Essen. . Soll BVB-Profi Hummels wieder zur Nationalelf? Ja: Es ist Löws Pflicht, Hummels anzurufen. Nein: Löw wird so ungläubwürdig. Ein Pro & Contra.
Der Schmerzensschrei von Niklas Süle löste nicht nur bei den Bayern sofort schlimmste Befürchtungen aus - auch für Joachim Löw waren die Bilder alarmierend. Der langfristige Ausfall des Abwehrchefs trifft den Bundestrainer acht Monate vor der Fußball-EM noch heftiger als den deutschen Rekordmeister.
Sollte deswegen nun Borussia Dortmunds Verteidiger Mats Hummels wieder zur Nationalmannschaft zurückkehren?
Ja! Es ist Löws Pflicht, Hummels anzurufen, meint Martin Herms
"Es gibt jetzt keine Veranlassung, den Mats zu nominieren", hatte Bundestrainer Joachim Löw vor den vergangenen beiden Länderspielen zu einem möglichen Hummels-Comeback gesagt. Diese gibt es nun. Niklas Süle, der aktuell wohl beste deutsche Innenverteidiger, wird lange ausfallen. Möglicherweise auch für die EM.
Schon mit Süle hat die junge deutsche Defensive gewackelt. Gegen die Niederlande wurden ihr die Grenzen aufgezeigt. Matthias Ginter, Antonio Rüdiger und Jonathan Tah haben noch nicht den Nachweis erbringen können, dass sie auf konstant hohem Niveau spielen können. Für Niklas Stark oder Robin Koch kommt eine wichtige Rolle bei einem großen Turnier zu früh.
Mats Hummels ist kein Fußball-Rentner. Der BVB-Verteidiger ist 30 Jahre alt. Gegen den FC Barcelona hat er bewiesen, dass er nach wie vor Weltklasse-Leistungen bringen kann. Nach dem Süle-Ausfall ist Hummels in Normalform der beste deutsche Innenverteidiger. Von seiner Erfahrung, seinen Führungsqualitäten und vor allem von seinem überragenden Spielaufbau würde die junge deutsche Mannschaft profitieren. Schnelle Nebenleute könnten seine Geschwindigkeitsdefizite kompensieren.
Anders als Jerome Boateng, der den Eindruck erweckt, als habe er sowohl mit den Bayern als auch mit dem DFB-Team abgeschlossen, scheint sich Hummels noch ein letztes Mal beweisen zu wollen. Löw und Hummels sollten deswegen so schnell wie möglich das Gespräch suchen. Löw muss eine junge Mannschaft aufbauen, er muss allerdings auch dafür sorgen, dass Deutschland mit der bestmöglichen Mannschaft bei großen Turnieren antritt. Das ist seine Pflicht als Bundestrainer. Dazu gehört demnach auch, dass er Mats Hummels anruft.
Nein! Löw würde sich unglaubwürdig machen, meint Marian Laske
Zunächst einmal sollte man Niklas Süle eine schnelle Genesung wünschen. Der 24-Jährige hat sich durch bedingungslosen Einsatz zum wichtigsten deutschen Verteidiger hochgearbeitet. Nun ist sein Kreuzband gerissen. Eine Verletzung wie ein Aktenvernichter, die jeden Karriereplan in Fetzen zerreißt. Süle droht sogar, die EM im Sommer 2020 zu verpassen.
Und dadurch stellt sich automatisch die Frage, ob Bundestrainer Joachim Löw nun nicht zum Telefonhörer greifen und den Dortmunder Mats Hummels anrufen sollte, um ihn wieder zur Nationalmannschaft einzuladen? Klare Antwort: Nein.
Denn Löws Ausbootung von Hummels (und von Thomas Müller und Jerome Boateng) hatte nie nur sportliche Gründe. Sie sollte ein Zeichen sein an die Nachrücker, die nächste Generation. Löw will eine neue Elf formen, die in ein paar Jahren wieder um Titel spielen kann, davor aber stolpern darf.
Natürlich kann eine Verletzung einen Plan jederzeit umgrätschen. Wenn Löw nun aber bei den ersten Widrigkeiten bereits umfällt, Hummels wieder einlädt, würde er den möglichen Süle-Vertretern Jonathan Tah, Antonio Rüdiger, Niklas Stark und Matthias Ginter zeigen, dass er ihn doch nicht wirklich vertraut. Der langfristige Schaden wäre immens, auch wenn Hummels kurzfristig sicher helfen könnte. Löw würde unglaubwürdig werden.
Über den Erneuerungsplan des Bundestrainers lässt sich streiten. Da Löw den Weg aber bereits eingeschlagen hat, gibt es kein Zurück mehr.