Dortmund. Seit Jahren jagt Marco Reus mit dem BVB der Meisterschaft hinterher. Nun kann es klappen – obwohl sein Beitrag ungewöhnlich gering ist.
Am Mittwoch stand ein anderer im Mittelpunkt, aber das kennt Marco Reus inzwischen: Borussia Dortmund gab bekannt, dass Mats Hummels seinen auslaufenden Vertrag noch einmal verlängert, dass der 34-Jährige noch ein Jahr dranhängt. Begleitet wurde das Ganze von entsprechendem Pathos: „Ein weiteres Jahr mit Mats Hummels ist ein gutes Jahr für Borussia Dortmund“, verkündete Sportdirektor Sebastian Kehl, bevor er dann sehr viel über die unmittelbare Zukunft sprach: Über das Bundesligaspiel gegen Mainz 05 am Samstag (15.30 Uhr/Sky), in dem es für den BVB darum geht, die zwei Punkte Vorsprung auf den FC Bayern ins Ziel zu retten und den großen Traum von der Deutschen Meisterschaft Realität werden zu lassen.
BVB: Leistungsorientierte Verträge für Marco Reus und Mats Hummels
Diesen Traum träumen viele in und um Dortmund, aber einer träumt ihn schon besonders lange, besonders intensiv: Wie Hummels spielt Reus gefühlt schon eine halbe Ewigkeit für den BVB. Auch der 33-Jährige hat seinen Vertrag vor einer Weile um ein Jahr verlängert, ebenfalls um ein Jahr und zu fast gleichen Konditionen: sieben bis acht Millionen Euro Gehalt bekommen beide fürs kommende Jahr, je nachdem wie viele Prämien sie einfahren.
Reus und Hummels, das ist die nächste Gemeinsamkeit, sind auf der Zielgeraden ihrer Karriere. Beide verbindet eine lange Zeit beim BVB, auch wenn Hummels – und hier enden die Gemeinsamkeiten – von 2016 bis 2019 erneut für seinen Jugendklub FC Bayern auflief. Das sorgte für einige Spannungen im Verhältnis der beiden Alphatiere, es trug Hummels aber eine Menge zusätzliche Titel ein: Drei Meisterschaften hatte er schon geholt, eine als Jungprofi mit den Bayern, zwei mit dem BVB. Und in München kamen drei weitere hinzu.
Marco Reus: Viele verlorene Finals mit dem BVB
Reus dagegen jagt noch immer dem Traum von der Meisterschaft hinterher. Als er 2012 zum BVB kam, waren gerade zwei Meisterschaften und ein Pokal gewonnen. Es folgte ein Champions-League-Finale, das ebenso verloren ging wie danach drei DFB-Pokal-Endspiele. Der Abstand zu Bayern wurde immer größer. Erst 2017 klappte es mit dem ersten Titel, mit dem Pokalsieg – aber es war ein bittersüßer Triumph: Als Reus den Pokal in die Höhe reckte, wusste er bereits, dass er wegen eines in der ersten Hälfte erlittenen Kreuzbandrisses monatelang ausfallen würden. 2021 der nächste Pokalsieg – wegen der Corona-Pandemie ohne Zuschauer im Stadion und ohne Korso durch die Stadt.
Der Traum von der Meisterschaft schien einmal ganz real, als der BVB in der Saison 2018/19 neun Punkte Vorsprung auf den FC Bayern herausspielte, die dann aber in der Rückrunde sukzessive herschenkte. Und Reus war nicht ganz unschuldig daran: In der entscheidenden Saisonphase sah er im Derby gegen Schalke eine unnötige Rote Karte, das Spiel ging 2:4 verloren. Wieder galt der feine Fußballer als einer, der keine großen Titel holen könnte. Zu weich, zu wenig Mentalität.
„Dass man ihm immer wieder nachgesagt hat, dass er nie Deutscher Meister werden kann, hat ihm persönlich immer leidgetan und auch ein Stück weit verletzt“, sagt Kehl. „Ich weiß, was ihm das bedeuten würde, er hat hier über viele, viele Jahre sehr Großes geleistet und wahnsinnig viele Tore für den Klub geschossen.“
BVB-Kapitän Marco Reus: Zuletzt im April in der Startelf
Eine Klublegende ist der gebürtige Dortmunder längst, nun ist die ganz große Chance auf den Titel da. Ein Sieg gegen Mainz – und Reus wäre nicht mehr der Unvollendete, sondern endlich der Kapitän, der seine Mannschaft zur Meisterschaft geführt hätte. Wobei das mit dem Führen so eine Sache ist: Denn ausgerechnet jetzt ist der Beitrag des Offensivspielers so gering wie lange nicht. Natürlich, es gab schon früher Spielzeiten, in denen Reus wenig spielte – aber nur dann, wenn er verletzt war. Nun ist das anders.
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Zuletzt stand Reus Anfang April in der BVB-Startelf, beim 2:4 gegen die Bayern. Danach saß er sieben Spiele in Serie auf der Bank, kam nur zu Kurzeinsätzen, Julian Brandt erhielt den Vorzug als Spielmacher. Auch gegen Mainz dürfte Reus zunächst draußen bleiben. Ausgerechnet in jener Saison, die ihm den großen Erfolg bringen könnte, ist der Kapitän nur noch eine Randfigur. Es fügt sich in die immer wieder von tragischen Momenten geprägte Karriere, doch so mag es Reus offenbar nicht sehen. Wer sich im Klub umhört, bekommt versichert, wie professionell er sich gibt, wie er seine Rolle annimmt, ohne zu Murren, wie er sich in den Dienst der Mannschaft stellt. So groß ist der Traum vom ganz großen Triumph, dass dieser große Spieler der Klubgeschichte klaglos hinnimmt, dass der eigene Beitrag ein kleiner ist.