San Diego. Julian Brandt hat bei Borussia Dortmund bis 2026 verlängert. Genauso Emre Can. Der BVB geht eine Wette auf die Zukunft ein. Ausgang ungewiss.

Die erste Trainingseinheit in San Diego war schon ein paar Stunden her, doch die unermüdliche Mittagssonne Südkaliforniens sorgte dafür, dass Julian Brandt den Anschein erweckte, er hätte gerade erst den Rasen verlassen. Dabei stand der 27-Jährige im Garten des feinen Hotels Fairmont, das leicht außerhalb der Metropole der Millionenstadt liegt und noch bis zum Wochenende der Rückzugsort des BVB während seiner Marketing- und Trainingsreise durch die USA ist.

Brandt wischte mit beiden Händen seine leicht angeschwitzten, blonden Haare nach hinten, atmete tief durch und nahm einen Schluck aus seiner Wasserflasche. Aber die Hitze verschlug dem Mittelfeldspieler keineswegs die Sprache. „Welche Bombe soll ich platzen lassen?“, fragte Brandt am Dienstagmittag (Ortszeit) mit verschmitztem Lächeln in die Medienrunde.

BVB-Aufsager aus den USA

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    So ist Julian Brandt. Nie um einen Spruch verlegen, und natürlich professionell genug, keinen Skandal publik zu machen, der als Eilmeldung in die deutsche Nacht hätte verschickt werden müssen. Stattdessen sprach der Nationalspieler darüber, wie er „sich zwingen musste, den Urlaub zu genießen“, weil er doch am liebsten morgen schon in der Bundesliga wieder ran gewollt hätte, um das grausige Saisonfinale zu verdrängen. „Die absolute Enttäuschung ist zu unfassbarer Motivation gewechselt“, sagt Brandt.

    Pumpen, pumpen, pumpen: Julian Brandt beim BVB-Training.
    Pumpen, pumpen, pumpen: Julian Brandt beim BVB-Training. © bvb/Simoes

    Die vergangene BVB-Saison war die stärkste

    Auf den Mann mit so viel Gefühl im Fuß wird es mit ankommen, wenn der BVB den nächsten Versuch starten möchte, den FC Bayern zu stürzen. Die vergangene Saison war die stärkste, die Brandt im schwarz-gelben Trikot abgeliefert hat. Er nennt sie eine „Messlatte, die ich auf eine gewisse Höhe gelegt habe, und die würde ich gerne noch höherlegen“. Vier Jahre ist der gebürtige Bremer nun schon im Ruhrgebiet. Seine besonderen Fähigkeiten ließ er immer mal wieder aufblitzen, wenn er Pässe spielte, die so niemand anderes spielen kann – aber er lieferte bis zur vergangenen Saison eben nie konstant das ab, was sich die Dortmunder von ihm erhofft hatten, als sie ihn 2019 von Bayer Leverkusen holten.

    Das Aha-Erlebnis, einen „schicksalhaften Moment“? Gab es nicht, erinnert sich Brandt, viel mehr sei es „langwierige Arbeit gewesen, die sich irgendwann auszahlt. „Irgendwann bist du in einem Flow und schießt sogar die Tore mit dem Rücken. Dann kommen dir die positiven Dinge zugeflogen.“ Dazu gehört auch die vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2026 und der damit verbundene Auftrag, Führungsspieler einer Mannschaft zu werden, die sich im Umbruch befindet.

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    Dies hat auch Emre Can mit auf den Weg gegeben bekommen, als er vor einigen Tagen seine Unterschrift unter ein neues Arbeitspapier gesetzt hat, das ebenfalls bis 2026 gültig ist. Can, Typ Raubein, und Brandt, Typ Feingeist, interpretieren Fußball völlig unterschiedlich, haben doch eine große Gemeinsamkeit: „es nicht immer einfach gehabt zu haben“, beschreibt Brandt.

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    Julian Brandt über BVB-Profi Emre Can: "Er hat sich belohnt"

    Der 29-jährige Can kam 2020 ein Jahr nach Brandt zum BVB und war lange mehr Unsicherheits- als Stabilitätsfaktor. Seine Pässe waren zu risikoreich, er grätschte auf dem schmalen Grat zwischen famosem Tackling und Elfmeter. Aber Emre „hat so viel in den letzten Jahren getan, was nicht unbedingt auffiel, musste immer wieder Positionen auffüllen, aber hat sich nie beschwert und ist einer, der sich total aufopfert für die Mannschaft“, lobt Brandt. „Mit der letzten Saison hat er sich belohnt, weil er auf seiner Position einfach überragend funktioniert hat. Mit so einem Kerl im Rücken weißt du, dass er den Security spielt, wenn du auch mal nicht den Zweikampf gewinnst.“

    Nachdenken im BVB-Flugzeug in die USA.
    Nachdenken im BVB-Flugzeug in die USA. © bvb/Simoes

    Zwei Nationalspieler, die schon fast abgeschrieben waren, und nun zentrale Rollen nebeneinander im Mittelfeld einnehmen – klingt nach einer schönen Aufstiegsgeschichte, wie sie zwei Stunden Autofahrt entfernt von San Diego schon zig Male von Hollywood aufgeschrieben worden ist. Und grundsätzlich sind die langfristigen Bekenntnisse zu Brandt und Can auch nachvollziehbar.

    Doch für den BVB bergen sie auch ein Risiko. Der Klub wettet mit gut dotierten Verträgen auf den letzten Eindruck. Auf die Hoffnung, dass Brandt und Can ihre Form der vergangenen Saison behalten und nicht wieder in alte Muster verfallen, die sie in der Vergangenheit länger zu Abgangskandidaten als neuerdings zu Führungsspielern gemacht haben. Am Selbstvertrauen dürfte es nicht mehr scheitern. „Ich würde natürlich noch gerne einen draufsetzen“, meint Brandt.

    Dann durfte Julian Brandt zum Abkühlen zurück ins klimatisierte BVB-Hotel.