Freiburg. Wieder verschenkt Borussia Dortmund eine Führung und den Sieg. Nach dem Spiel in Freiburg gibt es Selbstkritik – und Ratlosigkeit.

Es dämmerte schon leicht, der Wind pfiff, die dicken Regenwolken hingen in den Bergen des Schwarzwaldes. Was viele Menschen am Samstagabend allerdings nicht daran hinderte, am Stadion des SC Freiburg auszuharren, bis die Profis von Borussia Dortmund nach und nach in die kühle Luft traten, um kurze Zeit später unter dem Gekreische der Fans im Mannschaftsbus zu verschwinden.

Auch Marco Reus hörte den Lärm der Anhänger, während er selbst im Innern des Stadions relativ ruhig versuchte, den weiteren Rückschlag seiner Mannschaft zu erklären. An dem er selbst genügend Anteil hatte, weil der Kapitän in Freiburg von seiner Höchstform so weit entfernt war wie die Fans draußen von einem Sitzplatz im Mannschaftsbus. „Das ist zu wenig“, erklärte der 30-Jährige. „Ich habe das Gefühl, dass uns eine Führung nicht das Vertrauen gibt wie normalerweise.“

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Denn das Kräfteverhältnis beider Klubs verdeutlichte sich nur neben dem Stadion. Dort wurden die BVB-Spieler wie Popstars gefeiert, die Freiburger schlenderten hingegen in ihrer Heimat fast unbemerkt nach Hause. Auf dem Platz aber war nichts zu sehen von den unterschiedlichen Ansprüchen der Vereine.

Tolles Führungstor von Axel Witsel

Der BVB ging beim 2:2 (1:0) gegen den Außenseiter zwar durch eine wunderbare Direktabnahme von Axel Witsel (20.) und ein beherztes Solo von Achraf Hakimi (67.) zweimal in Führung. Doch erst glich Freiburgs Luca Waldschmidt aus (65.). Dann behinderten sich kurz vor Schluss Roman Bürki und Manuel Akanji gegenseitig, ehe der Ball von Akanjis Schienbein ins eigene Tor trudelte (90.). Die Folge: schwarz-gelber Frust.

In der Kabine sei es lauter geworden, berichtete Sebastian Kehl, Leiter der Lizenzspielerabteilung. Denn wieder schaffte es die Mannschaft nicht, eine Partie zu kontrollieren, zu dominieren. Wieder wirkte der Gegner williger, griffiger. Die Fortschritte unter Trainer Lucien Favre? Derzeit nicht zu sehen. Es war das dritte Unentschieden in Serie. Wer den Taschenrechner anwirft, wird nun einerseits feststellen, dass die Dortmunder trotzdem nur zwei Punkte hinter dem FC Bayern liegen. Andererseits hat der BVB die Schwächephase des Rekordmeisters nicht genutzt, um sich vor die Münchener zu schieben. Der Rückstand auf Tabellenführer Gladbach beträgt zudem schon vier Zähler.

Nach der Länderspielpause wird dies der nächste Gegner sein. Dann geht es in der Champions League zu Inter Mailand. Es folgt das Derby auf Schalke. „Wir haben jetzt stärkere Gegner vor der Brust“, erklärte Reus. „Davor müssen wir die Köpfe freikriegen.“

Reus und Brandt zum Nationalteam

Er selbst kann dies bei der Nationalmannschaft versuchen. Gemeinsam mit Julian Brandt gehört Reus zum DFB-Aufgebot, wenn Deutschland am Mittwoch (20.45 Uhr/RTL) gegen Argentinien ausgerechnet in Dortmund antritt, obwohl beide momentan nicht durch ein Leistungshoch glänzen. Vor allem Reus wird zum Sinnbild für die Probleme in der BVB-Offensive. Mal spielt er Bälle ins Nichts. Mal verdribbelt er sich. Mal läuft er falsch. Oft aber taucht er ab, lamentiert er, hadert er.

„Wir hätten mit ein bisschen mehr Ballsicherheit den Sieg mitgenommen“, meinte Mats Hummels. „Das sind die Sachen, die uns momentan von einem Spitzenteam unterscheiden. Wir müssen klüger sein, die Bälle besser halten. Wir müssen manchmal mehr dagegenhalten.“ Brandt ergänzte: „Wir waren zu schlampig.“

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Im Grunde wird der selbst ernannte Titelkandidat in der Defensive nicht stabiler – und in der Offensive schwächer.

Womit man zwangsläufig bei Trainer Lucien Favre landet. Sportdirektor Michael Zorc schützt den 61-Jährigen. „Wir führen keine Trainerdiskussion“, erklärt Zorc im Gespräch mit dieser Redaktion. Er sagt aber auch: „Ich bin enttäuscht. Wir treten auf der Stelle. Wir bringen unsere Leistung nicht auf den Platz, begehen ähnliche Fehler.“

BVB in der Länderspielpause "die Hände gebunden"

Mit der aktuellen Leistung könne man nicht um den Titel mitspielen. „Das Problem ist, dass jetzt in der Länderspielpause 90 Prozent der Spieler weg sind. Da sind uns die Hände gebunden“, meint Michael Zorc.

Die kommende Woche dürfte trotzdem so ungemütlich wie das Freiburger Wetter werden.