Dortmund. Marco Reus spielt über ein Jahrzehnt beim BVB, er hat so viele besondere Momente geschaffen. Vielleicht kann seine neue Rolle befreiend wirken.
- Marco Reus ist nicht mehr BVB-Kapitän
- Fünf Jahre lang trug Reus die BVB-Binde
- "Es war mir eine Ehre", hat Marco Reus am Donnerstag gesagt
Es gibt ein Gedichtband über Marco Reus, „On Marco Reus“ heißt es, eine Hommage, entstanden im englischen Sheffield. Was bereits zeigt, dass dieser Fußballer nicht irgendeiner ist, sondern ein Künstler, begnadet, fein in der Technik, wuchtig im Schuss. In Dortmund geboren, in Dortmund aufgewachsen, fünf Jahre lang BVB-Kapitän; am Donnerstag hat der 34-Jährige sein Amt offiziell abgegeben.
Eigentlich wirkt diese Geschichte ja fast ein bisschen zu gemalt, der gebürtige Dortmunder, einer der besten Spieler seiner Generation, findet nach Umwegen zurück zu seinem Heimatverein, bleibt dort eine Ewigkeit, schießt so viele Tore wie fast kein anderer, trägt das mächtige Stück Stoff am Oberarm. Wie selten so etwas vorkommt. Andere Beispiele in diesem Jahrtausend: Steven Gerrard beim FC Liverpool, Francesco Totti bei der AS Rom. Die Fans müssten Reus zu Füßen liegen.
Wäre es nur so einfach…
BVB und Marco Reus - viele große Auftritte
Es kleben schon seit vielen Jahren Zweifel an dem Ausnahmekönner, das Auf und Ab der vergangenen Jahre wurde immer auch mit ihm verbunden. Manchen fehlt die Hingabe in kritischen Situationen, Reus wird vorgeworfen, die Schultern hängenzulassen, wenn er gefordert ist.
Wenn es so einfach wäre ...
Reus hatte seine großen Spiele, seine großen Auftritte. Im Champions-League-Finale 2013 kriegten ihn die Münchener nie in den Griff, fast hätte er Dortmund so zum größtmöglichen Titel geführt, wäre da nicht ein gewisser Arjen Robben gewesen. Reus hatte große Spielzeiten, mit ihm hat Dortmund einmal 78 Punkte geholt, einmal 76 Punkte, immer war der FC Bayern übermächtiger. In diesem Mai fuhr ganz Dortmund gedanklich um den Borsigplatz – und dann, nun ja.
BVB-Ausnahmefußballer Marco Reus - was hätte das für eine Karriere werden können
Nur mal angenommen, der Dortmunder hätte nicht so oft schmerzverzerrt am Boden gelegen, geplagt von Verletzungen. Was wäre das für eine Karriere geworden. Alleine bei der Weltmeisterschaft 2014 hätte er die Brasilianer und Brasilianerinnen verzückt. Das Pech klebte immer auch an Reus‘ Schuhen.
Er wirkte ein wenig hineingeplumpst in dieses Amt, ein geborener Unterschiedsspieler, aber kein geborener Kapitän, keiner für staatstragende Worte, keiner für mitreißende Reden. Hängen bleibt vor allem sein „Mentalitätsscheiße“-Interview. Nach dem Drama gegen Mainz hatte er nicht die Kraft, noch mal zu den Fans zu gehen, obwohl er dies in seiner Position eigentlich hätte machen müssen. Die Enttäuschung der vergangenen eher bleiernen Dortmunder Jahre bekam oft Reus ab, das gehörte zu seinem Status als Kapitän und Großverdiener. Und doch war dies natürlich auch unfair.
Vielleicht kann es nun befreiend wirken, wenn Marco Reus all die Erwartungen nicht mehr auf seinen Schultern tragen muss. Seine Liebe zu seinem Klub, dem BVB, ist echt. Die Fans sollten ihren Frieden mit diesem Ausnahmefußballer schließen. Egal ob es noch mal klappen wird mit der Meisterschaft.