Marbella. Erling Haaland ist beim BVB ins Training eingestiegen. Im Spiel beim FC Augsburg dürfte der Norweger aber noch auf der Bank sitzen.

Um 10.23 Uhr kommt Hektik auf unter den Fotografen und Kameraleuten, vor allem bei denen aus Norwegen: Eben ist der Mannschaftsbus von Borussia Dortmund am Trainingsgelände La Dama de Noche in Marbella vorgefahren, und ausgestiegen ist tatsächlich: Erling Haaland.

Bislang war der Zugang von RB Salzburg immer in einem separaten Kleinbus gebracht worden und dann schnell ins Fitnesszelt verschwunden, so dass seine eigens angereisten norwegischen Landsleute nur den Hinterkopf fotografieren und filmen konnten. Kniebeschwerden hatten ihn in den ersten Tagen des Trainingslagers ausgebremst.

BVB-Zugang Haaland erzielt sein erstes Tor

Am Mittwochvormittag aber geht es auf den Platz – gemeinsam mit Marco Reus, Paco Alcácer, Thomas Delaney, Thorgan Hazard und Jacob Bruun Larsen, die bislang auch nur reduziert trainieren konnten. Die Kollegen haben nach dem Testspiel gegen Standard Lüttich (0:0) bloß ein wenig Regeneration auf dem Programm, Haaland und seine fünf Mitstreiter absolvieren eine Einheit mit Ball: Ein Fußballtennis-Match über Steckpuppen, das Haaland gemeinsam mit Delaney und Bruun Larsen 2:7 und 3:7 verliert, eine Dribbel- und Pass-Übung und zum Abschluss Spielformen. Um 11.39 Uhr ist es soweit: Haaland schießt, genauestens protokolliert von den Beobachtern, sein erstes Tor im BVB-Trikot. Das Spiel geht trotzdem 2:5 verloren. Egal, viel wichtiger: Das Knie zeigt keine Reaktion.

Zur Erleichterung von Trainer Lucien Favre. Denn der Norweger, dessen Name sich so herrlich für Erlöser-Wortspiele eignet, soll endlich die Kaderlücke schließen, die sie im Laufe der Saison erkannt haben. Er ist der langersehnte echte Mittelstürmer, 1,94 Meter groß und 87 Kilogramm schwer. Außerdem ist er ballsicher, wendig und erstaunlich schnell: Ende Oktober maßen die Statistiker eine Höchstgeschwindigkeit von über 36 km/h. „So ein Gesamtpaket ist selten“, lobt der Däne Thomas Delaney, dank ähnlicher Sprache eine wichtige Bezugsperson für den Norweger. Und neben dem Platz, so erzählen alle, die ihn schon länger kennen, ist der öffentlich wortkarge Haaland ein sehr lockerer Typ, der sich vom Hype um seine Person überhaupt nicht beeindrucken lässt.

Vetrag bis 2024 bei Borussia Dortmund

Auch deswegen taten sie bei Borussia Dortmund viel, um das Talent für sich zu gewinnen, das von anderen Top-Klubs wie Manchester United, Juventus Turin und RB Leipzig umworben war. Finanziell mussten sie dank einer Ausstiegsklausel von 20 Millionen Euro nicht an ihre Grenzen gehen, wobei Haaland in seinem Vertrag bis 2024 ein Gehalt von rund neun Millionen Euro verankert hat.

Aber der BVB warf ein Dogma über Bord, das seit dem Abgang von Mario Götze im Jahr 2013 galt: keine Ausstiegsklauseln mehr. Sonst, so die Einschätzung im Klub, hätte man diesen Spieler wohl nicht bekommen. Allerdings greift die Klausel nach Informationen dieser Redaktion erst im Jahr 2022 und liegt bei über 60 Millionen Euro. Sollte ein Klub dieses Geld tatsächlich bieten, hätte der BVB also sportlich und wirtschaftlich ein gutes Geschäft gemacht.

Emotionen beim BVB

Die Dortmunder setzten auf weiche Faktoren: Unter anderem produzierten sie ein einminütiges Video mit der berühmten Gelben Wand, dem Stehplatzbereich im eigenen Stadion, mit Spielszenen – und mit der Botschaft: Diese Emotionen kannst du bei uns erleben. Das machte Eindruck, genau wie die Hartnäckigkeit von Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc. „Die Verantwortlichen haben mir direkt gesagt: ,Wir brauchen dich im Sturm’“, hat Haaland dem Klub-TV erzählt. „Wir mögen die Art wie du spielst und wollen dich bei uns haben.“ Das gefiel: „Das hat mich getriggert. Danach hatte ich das Gefühl: Dortmund und ich? Das ist ein gutes Match.“

In der Praxis aber konnte er das noch nicht nachweisen. Und noch weiß Favre nicht, ob der Sturmtank im Trainingslager bis zum 12. Januar ins Mannschaftstraining einsteigen kann. Dabei beginnt schon am 18. Januar (15.30/Sky) beim FC Augsburg die Rückrunde. Vieles spricht dafür, dass die neue Sturmhoffnung dann wegen Trainingsrückstands erst einmal auf der Bank sitzt.