Dortmund. Borussia Dortmund zeigt dem FC Schalke 04 beim 4:0-Sieg im Revierderby einen Klassenunterschied auf. Die große Euphorie brach aber nicht aus.

So ganz wollten sie dann doch nicht verzichten auf alle liebgewonnenen Rituale, und so versammelten sich die Spieler von Borussia Dortmund vor der leeren Südtribüne zur gemeinsamen La Ola – ganz kurz nur, aber immerhin. Und von der Ehrentribüne wehte tatsächlich ein wenig Applaus hinüber. Es gab etwas zu feiern für den BVB, nämlich einen 4:0 (2:0)-Sieg gegen den großen Revierrivalen FC Schalke 04. Der Neustart der Bundesliga nach der coronabedingten Pause lieferte aus Dortmunder Sicht das perfekte Ergebnis und ein Ausrufezeichen im Titelkampf. Die Schalker dagegen, die die Stätte der Demütigung flugs verließen, nahmen einige Sorgen mehr mit auf die kurze Heimfahrt nach Gelsenkirchen. Denn dieses Derby hatte einen Klassenunterschied aufgezeigt.

Schalke-Trainer Wagner erkennt Leistung des BVB an

Und so boten auch die beiden Trainer nach dem Spiel ein völlig gegensätzliches Bild: Lucien Favre, der den Sieg lächelnd und mit gehörig Understatement als „ganz okay“ einstufte“ und sagte: „Wir haben uns das verdient, wir haben es sehr gut gemacht.“ Und sein Schalker Kollege David Wagner, der dagegen eine ganze Reihe an Defiziten aufzählen musste: „Wir haben leider die Räume nicht so verteidigt, wie wir es vorhatten, und keinen Druck auf den Ball bekommen“, klagte er. „Wenn wir ihnen Räume gegeben haben, haben sie sie gut genutzt.“

Richtige Feierlaune kam trotzdem nicht auf in Dortmund, es war ein Derby mit gebremsten Emotionen. Denn natürlich fehlten die 81.365 Zuschauer und mit ihnen die gewohnt lautstarke Atmosphäre, was Favre als „sehr komisch“ einstufte. Wenig erinnerte an ein gewöhnliches Bundesligaspiel: Die Ersatzspieler trugen Masken und saßen auf der Tribüne, auf einer neuen Reservebank mit 1,50 Metern Abstand zueinander. Und die Profis auf dem Rasen hatten die Emotionen so weit im Griff, dass sie selbst beim Torjubel Abstand hielten. Umarmungen, Menschentrauben, Rudelbildung, dazu eine aufgepeitschte Kulisse – es fehlte alles, was ein Derby normalerweise ausmacht.

Reyna verpasst Startelf-Debüt beim BVB

Der BVB hatte noch weitere Widrigkeiten zu verkraften: Axel Witsel, Emre Can, Marco Reus, Dan-Axel Zagadou und Nico Schulz fehlten verletzt, und nach dem Aufwärmen meldete sich auch Giovanni Reyna ab – der 17-Jährige hätte eigentlich sein Startelf-Debüt feiern sollen.

Anzumerken war das den Dortmundern höchstens in den ersten fünf Minuten, als sich Schalke mit aggressivem Pressing leichte Feldvorteile verschaffte. Dadurch aber ließen die Gäste in ihrem Rücken gigantische Räume, die die spielstarken Dortmunder nach und nach immer besser zu nutzen wussten.

Wenige Schalke-Vorstöße versanden

Es dauerte dann allerdings eine halbe Stunde bis zum ersten Treffer: Der an diesem Tag überragende Julian Brandt legte per Hacke ab auf Thorgan Hazard, der flankte, und Erling Haaland traf mit der Innenseite präzise zum 1:0. Schalke-Torhüter Markus Schubert war chancenlos (29.). Nicht so allerdings beim zweiten Treffer: Schuberts zu kurzer Abschlag landete bei Mahmoud Dahoud. Der gab schnell weiter auf Brandt, der schickte Raphael Guerreiro, und der traf wuchtig ins lange Eck (44.).

Von den Schalkern war schon da kaum noch etwas zu sehen, sie kamen nur selten aus der eigenen Hälfte, weil der BVB die Wege klug zustellte – die wenigen Vorstöße versandeten durch Fehlpässe.

BVB-Sportdirektor Zorc: "Wir haben verdient gewonnen"

Und sollten die Schalker Fans an den Fernsehern auf eine Wende zur Pause gehofft haben, wurden sie schnell ernüchtert: Ein weiteres Mal konterte der BVB, Brandt bediente den für Reyna in die Startelf gerutschten Thorgan Hazard, und der traf zum 3:0 (48.) – Schubert sah erneut nicht gut aus. Beim 0:4 war er aber schuldlos: Wieder leitete Brandt ein, Guerreiro und Haaland spielten einen locker-leichten Doppelpass, der Portugiese vollendete mit dem Außenrist (63.). Nicht nur in dieser Szene wirkte Schalkes Abwehr, als bemühe sie sich auch auf dem Platz um den korrekten Mindestabstand zum Gegner.

Michael Zorc war es egal. „Wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht“, lobte der BVB-Sportdirektor. „Wir haben verdient gewonnen, auch in dieser Höhe.“ Sebastian Kehl, der Leiter der Lizenzspieler-Abteilung, zeigte sich doppelt erleichtert: „Wir können der Mannschaft nur ein großes Kompliment machen für die Art und Weise, wie sie gespielt hat“, sagte er. Auch alle Abläufe rund um dieses ungewohnte Spiel hätten funktioniert, stellte er erleichtert fest – denn um viele dieser Abläufe hatte er sich in der vergangenen Woche kümmern müssen.

Sein Fazit: „Es war ein reibungsloser Spieltag in Dortmund.“In Gelsenkirchendürfte man das anders sehen.