Bochum/Dortmund. Das 1:1 in Bochum ist für den BVB wie eine Niederlage, die Spitze gerät in weite Ferne. Bochum dagegen bleibt auf Kurs Klassenerhalt.
Auch am nächsten Tag lagen die Gefühlswelten noch deutlich weiter auseinander als jene rund 15 Kilometer, die die Stadien der Klubs trennen. 1:1 (1:0) endete das Derby zwischen dem VfL Bochum und Borussia Dortmund am Samstag, die Punkte wurden geteilt – doch während man sich in Bochum über einen gewonnen Zähler freute, trauerte man in Dortmund am Sonntag zwei verlorenen Zählern nach. „Das Unentschieden tut natürlich weh, weil wir eine Vielzahl an Chancen hatten, das Spiel für uns zu entscheiden“, haderte BVB-Lizenzspielerchef Sebastian Kehl im Gespräch mit dieser Redaktion. „Aber Fußball kann manchmal ungerecht sein.“
Denn anders als das Ergebnis war das Spiel so gar nicht ausgeglichen: 23:4 Torschüsse für den BVB. 15:0 Ecken. 62:38 Prozent Ballbesitz. Aber eben auch: 1:1 Tore.
„Natürlich war Dortmund in jeder Statistik überlegen“, sagte VfL-Trainer Thomas Reis mit einem leichten Grinsen. „Aber das ist mir heute egal, weil ich stolz auf die Mannschaft bin.“ Den meisten der 13.799 Fans ging es ähnlich, sie feierten das Remis wie einen Sieg. Spielerisch mochte der Punkt nicht verdient gewesen sein, aber er war erzwungen mit viel Kampf und einem überragenden Torhüter Manuel Riemann. Und als der geschlagen war, retteten nacheinander Maxim Leitsch, Erhan Masovic und Danilo Soares auf der Linie.
Dortmund ist ratlos
Und so war man in Dortmund bei der Ursachenforschung einigermaßen ratlos: „Wo soll man der Mannschaft einen Vorwurf machen?“, fragte Sportdirektor Michael Zorc im Gespräch mit dieser Redaktion. „Klar, das 0:1 verschulden wir individuell. Aber ansonsten haben wir das ganze Spiel über nach vorne gespielt und extrem viele Torchancen herausgespielt.“
Der individuelle Fehler war dem bislang so tadellosen Torhüter Gregor Kobel unterlaufen, der den durchgebrochenen Christopher Antwi-Adjei im Strafraum unnötigerweise umsenste. Elfmeter und das 1:0 durch Sebastian Polter waren die Folge (40.). Ansonsten hatten die Bochumer kaum eine gefährliche Chance, während der BVB mit seinen Chancen geradezu wucherte.
BVB im Abschluss nicht konsequent genug
„Einen Vorwurf müssen wir uns gefallen lassen“, meinte Kehl. „Wir waren an der einen oder anderen Stelle nicht konsequent genug.“ Auch Co-Trainer Alexander Zickler und Joker Julian Brandt, der immerhin noch den späten Ausgleich erzielte (85.), hatten fehlende Gier auf das Tor beklagt.
Zorc aber wollte da nicht mitgehen: „Erling Haaland und Jude Bellingham hatten unsere besten Chancen“, meinte er. „Ich werde nicht ausgerechnet die beiden wegen fehlender Fokussierung im Abschluss kritisieren. Es ist einfach unglücklich gelaufen.“
Rückstand auf Bayern ist von einem auf fünf Punkte gewachsen
Unglücklich gelaufen – das könnte aus Dortmunder Sicht über den beiden zurückliegenden Bundesligaspielen stehen. Mit einem Punkt Rückstand auf Platz eins war man hineingegangen, nach dem 2:3 gegen Spitzenreiter FC Bayern und dem 1:1 in Bochum sind es nun sechs Zähler Rückstand. Zarte Titelhoffnungen, die im Umfeld und im Team bereits keimten, sind wieder verflogen.
Und in den verbliebenen Hinrundenpartien gegen Greuther Fürth am Mittwoch (20.30 Uhr/Sky) und bei Hertha BSC am Samstag (18.30 Uhr/Sky) ist der BVB zum Erfolg verpflichtet. „Wir können mit zwei Siegen noch sechs Punkte holen, das ist das Ziel“, sagt Kehl. „Dann gehen wir mit 37 Punkten in die Winterpause, das wäre insgesamt eine ordentliche Ausbeute.“ Aber ordentlich reicht eben nicht, um mit dem FC Bayern mitzuhalten.
Bochum-Trainer Reis dämpft Euphorie
Ordentlich reicht aber ganz sicher, um die Klasse zu halten – und da ist der VfL Bochum mit 20 Punkten aus 15 Spielen auf einem sehr guten Weg. So gut, dass Trainer Reis schon Fragen nach dem Europapokal abwehren musste. „Das geht mir immer alles zu schnell“, sagte er. „Wir haben jetzt 20 Punkte, die reichen noch nicht für unser Ziel Klassenerhalt.“
Vor der Saison, meint Reis, hätte er den Klassenerhalt als Wunder eingestuft. Und jetzt? „Wir arbeiten an diesem Wunder und haben eine gute Ausgangslage – aber mit 20 Punkten ist noch nichts erreicht.“ In dieser Woche aber können die Bochumer wichtige Schritte tun, wenn es am Dienstag (20.30 Uhr/Sky) zu Arminia Bielefeld und am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen Union Berlin geht. Sollte auch in diesen Spielen gepunktet werden – dann würde das Wunder von Bochum schon recht konkrete Formen annehmen.