Dortmund/Wolfsburg. Durch das 2:0 in Wolfsburg ist der BVB ganz dicht an den Champions-League-Rängen. Kehl startet die Psychospielchen, Zorc warnt vor Euphorie.

Am Tag danach ist es ungewohnt ruhig am Trainingsgelände von Borussia Dortmund im Stadtteil Brackel. Trainer Edin Terzic hat seinen Spielern zwei freie Tage spendiert nach dem 2:0 (1:0)-Sieg beim VfL Wolfsburg, und die waren auch nötig nach drei Englischen Wochen am Stück. „Die Jungs haben sich etwas Abstand verdient“, erklärt Sebastian Kehl im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Lizenzspielerchef mahnt aber auch: „Wegen der Corona-Pandemie dürfen weiter keine wilden Dinge gemacht werden, wir müssen sehr diszipliniert sein.“

Keine wilden Dinge machen, sehr diszipliniert sein – das passte zum Auftritt in Wolfsburg. Die Dortmunder hatten den Gegner keinesfalls spielerisch auseinandergenommen. Die Dortmunder hatten etwas weniger Ballbesitz gehabt, sie hatten eine schlechtere Passquote, und sie hatten 13 Torschüsse weniger abgegeben als der Gegner – acht insgesamt.

Disziplinierte Abwehrleistung der Dortmunder

Und doch war dieser Sieg nicht unverdient. Weil die BVB-Profis konzentriert verteidigten, weil sie fast nur Distanzschüsse zuließen und den torgefährlichen Wout Weghorst weitgehend abmeldeten. Abwehrchef Mats Hummels fehlte zwar, dafür verdiente sich Rechtsverteidiger Lukasz Piszczek Sonderlob. Der 35-Jährige hatte in der laufenden Saison zwar kaum gespielt, machte nun aber mit seiner Routine und seiner Kopfballstärke viel wett – erst recht, nachdem Jude Bellingham nach 59 Minuten Gelb-Rot gesehen hatte. „Wir haben eine große Moral und großen Willen gezeigt“, lobt Sportdirektor Michael Zorc die gesamt Abwehrleistung. „Vor allem in Unterzahl haben wir uns voll reingeschmissen.“

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Und vorne ließ Erling Haaland alles Krisengerede vorerst verstummen. Einmal erlief er eine verunglückte Rückgabe von Ridle Baku (12.), einmal einen Traumpass von Mahmoud Dahoud (68.), beide Male schob er frei vorm Tor sicher ein. Es waren seine Bundesliga-Tore 37 und 38 im 41. Spiel, was im Alter von 21 Jahren noch niemand und sonst nur der große Uwe Seeler geschafft hat. Kehl: „Er war wieder der Unterschiedsspieler für uns.“

Mittendrin im Rennen um die Champions League

Und so sind die Dortmunder wieder mittendrin im Rennen um die Champions-League-Ränge, nachdem sie vor drei Wochen, nach dem 1:2 gegen Eintracht Frankfurt, hoffnungslos abgeschlagen schienen. Sieben Punkte Rückstand waren es auf Frankfurt, sogar elf auf Wolfsburg – jetzt sind es noch einer beziehungsweise zwei.

Weil der BVB erstmals in der laufenden Saison vier Siege in Serie eingefahren hat, weil die Mannschaft sich seit Wochen das Motto „keine wilden Dinge machen, sehr diszipliniert sein“ zu Herzen nimmt. Die Herangehensweise, die Haltung stimmt inzwischen durchgehend. „Wir haben in dieser Saison viele Spiele abgegeben, in denen wir die nötige Robustheit haben vermissen lassen“, meint Zorc. „Das mussten wir verbessern und das haben wir verbessert.“

Kehl: „Die Anderen spüren unseren Atem“

Der Trend spricht nun für den BVB, und Sebastian Kehl eröffnete noch am Samstagabend die Psychospielchen, bevor er zur Rückfahrt in den Mannschaftsbus stieg. „Ich glaube schon, dass das Momentum jetzt auf unserer Seite ist“, sagte der 41-Jährige. „Ich glaube, dass die anderen Mannschaften jetzt langsam anfangen, nachzudenken, und ein bisschen nervös werden.“ Seine Ansage: „Im Moment spüren die Anderen unseren Atem.“

Zorc dagegen tritt lieber auf die Euphoriebremse: „An der Situation hat sich nichts geändert, wir sind weiter in der Rolle des Jägers“, sagt er. Drei Spiele sind es noch, in denen eine in der Liga weitgehend verkorkste Saison doch noch zu einem positiven Ende geführt werden kann. „Die müssen wir auch gewinnen, dann haben wir gute Chancen, auf die Champions-League-Ränge zu kommen“, sagt Zorc. „Aber auch nur dann.“