Marbella. Der BVB kann trotz sieben Punkten Rückstand Meister werden, sagt Manuel Akanji. Dafür muss einiges besser werden – auch die eigene Leistung.

Balleroberung, ein schneller Pass aus der Drehung und wenig später liegt der Ball im Tor. Wenig später ein cleverer Chip zwischen zwei heranstürmenden Gegnern hindurch, sodass BVB-Spieler Nico Schulz aufs freie Tor zuläuft und nur noch einzuschieben braucht. Und zuletzt erkennt Manuel Akanji selbst die Lücke, stößt mit schnellem Antritt nach vorne und schießt den Ball gleich selbst ins Tor.

Der Innenverteidiger von Borussia Dortmund zeigt im Training am Sonntag, was er kann, und das ist bekanntermaßen eine ganze Menge. Der Schweizer ist ballsicher, kopfball- und zweikampfstark, er kann präzise Pässe spielen – und für einen 1,87 Meter großen und 91 Kilo schweren Spieler ist er erstaunlich schnell und geschmeidig in den Bewegungen. Kurz: Akanji ist ein „ziemlich kompletter“ Abwehrspieler, wie es BVB-Sportdirektor Michael Zorc einmal formuliert hat.

In der Hinrunde allerdings hing Akanji zwischenzeitlich ziemlich komplett durch, zeigte gerade zu Saisonbeginn selten, was er wirklich kann. Allzu oft wirkte der 24-Jährige fahrig, unsicher oder gar unkonzentriert, patzte immer wieder eklatant, und – das ist das Los des Abwehrspielers: weil dann niemand mehr die Fehler ausbügeln konnte, verschuldete er einige Gegentore. Dass die Fehlerkette bei einem Gegentor oft genug weiter vorne anfängt, ist den meisten Betrachtern dann egal.

„Ich bin sehr selbstkritisch“, sagt Akanji selbst. „In der ersten Hälfte der Hinrunde bin ich nicht immer so aufgetreten, wie ich mir das vorgestellt habe.“ Aber er findet auch: „In der zweiten Hälfte der Hinrunde habe ich mich wie die ganze Mannschaft gesteigert und besser gespielt.“

BVB-Verteidiger Akanji hat sich etwas vorgenommen

Als er das sagt, sitzt er auf der Terrasse des BVB-Mannschaftshotels „Gran Melia Don Pepe“ in Marbella, und man spürt: Hier hat sich jemand etwas vorgenommen. „Ich bin auch nicht zufrieden, wenn ich ein gutes Spiel mache, ich will mich immer verbessern“, verkündet er.

Doch es geht nicht nur um das Verhalten auf, sondern offenbar auch um jenes neben dem Platz: Akanji ist am Sonntag überaus höflich und verbindlich. Die forsche Art, die er manchmal an den Tag legte, und die zwar nicht unbedingt unfreundlich, gelegentlich aber etwas ruppig wirkte, hat er vorerst abgelegt.

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Zu Saisonbeginn war er ja auch intern durchaus angeeckt: Als Trainer Lucien Favre anders als in der Vorsaison nicht ihn, sondern Rückkehrer Mats Hummels zum zweiten Stellvertreter von Kapitän Marco Reus bestimmte, reagierte der Abwehrspieler verstimmt – und warf sein Amt im Mannschaftsrat hin, wo er das Sprachrohr der jüngeren Spieler sein sollte. Das sorgte bei einigen Mitspielern für Unmut und verwunderte auch die Klubführung: Als vergleichsweise junger Spieler mit einem Weltmeister wie Hummels und gestandenen Spielern wie Reus und Axel Witsel den Kader zu repräsentieren, müsse doch eine Ehre und zugleich eine tolle Chance zur Weiterentwicklung sein, so sahen es die Bosse.

Und nun? Alles erledigt – sagt Akanji: „Wir haben darüber geredet und mittlerweile interessiert sich niemand mehr für die Themen Mannschaftsrat, Kapitänsbinde und was alles war“, erzählt er. „Wir haben das abgeschlossen, das ist geklärt. Jetzt wollen wir uns auf die Rückrunde konzentrieren.“

BVB: Sieben Punkte Rückstand auf RB Leipzig

Denn für die hat er nach wie vor große Ziele: „Es ist noch alles möglich“, sagt er, als er auf die ersehnte Meisterschaft angesprochen wird. Trotz sieben Punkten Rückstand auf Tabellenführer RB Leipzig. „Wir hatten in der vergangenen Saison noch einen größeren Vorsprung als Leipzig und haben ihn verspielt, also ist noch alles möglich“, schiebt er lachend hinterher.

Und außerdem: „Auch Leipzig hatte Spiele, in denen sie 20 oder 30 Minuten lang nicht gut gespielt haben – gegen uns sogar noch länger. Aber wenn du dann trotzdem die Tore schießt oder nicht kriegst, wirst du belohnt.“ Und das, so sieht es der Schweizer, war zu oft der Knackpunkt im Dortmunder Spiel: „Das hätten wir besser machen müssen, dass wir in diesen Situationen zusammen besser verteidigen oder das Spiel für uns entscheiden müssen.“ Perfektes Beispiel: das 1:2 zum Hinrunden-Ende bei der TSG Hoffenheim, als bei 1:0-Führung zahlreiche Konter verdaddelt wurden und durch ärgerliche Unkonzentriertheiten noch zwei Gegentore fielen. „Wir alle waren angesäuert nach dem Spiel“, erzählt Akanji. „Wir wussten, wir hätten es locker für uns entscheiden können. Wir haben die Konter nicht gut ausgespielt haben, den freien Mann übersehen oder falsche Entscheidungen getroffen. Das hat uns ziemlich genervt.“

Neue Stabilität dank Umstellung auf Dreierkette

So wurde der gute Eindruck der zurückliegenden Wochen deutlich getrübt. Denn in neuer Formation mit einer Dreierkette in der Abwehr hatten sich der BVB als Ganzes und auch Akanji als Einzelner deutlich stabilisiert. „Wir haben uns in diesem System sehr wohlgefühlt und bessere Leistungen gezeigt als zuvor“, sagt er selbst.

Dabei war während der Saison wegen der ganzen Spiele kam Zeit, die neue Spielweise systematisch einzustudieren – das wird nun in Marbella nachgeholt. „Das Ziel des Trainers ist, dass wie darin geübter werden“, erklärt der Innenverteidiger. „So können wir darin Sicherheit gewinnen.“

Denn in der Rückrunde will Akanji ja wie alle Dortmunder deutlich öfter zeigen, was er alles kann.