Dortmund. Borussia Dortmund hat im Liga-Hit gegen den FC Bayern ein unerwartetes Comeback gefeiert. BVB-Trainer Edin Terzic wird nach dem 2:2 emotional.
Wie der Spieler, in dem sich an diesem Abend alles vereinte, was den Fußball wunderbar machen kann, wirkte Anthony Modeste nicht, als er am späten Abend das Stadion verlassen wollte. Im schwarzen Trainingsanzug, seine beiden Kinder an der Hand, suchte er ein Auto, das ihn hinaus in die Nacht bringen sollte. Jedem Blickkontakt wich er aus, Fragen der Medienschaffenden wollte der Dortmunder Stürmer nicht beantworten.
BVB-Matchwinner Anthony Modeste: "Viel auf den Deckel gekriegt"
Immerhin hatte er schon zuvor vor dem Sky-Mikrofon seine Gefühlswelt nach diesem verrückten 2:2 (0:1) von Borussia Dortmund gegen den FC Bayern eingeordnet. „Ich habe sehr viel auf den Deckel gekriegt“, sagte Modeste. „Aber ich muss positiv bleiben und an mich denken.“
Bis kurz zum Abpfiff schien es erneut so, als wäre der Neuzugang derjenige, auf den die größte Kritik einprasseln würde. Kurz zuvor hatte der Franzose eine Gelegenheit zum Ausgleich ausgelassen, die ein Angreifer auf diesem Niveau eigentlich nutzen muss. Dann kam die 94. Minute, Nico Schlotterbeck flankte, Modeste köpfte. 2:2, Ekstase. Das Dortmunder Stadion wankte, alle Profis stürmten auf den Rasen, Bierbecher flogen durch die Luft. Gut möglich, dass man den Jubel über diesen späten Ausgleich noch im 35 Kilometer entfernten Gelsenkirchen vernommen hat.
Er habe sich mit Anthony Modeste nach diesem Erlebnis in der Kabine unterhalten, berichtete BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl. „Wir haben uns gedacht, wie brutal kann der Fußball sein. Es ist schon verrückt, wenn man erst diese Chance sieht, die er machen muss. Dann ist er trotzdem in der 94. Minute noch da – und dann ist das Stadion kurz mal auseinandergerissen worden.“
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Aufgrund des Spielverlaufs fühlte sich der Dortmunder Punktgewinn wie ein Sieg an. Durch Tore von Leon Goretzka (33.) und Leroy Sané (53.) führten die Bayern mit 2:0, zwischenzeitlich erdrückten sie den BVB. Dann bereitete der eingewechselte Modeste den Anschlusstreffer von Youssoufa Moukoko (75.) vor – und setzte den denkwürdigen Schlusspunkt. Die beiden Großmächte im deutschen Fußball bleiben nun gleichauf (16 Punkte).
„Ich würde mich über eine Mentalitätsfrage freuen“, sagte Dortmunds Trainer Edin Terzic, der nach dem Schlusspfiff Tränen in den Augen hatte. „Es war für mich persönlich keine einfache Woche, ich war sehr emotional. Ich möchte bitte nicht darüber reden. Da kamen ein paar Gefühle hoch. Ich freue mich, dass wir den Leuten zeigen konnten, dass wir das Spiel unbedingt gewinnen wollten.“ Später wurde durch eine Traueranzeige bekannt, dass Edin Terzics Vater Ibrisim Terzic am vergangenen Sonntag (02. Oktober) im Alter von 72 Jahren verstorben ist.
Bayern mit zwei schweren Wirkungstreffern
Das Bemühen war den Dortmundern in jedem Fall zu keinem Zeitpunkt abzusprechen. In der ersten Halbzeit waren sie allerdings vor allem damit beschäftigt, den Rekordmeister vom eigenen Tor fernzuhalten. Nur einmal zeigten die Bayern, was sie auszeichnet. 33. Minute: Sadio Mané kam über links, nahm mit der Hacke Jamal Musiala mit, und dessen Hereingabe kam bei Leon Goretzka im Rückraum an. Der guckte, schoss – und traf. Flach ins linke Eck, genau so gewollt. Perfekt.
Torhüter Alexander Meyer hatte keine Chance, diesen Schuss abzuwehren. Anders beim zweiten Gegentor. Acht Minuten waren in Halbzeit zwei gespielt, kurz vor der Strafraumgrenze fanden mehrere Dortmunder keinen Zugriff auf Leroy Sané, der aus zentraler Position trocken abzog –Meyer war noch am Ball, ließ ihn aber trotzdem passieren. 0:2, ein schwerer Wirkungstreffer für die Borussen.
Mit dieser Führung im Rücken wirkten die Bayern einfach reifer, abgeklärter, selbstbewusster – und damit überlegen. Dortmunds Trainer Terzic aber hatte noch nicht aufgegeben, er hatte eine Idee: Er brachte einen neuen Stürmer, er versuchte es mit Anthony Modeste. Zudem betrat Karim Adeyemi den Rasen, der dem Dortmunder Spiel endlich die nötige Rasanz verlieh.
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In der 74. Minute spielte zuerst Moukoko auf Modeste, der dann mit einem Haken Dayot Upamecano schlecht aussehen ließ, Moukoko an der Strafraumgrenze anspielte. Der zog frech und willensstark ab: Der Anschlusstreffer, neue Hoffnung für den BVB. Und mit der letzten Möglichkeit flankte Nico Schlotterbeck hoch auf den zweiten Pfosten. Dort kam Anthony Modeste angelaufen. Kopfball, Tor. Die TV-Bilder zeigten, wie Bayerns Vorstandsvorsitzender Oliver Kahn auf der Tribüne fluchte. Die Dortmunder Fans feierten Modeste stattdessen mit Sprechchören.
Diskussion um Tritt von BVB-Star Jude Bellingham
Und natürlich – wie eigentlich immer nach diesem Duell – wurde auch ein wenig über den Schiedsrichter diskutiert. Deniz Aytekin hatte dem bereits verwarnten Jude Bellingham nach dessen Tritt gegen Alphonso Davies keine Karte gezeigt. „Wenn ich mich recht erinnere, hatten wir vor vier Monaten eine Schulung. Wenn du einen Spieler mit einem hohen Fuß im Gesicht triffst, ist es eine glatte Rote Karte“, meinte Bayerns Trainer Julian Nagelsmann. „Jude hat ihn gar nicht gesehen, er versucht, den Ball mitzunehmen, so wie er das häufiger macht“, entgegnete Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl.