Lissabon. Das Champions-League-Aus des BVB muss dringend aufgearbeitet werden. Aber den Trainer in Frage zu stellen, wäre ein Fehler. Ein Kommentar.
Zweite Kraft in der Bundesliga und unter den zehn bis zwölf besten Mannschaften Europas – das ist Borussia Dortmund nach eigenem Selbstverständnis. Das aber hat empfindliche Kratzer bekommen nach dem peinlichen Vorrundenaus in der Champions League. Jawohl, peinlich. Ajax Amsterdam mag eine starke Mannschaft sein, aber Sporting Lissabon und Besiktas Istanbul sind auf europäischer Ebene bestenfalls Mittelmaß. Der BVB ist aus einer Gruppe ausgeschieden, in der keine andere Mannschaft aus den europäischen Top-fünf-Ligen kommt, in der man jedem Gegner von den (finanziellen) Voraussetzungen her einiges voraushat.
Die vielen Verletzten taugen nicht als alleinige Erklärung, auf dem Platz stand genug teures Personal: Linksverteidiger Nico Schulz etwa hat mal 25 Millionen Euro gekostet, das Dreiermittelfeld aus Julian Brandt, Jude Bellingham und Axel Witsel insgesamt fast 70 Millionen. Im Sturm spielte 30-Millionen-Mann Donyell Malen. Es war keine Truppe namenloser Amateurspieler, die in Lissabon antrat. Und doch scheiterte der BVB diesmal nicht an mangelnder Mentalität, sondern an fehlender Qualität. In der zweiten Reihe fehlt es an Klasse, im Kader hat sich zu viel teures Mittelmaß angesammelt – auch weil die Corona-Krise seit anderthalb Jahren das Handeln erschwert. Dass nun die Champions-League-Millionen fehlen, macht es nicht leichter, daran etwas zu ändern.
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Trainer Marco Rose und seine Mannschaft müssen dringend die richtigen Schlüsse ziehen vor den schweren Spielen gegen Wolfsburg und Bayern. Doch es wäre absurd, jetzt in Trainerdiskussionen einzusteigen. Wegen der zerstückelten Vorbereitung und der vielen Verletzungen ist eine faire Bewertung Roses noch gar nicht möglich. Natürlich hat der neue Trainer auch Fehler gemacht. Aber der BVB hat im Sommer fünf Millionen Euro Ablöse für ihn gezahlt, man wollte eine neue Ära prägen – da darf man nicht schon beim ersten Rückschlag ins Zweifeln geraten. Es sollten aber nicht mehr viele hinzukommen.