Dortmund. Sebastian Kehl verlängert beim BVB und ist zum Nachfolger von Sportdirektor Michael Zorc auserkoren. Ob das gutgeht, ist ungewiss. Ein Kommentar.

Die Nachricht kam nicht mehr überraschend, sie war lange angekündigt worden: Sebastian Kehl hat seinen Vertrag als Leiter der Lizenzspieler-Abteilung bei Borussia Dortmund vorzeitig bis 2022 verlängert. "Wir sind sehr zufrieden mit Sebastian und werden ihn ab sofort noch enger in alle sportlichen Entscheidungsprozesse einbeziehen", sagt Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke dazu. BVB-Sportdirektor Michael Zorc betont, „dass wir vom ersten Tag an vertrauensvoll miteinander gearbeitet haben".

Viele warme Worte also - die vordergründig allerdings nicht recht passen zu dieser kurzen Vertragslaufzeit. Für die aber gibt es gute Gründe: Im Jahr 2022 läuft ja auch der Vertrag von Sportdirektor Michael Zorc aus. Der ewige Borusse hat kürzlich noch einmal verlängert, um seinen Klub in allen Widrigkeiten und Unvorhersehbarkeiten der Corona-Krise zu unetrstützen. Auf Zorcs Erfahrung wollte der BVB in dieser Zeit nicht verzichten.

2022 aber ist Schluss - und Kehl ist erster Kandidat auf die Nachfolge. Das ist natürlich eine logische Wahl: Kehl ist eine Dortmunder Identifikationsfigur, er ist eloquent, durchsetzungsstark, bringt viel Fachwissen mit und hat sich auf die Aufgabe akribisch vorbereitet - unter anderem durch ein Management-Studium bei der Uefa. Trotzdem war in den zwei Jahren, seit er sein neugeschaffenes Amt beim BVB angetreten hat, nicht immer klar, logisch und folgerichtig, dass Kehl einmal der Zorc-Nachfolger werden könnte. Nicht immer waren sich alle Entscheidungsträger grün, nicht zu jeder Zeit war jeder der Meinung, dass Kehl das Zeug zum neuen Sportdirektor hätte.

Kehl hat sich beim BVB profiliert

Doch der 40-Jährige hat intern massiv an Profil gewonnen durch einige Umstrukturierungen ind er Lizenzspieler-Abteilung, vor allem aber durch seinen umsichtigen Umgang mit der Corona-Krise. Kehl fiel es in dieser Zeit zu, die ungewöhnlichen Umstände organisatorisch bestmöglich zu bewältigen - und er erledigte das mit Bravour.

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Der langjährige Mannschaftskapitän hat sich also in Stellung gebracht, er kann der ideale Kronprinz für Zorc sein. Erstens kann bis dahin noch viel passieren. Und zweitens gibt es keine Garantie auf Gelingen, sollte Kehl tatsächlich das Amt übernehmen. Denn Zorcs Fußstapfen sind gigantisch. Nach schwierigen Anfangsjahren hat er den Klub geprägt wie wenig andere, hat ihn durch eine kluge Transferpolitik aus dem grauen Mittelfeld zurück an die deutsche Spitze geführt. Sein Netzwerk ist gewaltig, er gilt zudem als gewiefter Verhandler.

Christian Nerlinger als warnendes Beispiel

Vieles davon muss sich Kehl noch aneignen, so manches lernt man eben erst so richtig durch Erfahrung. Wie schwierig es ist, eine Institution wie Zorc zu ersetzen, zeigt nicht zuletzt der Blick auf den Branchenprimus FC Bayern münchen. Dort bestimmte Uli Hoeneß über Jahrzehnte die Geschicke. Als Nachfolger war Christian Nerlinger auserkoren, der von Hoeneß selbst angelernt wurde, der zuvor als Teammanager arbeitete und Wirtschaft studiert hatte. Doch als er dann selbst Verantwortung trug, wurde es keine Erfolgsgeschichte - nach drei Jahren und dem verlorenen "FInale dahoam" erhielt Nerlinger den Laufpass.

Auch das muss natürlich nichts heißen. Kehl bringt alle Fähigkeiten und alle Voraussetzungen mit, um beim BVB eine Erfolgsgeschichte zu schreiben. Ob das tatsächlich gelingt, kann aber nur die Zukunft zeigen.