Sevilla. Als Ivan Rakitic Schalke 04 verließ, nahm eine Weltkarriere ihren Lauf. Heute trifft er mit Sevilla auf den BVB. Weggefährten sind beeindruckt.

Ivan Rakitic lief von halblinks allein auf Marc-André ter Stegen zu. Der Profi des FC Sevilla hätte in die Mitte ablegen können, doch er wusste genau, was er wollte. Sechs Jahre, von 2014 bis 2020, hatten beide zusammen beim FC Barcelona gespielt und waren dabei beste Freunde im Team. Nun musste der Torwart spekulieren – und war machtlos gegen den hohen, platzierten Schuss. „Ley del Ex“, nennt man das in Spanien, das „Gesetz des Ehemaligen“: Ausgerechnet gegen Barça schoss Rakitic, der einst für Schalke 04 spielte und an diesem Mittwoch auf den BVB trifft, vorige Woche sein erstes Tor seit September. Es bedeutete den 2:0-Endstand im Halbfinalhinspiel des spanischen Pokals.

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Sevillas Form kann Borussia Dortmund, dem Gegner im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League an diesem Mittwochabend (21 Uhr/DAZN) durchaus Angst machen: Die letzten neun Spiele haben die Andalusier gewonnen, in den letzten sieben nicht mal ein Gegentor bekommen. „Ich glaube, das ist das stärkste Sevilla der Geschichte“, sagt der 32 Jahre alte Rakitic – und er kennt sich aus mit diesem Klub.

Rakitic verließ Schalke für 2,5 Millionen Euro

Zwischen 2011 und 2014 spielte er schon einmal in Sevilla. In der Winterpause kam er damals aus Schalke, für 2,5 Millionen Euro. Ziemlich wenig für einen, der heute als einer der besten Mittelfeldspieler des abgelaufenen Jahrzehnts gilt. Vize-Weltmeister mit Kroatien wurde er, Champions-League-Sieger und viermaliger spanischer Meister mit Barça, wo er das Zentrum mit Granden wie Xavi, Andrés Iniesta oder Sergio Busquets bespielte. Nur drei Ausländer (die Argentinier Lionel Messi und Javier Mascerano sowie der Brasilianer Dani Alves) schafften dort jemals mehr als seine 310 Pflichtspieleinsätze. Doch als er während der vergangenen (Chaos-)Saison der Katalanen seinen Stammplatz verlor, wusste er: Es ist Zeit, nach Hause zu gehen.

Nicht weniger bedeutet Sevilla für ihn. Auch weil ihm hier der Durchbruch in die Weltklasse gelang, den ihm in Schalke nicht alle zugetraut hatten. Auch wenn es „unglaublich gute und positive Jahre für den Verein waren“, erinnert er sich: „Wir waren nah dran an der Meisterschaft, am Ende konnte es leider nicht sein. Für mich war die Zeit sehr wichtig. Ich habe meine Fehler gemacht, aus denen ich lernen musste und gelernt habe.“

Schalke-Kumpel Kuranyi schätzt technische Finessen von Ivan Rakitic

Eine Zeit, an die sich auch Weggefährten gerne erinnern. „Ivan war eines der größten Talente, mit denen ich zusammengespielt habe“, sagt Kevin Kuranyi, damals Schalke-Stürmer. „Ivan war nicht der Allerschnellste, aber sehr laufstark und vor allem technisch unheimlich gut.“ Auch Felix Magath, der damalige Trainer, schwärmt: „Ivan ist ein kompletter Mittelfeldspieler, laufstark, beidfüßig und hat einen guten Abschluss. Er verfügt über enorme Spielintelligenz, kann das Spiel gut verlagern und somit sehr gut Einfluss auf das eigene Spiel nehmen.“

2009 zusammen bei Schalke: Kevin Kuranyi (links) und Ivan Rakitic.
2009 zusammen bei Schalke: Kevin Kuranyi (links) und Ivan Rakitic. © Firo | Unbekannt

Magath war es auch, der Rakitic von der Spielmacherposition weiter nach hinten ins defensive Mittelfeld beorderte – wo Rakitic später in Sevilla und Barcelona brillierte. „Was für ein guter Typ Ivan ist, zeigt, dass er heute über seine Schalker-Zeit sehr positiv spricht“, meint Magath. „Er brauchte für seine Karriere auch diese Zeit und diese Station.“

In Sevilla gewann Rakitic dann seinen ersten großen Titel: Als Kapitän führte er den Verein 2014 zum dritten Europa-League-Titel. Doch sein wichtigster Tag in der Stadt war gleich der erste gewesen – als er noch in der Hotelbar vorbeischaute. Sein Blick fiel auf die Bedienung, und von da an kam er acht Monate lang jeden Tag. Bis sich diese Bedienung, Raquel, endlich bereiterklärte, mit ihm auszugehen.

Am Mittwoch gegen den BVB: Ex-Schalke-Star Rakitic hat in Sevilla Heimat gefunden

Heute hat das Paar zwei Töchter und ist jetzt wieder dort, wo Rakitic seine zweite Familie gefunden hat; die erste, seine Eltern, wohnen weiter in seinem Geburtsland Schweiz. Doch auf dem Rasen fiel die Wiedereingewöhnung schwer. Fast alles war neu, die Eingewöhnung in Corona-Zeiten minimal. „Es war nicht leicht, anzukommen und gleich maximale Leistung bringen zu sollen“, so Rakitic.

In der ersten Saisonhälfte konnte er Sevillas Spiel nicht wie früher den Stempel aufdrücken. Doch wie die gesamte Mannschaft legte auch er in den letzten Wochen zu. Pünktlich zum Duell mit dem Schalke-Erzrivalen BVB ist Ivan Rakitic wieder ganz in Sevilla angekommen.