit umzugehen? Sportdirektor Sebastian Kehl warb kürzlich bereits darum, Sancho mehr Zeit zu geben. Die allerdings hat der BVB ja bei dieser halbjährigen Leihe eigentlich gar nicht, was Terzic kurz nach Abschluss des Transfers deutlich machte. Andererseits lässt sich das Manko der fehlenden Spielpraxis nur durch möglicht viel Einsatzzeit beheben. „Wir wissen, dass er noch Luft nach oben hat und werden ihn unterstützen“, sagte Terzic im Februar. Der Engländer muss nun zum ersten Mal seit seiner Rückkehr Widerstände überwinden.
Ein wenig wird Sancho zumindest der Druck genommen, schnell performen zu müssen. Denn die Leihe Sanchos war ja auch als Reaktion auf die langen Ausfallenzeiten der Flügelspieler zu verstehen, die nun wieder bei Kräften sind. Vor allem die Rückkehr Karim Adeyemis macht dem BVB Hoffnung. Der 22-Jährige traf gegen Union Berlin mit einem sehenswerten Schlenzer und konnte unter der Woche das gesamte Trainingspensum absolvieren. In Berlin gab er den Vertreter des gesperrten Donyell Malen, nun drängt er als Flügelpartner des Niederländers in die Startelf. „Wir hoffen, dass wir diese Aktion, die dann zum Tor geführt hat, häufiger von ihm sehen in den nächsten Wochen“, meinte Terzic, der von der Breite des Kaders profitieren möchte. „Wir haben nicht nur zwei Spieler, die alle Spiele von Anfang bis zum Ende bestreiten. Wir wollen auf der Position eine gewisse Flexibilität, Dinge verändern. Es ist dann nicht leicht für gegnerische Mannschaften, sich auf uns einzustellen.“
BVB: Jadon Sancho eine Alternative im Zentrum?
Was wird dann aus Sancho? In einem der vielen Videos, die der BVB rund um seine Rückkehr publizierte, ging es auch um die bedeutungsvolle Rückennummer 10. Als Kind bewunderte Sancho, den brasilianischen Fußball-Künstler Ronaldinho, der die 10 beim FC Barcelona prägte. Sancho griff gleich zu, als man ihm sagte, die Nummer sei bei Dortmund verfügbar, auch wenn er doch eher auf dem Flügel beheimatet ist, statt wie die großen Zehner in der Mitte des Spielfeldes. Aber: „Wir wissen um die Fähigkeiten, die Jadon im Zentrum hat“, sagt Terzic. Auch wenn er dort Julian Brandt und Marco Reus starke Alternativen habe, wolle man sich eine Systemumstellung offenhalten oder es mit drei Flügelstürmern probieren, von denen dann Sancho in der Mitte wirbelt. Vielleicht kehrt hier ja schon bald das Lächeln zurück.