Dortmund. Reinhard Rauball hört mit 75 Jahren als Präsident von Borussia Dortmund auf. Sonntag wird er auf der Mitgliederversammlung des BVB verabschiedet.
Beim letzten Bundesliga-Heimspiel seines Vereins vor der langen WM-Winterpause stand Reinhard Rauball vor der Südtribüne. Ein bisschen gerührt war er, natürlich, schließlich widmete ihm die Gelbe Wand eine ganz persönliche Choreografie, die Fans von Borussia Dortmund würdigten ihn mit Bannern. Auf dem größten war zu lesen: „Ohne Dich kein Hier und Jetzt. Danke für alles, Reinhard Rauball.“ Nachdem er ausgiebig bejubelt worden war, griff er zum Mikro. Der Kernsatz seiner kurzen Rede: „Es war mir eine Ehre.“
Reinhard Rauball geht, der Doktor nimmt seinen schwarzgelben Hut. Am Sonntag wird der renommierte Anwalt, der in diesem Verein als Präsident in drei Amtszeiten große Spuren hinterließ, im Rahmen der Mitgliederversammlung ab 11 Uhr in der Westfalenhalle 3 sein Amt zur Verfügung stellen. 75 Jahre alt ist er, das Recht sollte er also haben. Für den Verein aber ist dies schon eine gewaltige Zäsur, der BVB ist diesem Mann zu größtem Dank verpflichtet. Denn Reinhard Rauball trug auch maßgeblich dazu bei, Borussia Dortmund in erdrückenden wirtschaftlichen Nöten vor dem Untergang zu bewahren.
Nie ein großspuriger Schaumschläger
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Man konnte daher die Verabschiedung im Stadion vor seinem letzten Besuch eines Bundesligaspiels als Amtsträger, bei dem er sich immerhin über einen 3:0-Erfolg gegen den VfL Bochum freuen durfte, ein bisschen dünn finden. Es gab keine Reden, keinen Film, und auch die Fans schalteten anschließend schnell um und präsentierten eine noch größere Choreo, den Aufruf zum Boykott des WM-Turniers in Katar. Aber alle wussten ja auch, dass noch die Versammlung kommen würde, der große Tag der Würdigung. Borussia Dortmund wird ihn zu inszenieren wissen.
Im Mitgliedermagazin „Borussia“ gab Reinhard Rauball schon mal einen Einblick, wie er sich selbst und seine Arbeit für diesen auch durch seine Tatkraft so groß gewordenen Klub sieht. „Ich war zu jeder Stunde stolz, unserem Verein dienen zu dürfen“, schrieb er dort. Das passt zu ihm. Er war nie ein großspuriger Schaumschläger, rannte nie mit dem Lautsprecher durch die Gegend, klopfte sich nie selbst auf die Schultern. Reinhard Rauball brachte stets Menschen und Meinungen zusammen, er nahm oft die Rolle des Vermittlers und Versöhners ein – und wenn er Entscheidungen traf, dann hatte er stets das Wohl Borussia Dortmunds im Sinn.
1979 fing alles an
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Aber nicht nur für seinen Herzensverein hat er mit großer Hingabe gearbeitet, der gesamte deutsche Fußball profitierte von seiner Führungskraft und seinem Führungsstil. Zwölf Jahre lang repräsentierte er als Ligapräsident die Vereinigung der 36 Profi-Klubs. 2019 trat er von diesem Amt zurück, um sich nur noch seinem BVB zu widmen. Alle wichtigen Beschlüsse bei der Deutschen Fußball-Liga, das betonte er stolz, seien während seiner Amtszeit auch nach anstrengenden Diskussionen am Ende einstimmig getroffen worden. Das lag natürlich vorrangig an ihm, dem Diplomaten im fußballerischen Dienst. „Dafür habe ich sehr gekämpft. Bei Mehrheits-Entscheidungen besteht immer die Gefahr, dass Verlierer produziert werden.“
Erster Mann bei Borussia Dortmund wurde er erstmals 1979, mit erst 32 Jahren. Er muss lachen, wenn er erzählt, wie alles anfing. Er hatte wegen einer juristischen Angelegenheit mit dem Verein zu tun, als er beiläufig gefragt wurde, ob er es sich vorstellen könne, Präsident des BVB zu werden. „Ich habe gesagt: Nein – aber wenn Sie keinen finden, können Sie noch mal vorbeikommen. Da hat der Wirtschaftsrat heimlich triumphiert und gesagt: Wir haben ihn also.“
Leidenschaftlicher Fußballer aus der Landesliga
In jenen ersten Jahren bis 1982 ging es noch vergleichsweise gemütlich zu, Reinhard Rauball erlebte den großen Bundesliga-Betrieb noch nicht als großen Unterhaltungszirkus. Man traf sich auch mal zum Bier „und freute sich aufs nächste Mal“. So kannte es der leidenschaftliche Fußballer aus der Landesliga.
In seiner zweiten Amtszeit Mitte der achtziger Jahre drohte der DFB dem BVB mit Lizenzentzug. Reinhard Rauball schaffte es, einen bedeutenden Banker von einem Millionenkredit zu überzeugen. „Da fiel mir ein Stein vom Herzen.“ Als der BVB Ende 2004 sogar vor der Insolvenz stand, stieg er ein drittes Mal ein und half entscheidend bei der Rettung und Sanierung mit.
Sein bisheriger Stellvertreter und designierter Nachfolger Reinhold Lunow tritt in große Fußstapfen. Reinhard Rauball betont, es sei ihm immer wichtig gewesen, „dass der Verein eine Seele hat“. Dass dieser bedeutende Klub bei allen hohen sportlichen und wirtschaftlichen Ansprüchen die Nähe zur Anhängerschaft bewahrt. Das ist sicher einer seiner größten Verdienste.