Essen. Das Verbot von Großveranstaltungen wird bis Jahresende verlängert. Für den Sport könnte es Ausnahmen geben. BVB-Boss Watzke ist optimistisch.

Für Hans-Joachim Watzke ist das Glas halbvoll: „Das Positive ist, dass ein klares Signal von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten gekommen ist“, sagt der Geschäftsführer von Borussia Dortmund. Ein Signal, das so aussieht: Großveranstaltungen – und dazu gehören auch Spiele der Fußball-Bundesliga mit Zuschauern – bleiben angesichts der Corona-Pandemie erst mal verboten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Bundesländer einigten sich am Donnerstag darauf, die Ende Oktober auslaufende Regelung bis Ende des Jahres zu verlängern. Für bundesweite Sportereignisse aber könnte es Ausnahmen geben: Eine Arbeitsgruppe aus den Chefs der Staatskanzleien der Länder soll bis Ende Oktober klären, wie und ob eine Rückkehr von Zuschauern möglich ist.

Neue Lage im November?

„Wir müssen einen erneuten Lockdown verhindern“, erklärt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). „Der Start der Bundesliga wird daher ohne Fans in den Stadien stattfinden müssen. Dafür ist die Lage zu ernst.“ Auch für Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wäre die Fan-Rückkehr ein falsches Signal, er stellt aber zumindest in Aussicht, dass durch die Arbeitsgruppe „kleine, schrittweise Möglichkeiten“ vereinbart werden könnten, und zwar „noch vor Weihnachten“. Da gebe es „schon eine Perspektive“.

Die sieht auch BVB-Boss Watzke so: „Meiner Meinung nach sind die Beschlüsse ein Zeichen der Politik, dass man ab Anfang November mit Zuschauern spielen möchte“, sagt er. „Dass eine Arbeitsgruppe dazu eingerichtet wird, zeigt, dass man sich sehr ernsthaft mit dieser Frage beschäftigen möchte.“ Die Deutsche Fußball-Liga hat bereits ein Hygienekonzept, das zur Kontaktverfolgung unter anderem personalisierte Tickets vorsieht – und von Söder ausdrücklich gelobt wird.

Geisterspiele kosten viel Geld

Aber: Ob im November tatsächlich die Fans zurückkehren, bleibt offen. „Die Zuschauerzahlen werden natürlich von der Pandemielage abhängen“, sagt Watzke. Auf 5000 bis 8000 Zuschauer im 81.365 Menschen fassenden Dortmunder Stadion hatte der BVB-Boss noch Anfang vergangener Woche zum Saisonbeginn gehofft. Nun hält er sich zurück: „Ich möchte dieser Arbeitsgruppe jetzt nicht vorgreifen, indem ich konkrete Zahlen nenne.“

So bleibt auch finanziell vieles im Ungewissen. Die Klubs der 1. und 2. Bundesliga hatten schon im Frühjahr auf Geheiß des DFL-Präsidiums eine Planung erstellt, die Geisterspiele bis Jahresende vorsah. Man ist also vorbereitet, auch wenn die Zahlen niemandem gefallen. Der BVB etwa verliert rund vier Millionen pro Heimspiel ohne Zuschauer. Drei Bundesligaspiele trägt er bis Oktober im eigenen Stadion aus, drei weitere bis Dezember, hinzu kommen drei Champions-League-Heimspiele – das ergibt sehr schnell einen sehr dicken zweistelliger Millionenbetrag.

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Gebeutelte Revierklubs

Existenzgefährdend ist das nicht, schmerzhaft sehr wohl. Und auch die übrigen Revierklubs sind gebeutelt: Schalke 04 entgehen pro Geisterspiel rund zwei Millionen Euro. Und: Kleine Zuschauerzahlen rechnen sich nicht, weil der Aufwand die Einnahmen übersteigt. Doch S04-Sportvorstand Jochen Schneider würde für Fans auf den Rängen auch Verluste in Kauf nehmen: „Einfach aufgrund der Tatsache, dass Fußball ohne Fans nicht wirklich schön ist“, sagt er.

Das weiß man auch beim Zweitligisten VfL Bochum, dem rund 500.000 Euro pro Spiel entgehen. Beim Drittligisten MSV Duisburg sind es etwa 260.000 Euro. Die allerdings treffen die Zebras besonders hart, weil die Verluste anders als in der 1. und 2. Bundesliga nicht durch üppige TV-Einnahmen abgefedert werden: Beim MSV liegen TV-Erlöse pro Spiel bei etwa 20.000 Euro.

Es droht ein Reisechaos

Regionalligist Rot-Weiss Essen muss allein im DFB-Pokal-Heimspiel gegen den Bundesliga-Aufsteiger Arminia Bielefeld auf viel Geld verzichten: „Uns gehen bei einem Geisterspiel 200.000 bis 250.000 Euro durch die Lappen“, sagt RWE-Vorstand Marcus Uhlig.

Und nicht nur finanziell droht dem Fußball Ungemach: Möglichst ab 1. Oktober sollen Rückkehrer aus Risikogebieten mindestens fünf Tage in Quarantäne – und dann getestet werden. Sollte es keine Ausnahmen für Fußballprofis geben, würden Reisen zu Europacup- und Länderspielen immenses Chaos hervorrufen – zum Beispiel die Nations-League-Partie der deutschen Nationalmannschaft am 10. Oktober in der Ukraine.