Dortmund. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke von Borussia Dortmund sieht den Fußball als “Opfer von Symbolpolitik“. Er deutet juristische Schritte an.

Die Vereine der Fußball-Bundesliga und anderer deutscher Profiligen müssen vorerst weiter auf eine große Zahl von Fans verzichten. Bei ihren Beratungen schlossen der Bund und die Länder am Montag angesichts der steigenden Infektionen derzeit Lockerungen von Corona-Auflagen aus, verschärften die Maßnahmen aber auch nicht. Damit bleibt es in den Profiligen im Fußball, Handball, Basketball oder Eishockey weitgehend bei Geisterspielen.

Bundeskanzler Scholz: Man muss vorsichtig bleiben

Man müsse unverändert vorsichtig bleiben, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montagabend nach den Beratungen mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder. Noch sei unklar, wie sich die Pandemie weiter entwickeln werde. Man werde bei Bedarf die notwendigen Entscheidungen treffen. „Jetzt aber gilt erst mal: Kurs halten!“

Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke kritisierte das Festhalten der Politik am Corona-Kurs und erwägt sogar juristische Schritte. „Wir werden uns die Beschlüsse des Landes NRW genau anschauen und prüfen, ob wir sie im Eilverfahren kontrollieren lassen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Auch interessant

Es sei „bitter, dass die Mehrheit der MPK-Teilnehmer nach zwei Jahren nur an Verbote denkt und nicht auch an ein Mindestmaß an Möglichkeiten und logischen Entscheidungen“, erklärte er. „Knapp drei Viertel der Deutschen sind geimpft. Seit Monaten gibt es ausreichend Impfangebote für jeden einzelnen Bürger in diesem Land“, meinte Watzke weiter. Inzwischen wüsste man auch mehr über Omikron.

BVB-Boss Watzke: "Das versteht kein Mensch mehr"

„Trotzdem lassen wir in Innenräumen teilweise fast 90 Prozent der Kapazität zu und in Freiluftstadien nur 750 Menschen. Unter freiem Himmel werden die Leute ausgesperrt“, sagte er. „Das ist nicht verhältnismäßig, das ist auch keine Wissenschaft, das versteht kein Mensch mehr.“

Hoffnung auf eine baldige Änderung machte die Politik den Vereinen nicht. „Bund und Länder werden Öffnungsperspektiven entwickeln für den Moment, zu dem eine Überlastung des Gesundheitssystems ausgeschlossen werden kann“, hieß es eher allgemein in dem veröffentlichten Beschlusspapier. Wegen der ansteckenderen Virusvariante Omikron ist dies aber nicht absehbar.

Vor dem Treffen von Bund und Ländern hatten die wichtigsten deutschen Profiligen aus Fußball, Handball, Basketball und Eishockey in einem Schreiben an das Kanzleramt und die Ministerpräsidenten ein Ende von Pauschalverboten gefordert. Ab Anfang Dezember hatte es eine Höchstgrenze von 15 000 Fans gegeben, ehe am 21. Dezember beim bislang letzten Gipfel quasi der Fan-Ausschluss beschlossen wurde.

Die Länderchefs einigten sich am Montag zumindest darauf, dass die Staats- und Senatskanzleien bis zum 9. Februar eine einheitliche Regelung für überregionale Großveranstaltungen vereinbaren sollen. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder hatte sich zuletzt dafür eingesetzt, im Profisport bald wieder Zuschauer zuzulassen, und notfalls einen Alleingang Bayerns angekündigt.

1. FC Magdeburg gegen TSV Havelse vor 13.385 Zuschauern

Aktuell gelten für die Zulassung von Zuschauern unterschiedliche Höchstgrenzen in den Ländern: In Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen dürfen derzeit überhaupt keine Fans in die Arenen. Dagegen spielte beispielsweise der Fußball-Drittliga-Tabellenführer 1. FC Magdeburg am vergangenen Sonntag gegen den TSV Havelse vor 13.385 Zuschauern. Das ließ die Verordnung in Sachsen-Anhalt zu, nach der die Stadien bis zu 50 Prozent gefüllt werden dürfen.

Es werde immer geklagt, der Fußball bekomme in Deutschland Sonderrechte, meinte BVB-Chef Watzke: „Das Gegenteil ist gerade der Fall. Der Fußball wird zum Opfer von Symbolpolitik.“ Ähnlich hatte sich Bayern Münchens langjähriger Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge am Sonntagabend in der BR-Sendung „Blickpunkt Sport“ geäußert. „Ich glaube nicht, dass der Fußball privilegiert ist“, sagte er. „Im Moment habe ich eher den Eindruck, dass der Fußball sehr kritisch beäugt wird, nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch von der Politik.“

Die neue DFL-Chefin Donata Hopfen übte ebenfalls Kritik.. „Die Eindämmung der Pandemie und der Schutz des Gesundheitssystems genießen selbstredend Priorität, erst recht angesichts der Omikron-Welle“, wird die Geschäftsführerin der Deutschen Fußball Liga am Montagabend in einem DFL-Statement zitiert. „Im Sinne des gesamten Profisports wäre es dennoch wichtig gewesen, schon jetzt mit Blick auf die Zulassung von Fans Einigkeit über differenzierte Szenarien zu erzielen, die sich an der jeweiligen Pandemie-Lage orientieren.“

Der Profisport in Deutschland habe mit seinen Hygienekonzepten und deren Umsetzung bewiesen, „dass Klubs und Fans ihrer Verantwortung gerecht werden“, erläuterte Hopfen. „Insbesondere ist weiterhin nicht nachvollziehbar, dass der Profisport aktuell an vielen Stellen objektiv schlechter gestellt ist als andere Lebensbereiche.“ (dpa)