Dortmund. Vor zwei Jahren wechselte Julian Brandt nach Dortmund, durchgesetzt hat er sich bis jetzt nicht. In Leverkusen bekommt er nun die nächste Chance.
Marco Rose merkt selbst sehr schnell, was er da gerade gesagt hat. Und vor allem: wie das ankommen kann. Der Trainer von Borussia Dortmund ist nach Julian Brandt gefragt worden, der am Samstag im Bundesligaspiel bei Bayer Leverkusen (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) wohl endlich mal wieder in der BVB-Startelf stehen wird. Den BVB nämlich plagt das Verletzungspech, in der Offensive fehlen Thorgan Hazard und Giovanni Reyna. Was denn für Brandt als Ersatz spreche, wird Rose gefragt. Antwort: „Dass wir sonst nicht so viele Achter haben.“ Und nach kurzer Pause der Nachtrag: „Aber das würde Jule nicht gerecht werden.“
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Inhaltlich stimmt es ja, Brandt ist einer der wenigen im Kader verbliebenen Spieler, die die durchaus komplexe Position als Achter in Roses Rautenformation spielen können. Die Halbposition im Mittelfeld, wo die Verbindung zwischen Defensive und Offensive geschaffen werden muss, wo eine Menge Spielintelligenz gefragt ist, wo man wissen muss, wann man in den Strafraum hineinstößt und wann man lieber absichert. Eine Position also, die wie gemacht ist für Julian Brandt. „Seine Qualitäten kennen wir doch alle“, sagt Rose. „Er ist ein hervorragender Fußballer, mit Dynamik, und er hat in der Vorbereitung auch sehr gut gegen den Ball gearbeitet.“
Corona bremst Julian Brandt aus
Die Vorbereitung, sie lief ziemlich gut für Brandt. Er trainierte gut, er spielte viel, die Abwesenheit der zahlreichen EM-Fahrer nutzte er für Eigenwerbung. Und dann, kurz vor dem Pflichtspielstart, wurde er positiv auf Corona getestet, musste zwei Wochen in Quarantäne. Und nun steht der 25-Jährige vor dem nächsten Neustart beim BVB – in einem Spiel, in einem Stadion, in dem für jeden offensichtlich wird, dass in den vergangenen Jahren einiges schiefgelaufen ist für diesen hochbegabten Fußballer.
Die BayArena ist Brandts fußballerische Heimat. Geboren wurde er zwar im Bremer Umland, ausgebildet überwiegend in der Nachwuchsabteilung des VfL Wolfsburg. Doch sein Bundesligadebüt erlebte er in Leverkusen, hier wurde er zu einem der aufregendsten deutschen Jungprofis und zum Nationalspieler. 2019 dann der Wechsel zum BVB. Eine Entscheidung, die nicht leichtfiel. „Aber ich hatte das Gefühl, dass ich jetzt Bock auf was Neues habe“, erklärte Brandt damals im Interview mit dieser Redaktion. „Ich möchte mich neu beweisen. Es kann mir guttun, neue Herausforderungen zu bewältigen.“
Ein Schnäppchen, das sich noch bezahlt machen muss
25 Millionen Euro zahlte Dortmund an Leverkusen, so hoch lag die Ausstiegsklausel. Und die BVB-Bosse wurden für den Transfer landauf, landab gefeiert – ein Schnäppchen sei das. Doch Brandt tat sich schwer, in Dortmund zurecht zu kommen, fand keine Konstanz. Überragenden Auftritten folgten äußerst schwache Leistungen, das Selbstvertrauen litt, die Leverkusener Nestwärme fehlte, die Selbstverständlichkeit war dahin. Immer häufiger blieb dem Edeltechniker nur der Platz auf der Bank.
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Und im Klub mehrten sich die Zweifel, ob dieser Brandt wirklich alles aus sich heraushole, ob er mit all der Ernsthaftigkeit trainiere und an sich arbeite, die es für einen Profi brauche. Die Karriere geriet aus der Spur, mit einem Mal blieben auch die Einladungen zur Nationalmannschaft aus, die Europameisterschaft fand ohne Brandt statt. Im Sommer kamen immer wieder Gerüchte auf. Arsenal, Rom – sie alle waren interessiert am vielseitigen Mittelfeldspieler. Doch der BVB wollte ihn nicht um jeden Preis abgeben und Brandt wollte auch nicht weg – er wollte sich durchsetzen.
Brandts Impfverweigerung kommt nicht gut an
Und es ging gut los. „Er hat eine hervorragende Vorbereitung gespielt“, sagt Trainer Rose. Dann kam die Corona-Infektion und wieder leichte Verstimmung bei den Bossen: Denn Brandt war einer von zwei Profis, die sich nicht hatten impfen lassen. Gegen Leverkusen bietet sich nun eine neue Chance, und Brandt sollte sie tunlichst nutzen. Denn auf Dauer kann es nicht sein Anspruch sein, nur dann zu spielen, wenn es halt keinen anderen Achter mehr gibt.