Essen/Eindhoven. Immer mehr deutsche Fußballer zieht es in die Niederlande. Mario Götze und Philipp Max zeigen durch ihre Transfers: Die Liga hat durchaus Reiz.
Die 27 ist in diesen Tagen in Eindhoven besonders gefragt. Massenhaft wird die Nummer im Fanshop des niederländischen Erstligisten PSV auf rot und weiß gestreifte Trikots gedruckt. In Dimensionen, die selbst der ruhmreiche Traditionsklub noch nicht erlebt hat. Der Grund: Die Zahl 27 trägt neuerdings Mario Götze bei Spielen auf seinem Rücken.
Der 28 Jahre alte Offensivspieler hat Anfang Oktober einen Vertrag bei PSV unterschrieben. Und einen Hype in Eindhoven ausgelöst. „Die ganze Welt kennt Mario“, erklärt PSV-Torwart Lars Unnerstall im Gespräch mit dieser Redaktion. „Die Euphorie der Fans ist riesengroß.“ Selbst die derzeitige Corona-Lage, die die Eredivisie zu Geisterspielen zwingt, kann daran nichts ändern. „Mario wird der kompletten Liga guttun“, sagt der 30-Jährige. „Auch neutrale Zuschauer werden Spaß an seiner Spielweise haben.“
Nur neun Minuten brauchte Götze, um diese These in seinem ersten Pflichtspiel für PSV zu untermauern. Beim 3:0-Sieg gegen Zwolle konnte er einen verunglückten Rückpass abfangen, den Torwart umkurven und zur 1:0-Führung einschieben. Die niederländische Presse schwärmte im Anschluss vom deutschen „Schnelldenker“. Die Zeitung De Telegraaf urteilte: „Die Eredivisie passt zu Götze.“
Unnerstall sieht weniger Druck als in Deutschland
Nach nur einem Einsatz ist das vorschnell, doch die Zeichen, dass der bei Borussia Dortmund zuletzt unglückliche WM-Held von 2014 in den Niederlanden seine Freude am Fußball zurückfindet, stehen gut. Weil er zwar nah der Heimat, aber fern in der Wahrnehmung vieler deutscher Medien agiert. „Die Aufmerksamkeit ist hier nicht mit der in Deutschland vergleichbar“, sagt Unnerstall, der nach seinen Profi-Stationen Schalke 04 und Fortuna Düsseldorf weiß, wovon er spricht. „Als Spieler von Schalke, Dortmund oder Bayern ist man anderem Druck ausgesetzt. Der Umgang ist hier angenehmer.“
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Auch deshalb ist es kein Zufall, dass inzwischen 34 Deutsche in der Eredivisie spielen. Darunter ambitionierte Profis wie Götze oder Philipp Max (27). Als Leistungsträger in Augsburg hätte sich Linksverteidiger Max auch für andere Bundesligisten entscheiden können – doch er wählte PSV mit dem deutschen Trainer Roger Schmidt. „Diese Transfers sind ein gutes Beispiel“, sagt Unnerstall. „Die Liga wir immer interessanter. Es gibt eine tolle Fankultur und schönen Offensivfußball. Es macht einfach Spaß, in Holland zu spielen.“
Doch nicht nur die großen PSV, Ajax Amsterdam und Feyenoord Rotterdam haben für Profis ihren Reiz. Auch kleinere Klubs sind in der ausgeglichenen Liga ein ideales Sprungbrett für Talente. Fehler und Unerfahrenheit werden dort eher verziehen als anderswo. „Es wird massiv auf junge Spieler gebaut“, weiß Unnerstall. „Ich habe einige Jungs gesehen, die hier den Sprung in Top-Ligen geschafft haben.“
Czyborra zog es von Schalke nach Almelo
Der ehemalige Schalker Jugendspieler Lennart Czyborra etwa wechselte 2018 im Alter von 19 Jahren zu Heracles Almelo. Dort entwickelte er sich schnell zum Stammspieler und schaffte zu Jahresbeginn den Sprung nach Italien zu Champions-League-Teilnehmer Atalanta Bergamo. Derzeit ist er an den FC Genua ausgeliehen. „Selbst wenn ich bei Schalke geblieben wäre, weiß ich nicht, ob mein Weg so verlaufen wäre. Auf Schalke ist einfach immer krasserer Druck da. Wenn du da als junger Spieler einen Fehler machst, kann alles schnell zu Ende sein“, sagte er der Sportschau.
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Einen ähnlichen Weg haben in den vergangenen Jahren auch Mark Uth (Schalke 04), Robin Gosens (Bergamo) oder Amin Younes (Eintracht Frankfurt) eingeschlagen. Auch sie brachten ihre Karrieren in den Niederlanden so richtig in Schwung und schafften es (zeitweise) in die Nationalmannschaft.
Da will auch Mario Götze wieder hin. Kann er an seinen guten Start anknüpfen, könnte die Eredivisie für ihn ebenfalls ein Karriere-Sprungbrett sein.