Essen. Lars und Sven Bender beenden ihre Karriere. Das letzte Spiel findet beim BVB statt. Die Zwillinge haben sich in die Herzen der Fans gearbeitet.

Es sind nicht Geniestreiche, die von Lars und Sven Bender in Erinnerungen bleiben werden. Sondern andere Bilder.

Lars Bender, wie er sich mit angeknackster Nase weiter in die Zweikämpfe schmeißt.

Sven Bender, wie er seinen Körper schindet. Mal blutet, mal benommen auf dem Rasen liegt.

Lars (links) und Sven Bender bei Bayer Leverkusen.
Lars (links) und Sven Bender bei Bayer Leverkusen.

Und dann drängt sich da natürlich diese Grätsche ins Gedächtnis, die zeigt, dass Wille gegen Talent bestehen kann. Im April 2017 schießt Arjen Robben so unbedrängt vor dem BVB-Tor, dass die meisten Münchener wohl schon die Reise nach Berlin planen. Doch als der Ball eigentlich zum 3:1 ins Tornetz gleitet, lenkt ihn Sven Benders linker Fuß im letzten Moment an den Pfosten. Nur deswegen kann Dortmund das Spiel drehen, der BVB gewinnt erst das Halbfinale (3:2) und später den DFB-Pokal.

Jetzt, rund vier Jahre später, beenden die beiden eineiigen Zwillinge im Alter von 32 Jahren ihre Karriere, an deren Ende sie ihren Gegnern gemeinsam im Trikot von Bayer Leverkusen den Weg versperrten. Lars Bender verabschiedet sich nach einer Meniskus-Operation ohne Einsatz. Sven Bender könnte noch einmal auf dem Rasen stehen, wenn er am Samstag (15.30 Uhr/Sky) ausgerechnet in Dortmund seine letzte Partie erlebt.

BVB-Lizenzspielerchef Sebastian Kehl lobt Lars und Sven Bender

„Sven hat beim BVB eine herausragende Zeit erlebt, wir haben ja auch ein paar Jahre zusammengespielt“, sagt Sebastian Kehl, Leiter der Lizenzspieler-Abteilung, im Gespräch mit dieser Redaktion. „Er ist ein Top-Typ, ein Vollprofi, leider haben ihn viele Verletzungen immer mal wieder zurückgeworfen.“ Es sei schade, dass die Fans während der 90 Minuten fehlen werden, meint Kehl. „Aber es wird sicherlich noch mal eine Gelegenheit geben, ihn würdig zu verabschieden.“

Um zu verstehen, warum die Anhänger überhaupt von beiden Benders schwärmen, muss man die verschiedenen Facetten des Fußballs betrachten. Zwar strahlt das Scheinwerferlicht am stärksten auf die Künstler, doch es braucht eben auch die, die das Künstlerische verhindern wollen. Die weniger Talent durch mehr Einsatz kompensieren – und so den Fans, die den Ball in der Regel ja selbst nicht ohne Probleme 100 Mal jonglieren können, ein bisschen näher sind.

So wie die beiden Brüder. Geboren sind sie in Bayern. Ihre Karriere beginnt beim TSV 1860 München. 2009 trennt sich der Weg. Lars wechselt zu Bayer Leverkusen, Sven zum BVB. Hier prägt er die erfolgreichen Jahre unter Trainer Jürgen Klopp mit, er gewinnt die Deutsche Meisterschaft (2011), das Double (2012). „Der geht mit dem Kopf dahin, wo ich den Fuß wegziehe“, erzählt Nuri Sahin einmal. Für den Einsatz bezahlt Sven Benders Körper. Bänder reißen, Knochen brechen. 2017 wechselt er nach dem Erfolg im Pokal zu Leverkusen, um wieder mit seinem Bruder in einem Kader zu stehen. Aber auch, weil ihm der perfide Anschlag auf die BVB-Mannschaft Anfang April und die Folgen zugesetzt haben.

Mit der Fußspitze bewahrte Sven Bender den BVB vor einem Gegentor.
Mit der Fußspitze bewahrte Sven Bender den BVB vor einem Gegentor. © imago

In der Nationalmannschaft bekleiden die Benders allerdings keine große Rolle. Zur EM 2012 wird nur Lars eingeladen, da Bundestrainer Joachim Löw meint, dass man so einen Spielertypen zwar gebrauchen könne, „aber nicht zwei“. Bei den anderen Turnieren rutscht keiner der beiden mehr in Löws Kader. Überhaupt hat sich der Fußball rasant weiterentwickelt. Mittlerweile wuchten sich Profis durch das Mittelfeld, die Kampf und Kunst vereinen. Wie Dortmunds Jude Bellingham (17). Oder Bayerns Leon Goretzka (26). Die Zukunft wird für Typen, die sich über gewonnene Zweikämpfe definieren, schwieriger.

Leverkusen-Trainer Hannes Wolf schwärmt von Lars und Sven Bender

Lars Bender und Sven Bender kann dies egal sein, sie werden die Liga künftig von außen betrachten. „Ab sofort ist das Bierchen am Wochenende erlaubt“, sagt Lars Bender, der von seinem Klub zum Abschluss zum Ehrenspielführer ernannt wurde. Viele Fans würden es wie Leverkusens Trainer Hannes Wolf vor dem Spiel beim BVB beschreiben. Er sagt: „Die Bundesliga verliert unglaubliche Menschen.“