Dortmund. Emre Can hat seinen Mitspieler Jadon Sancho nach dessen Friseur-Fehltritt gerügt: Dieser dürfe sich einen solchen Fehler “nicht mehr leisten“.

Bevor sich Emre Can aufmachte, um im TV die Partie zu analysieren, plauderte er auf dem Rasen noch eifrig mit dem Berliner Marko Grujic, während sich der Rest der Spieler bereits in Richtung der Kabinen bewegte. Im Hintergrund dudelte Musik für die Fans, die gar nicht da waren. Gelegentlich dröhnten laute Geräusche durch das Dortmunder Stadion, weil bereits abgebaut wurde. Sogar ein Rasenmäher ratterte schon kurz nach dem Schlusspfiff über den Platz. Geisterspiel-Atmosphäre, die zu diesem aus sportlicher Sicht größtenteils mauen Abend passte.

Einen echten Höhepunkt bot die Partie zwischen Borussia Dortmund und Hertha BSC (1:0) allerdings - und dieser hing unmittelbar mit Emre Can zusammen. In der 57. Minute nutzte er eine Kopfballvorlage von Julian Brandt für einen überlegten Schuss in die rechte Ecke. Durch dieses Tor sammelte der BVB am Ende drei Punkte ein, 63 hat er nun. Der Vorsprung auf Platz fünf ist damit auf sieben Zähler angewachsen. Die Qualifikation für die Champions League hat der Revierklub so gut wie sicher festgezurrt und dadurch das Minimalziel in dieser Saison fast erreicht. Der Titelgewinn erscheint hingegen als genauso unwahrscheinlich wie der Absturz auf Rang fünf, da der Tabellenführer FC Bayern auf sieben Punkte enteilt ist.

Emre Can (Mitte) hat das Siegtor für den BVB gegen Hertha BSC erzielt.
Emre Can (Mitte) hat das Siegtor für den BVB gegen Hertha BSC erzielt. © firo

Das Saisonfinale droht daher ähnlich dröge zu werden wie die 90 Minuten am Samstag. „Es ist zurzeit ein bisschen schwierig. Ohne Fans fehlt manchmal die Spannung“, erklärte Can, nachdem er mit Grujic noch das Trikot getauscht hatte. „Das war wohl so ein Spiel. Da musst du einfach gewinnen.“ Julian Brandt sagte: „Wir haben uns lange die Zähne ausgebissen.“

BVB: Fehlpässe, misslungene Dribblings

Deswegen flogen viele Bälle ins Nichts, viele Dribbling scheiterten. Die eigentlich hochbegabte BVB-Offensive entwickelte nur selten Torgefahr – vor allem in der ersten Halbzeit. Stürmer Erling Haaland (Kniebeschwerden) wurde weiterhin vermisst. Weil Brandt, Thorgan Hazard und Jadon Sancho diesmal selten überraschten.

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Achraf Hakimi (8.), Hazard (21.) und Brandt (23.) scheiterten mit ihren Versuchen, trotzdem die Führung zu erzielen. Sancho hingegen hätte kurz nach der Halbzeit treffen müssen, aus kurzer Distanz trudelte sein Schuss allerdings am Tor vorbei (51.). Überhaupt nahm die Partie nach der Pause etwas Fahrt auf. Der Berliner Alexander Esswein zielte nicht genau genug (56.), dafür jubelte Can kurz danach. Sancho lupfte den Ball auf Brandt, der köpfte auf Can, der verwandelte (57.). Der Nationalspieler musste sein erstes Heimtor leider vor der leeren Südtribüne zelebrieren.

Can vertrat Mats Hummels (gelbgesperrt) im Zentrum der Dreierkette, gemeinsam mit Lukasz Piszczek und Manuel Akanji schaffte er es eigentlich über die gesamten 90 Minuten, die zuletzt starke Berliner Offensive zu bändigen. „Sie arbeiten gut zusammen“, meinte der Berliner Trainer Bruno Labbadia. „Wir haben sehr gut verteidigt, das ist auch sehr, sehr wichtig“, sagte BVB-Trainer Lucien Favre und lobt Emre Can: „Er hat das sehr gut gemacht. Er hat einfach gut gespielt und macht dazu ein Tor.“

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Erst im Winter wechselte der 26-jährige Can von Juventus Turin ins Revier, schon jetzt hat er sich zu einem Führungsspieler entwickelt. Auf dem Platz. Neben dem Platz. Deswegen traute er sich nach Partie auch, seinen Mitspieler Sancho für den Friseurbesuch zu kritisieren, bei dem der Engländer die Hygienevorgaben der DFL nicht eingehalten hatte und deswegen eine Geldstrafe zahlen musste. „Bei solchen Sachen muss er einfach schlauer, erwachsener sein. Solche Fehler darf er sich in Zukunft nicht mehr leisten, wir sind als Mannschaft da auch verantwortlich.“

Gegen Berlin glänzte Sancho nicht so wie noch gegen Paderborn, als er drei Tore erzielte. Dafür war er am einzigen Treffer des Tages beteiligt. „Es war ein schönes Tor, wir haben gut verlagert, gut geschossen“, analysierte Favre. „Emre macht der sehr gut, auch der Pass von Jadon und die Aktion von Julian Brandt waren top.“

BVB jetzt gegen Fortuna Düsseldorf

So schafften es die Dortmunder, dieses eigentlich maue Spiel für sich zu entscheiden, die Qualifikation für die Champions League ist so gut wie sicher. „Aber wir müssen weiter von Spiel zu Spiel schauen“, sagte Favre. „Wir wollen so weitermachen.“ Die nächste Gelegenheit erhält seine Mannschaft dazu am kommenden Samstag (15.30 Uhr/Sky) beim Auswärtsspiel gegen Fortuna Düsseldorf.