Dortmund. Der BVB appelliert an Ticketkäufer, auf Rückerstattungen zu verzichten. Dafür gibt es berechtigte Kritik – und doch ist die Bitte alternativlos.
Borussia Dortmund hofft in der Corona-Krise auch auf Hilfe seiner Fans: „Können wir mit der Erstattung der Dauerkarten etwas flexibler umgehen?“, fragt Carsten Cramer, der Marketing-Geschäftsführer, in einer Video-Botschaft an die Fanklubs. Natürlich, das sagt er auch: Jedem, der eine Karte gekauft hat, steht auch eine Rückerstattung zu. „Aber wir würden uns auch freuen, wenn der eine oder andere Euro bei Borussia Dortmund verbleibt.“
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Auch andere Klubs setzen in der Krise auf Hilfe der Fans, appellieren, auf die Rückerstattung zu verzichten – oder verkaufen wie der VfL Bochum virtuelle Tickets für Geisterspiele. Es ist eine gefährliche Gratwanderung, auf die sich die Klubs da begeben. Denn in der Öffentlichkeit entsteht schnell der Eindruck, dass sich hier schwerreiche Klubs auf Kosten der einfachen und deutlich weniger reichen Fans gesundstoßen wollen. Die Reaktionen in den sozialen Medien sind zwar nicht repräsentativ, fallen aber größtenteils verheerend aus. Tenor: Warum sollen wir Geld geben, um die Millionengehälter der Spieler weiter zu finanzieren? Warum sollen sie, wenn sie auf das Geld schon verzichten, nicht lieber wirklich notleidende Menschen unterstützen?
Die Frage ist ja auch nicht falsch.Beim BVB etwa haben die hochbezahlten Angestellten zwar allesamt auf Geld verzichtet, die Geschäftsführung als erstes, dann auch die sportliche Leitung und zum Schluss die Spieler. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke lässt seine Bezüge für die Dauer der Krise um 30 Prozent reduzieren, bei den Spielern sind es zehn bis 20 Prozent – je nachdem, ob und wie sich die Saison noch zu Ende bringen lässt.
Bei den BVB-Gehältern gibt es mehr Einsparpotenzial
Das ist ein großer Beitrag, natürlich. Aber: Im ersten Halbjahr des Geschäftsjahrs 2019/20, von Juli bis Dezember also, hat der BVB 111 Millionen Euro für sein Personal ausgegeben, den überwiegenden Anteil für die Spieler. Da wäre also noch deutliches Einsparpotenzial vorhanden, da wäre deutlich mehr zu holen als bei den 55.000 Dauerkarteninhabern. All das müssen die Klubbosse berücksichtigen, wenn sie solche Bitten an ihre Fans richten. Sie müssen wissen, dass sie damit populistischen Parolen Tor und Tür öffnen.
Und dennoch: Cramers Bitte ist genau wie die vielen anderen Appelle letztlich alternativlos. Denn, das ist bei vielen Beobachtern noch immer nicht angekommen: Die derzeitige Situation ist für die Bundesligaklubs existenzgefährdend. Für den BVB schließen die Verantwortlichen das noch aus – wie lange diese Aussage haltbar ist, können sie letztlich aber auch nicht wissen. Im März und April, wenn es auf das Saisonende zugeht, ist die Liquidität, sind die vorhandenen Finanzmittel traditionell besonders gering, auch ohne Corona. Die Klubs warten händeringend auf die letzte Tranche an TV-Geldern, von der zurzeit niemand weiß, wann sie fließen wird.
Klubs müssen auch auf ihre Fans zugehen
Die Verantwortlichen müssen also, so gut es geht, Kosten reduzieren und so viele Einnahmen wie möglich generieren. Dabei dürfen sie keine Möglichkeit außer Acht lassen. Natürlich ist das Sparpotenzial bei den Spielern am größten. Aber die haben laufende Verträge, man kann ihnen nicht mal eben so einfach freihändig, die Gehälter kürzen. Auch hier funktioniert es nur mit Bitten und mehr oder weniger sanftem Druck – weshalb der Spielraum nicht unbegrenzt groß ist. Deswegen müssen die Klubs auch auf ihre Fans zugehen. Wohl wissend, dass sie dafür viel Prügel einstecken können.