München. Im Kampf um die Meisterschaft hat der FC Bayern München die Muskeln spielen lassen. Vor allem in Halbzeit eins zeigte sich der BVB desolat.
Marco Reus hob beide Arme und ließ sie dann wieder schlaff herabsinken. Resignativ sah das aus und fast ein bisschen hilflos. Eben hatte Borussia Dortmund eine seiner wenigen Kontergelegenheiten recht tölpelhaft liegenlassen, indem der im Abseits stehende Reus angespielt wurde. Nicht, dass es noch groß etwas geändert hatte, der BVB lag beim FC Bayern München schon 0:4 zurück, am Ende hieß es 0:5 (0:4) aus BVB-Sicht – doch die Szene war durchaus sinnbildlich für diesen Samstagnachmittag: Den Dortmundern gelang kaum etwas – was auch mit Reus zu tun hatte. Die Bayern dagegen zeigten eine regelrechte Machtdemonstration, stürmten auf furiose Art und Weise zurück an die Tabellenspitze – und beim BVB muss man nun hoffen, dieses Spiel möglichst schnell aus den Köpfen zu kriegen.
Piszczek in der Startelf, Reus im Sturm
Es begann bereits mit einer rätselhaften Aufstellung: Dass Lukasz Piszczek und Abdou Diallo nach überstandenen Verletzungen wieder spielten, entsprach noch einigermaßen den Erwartungen. Dass aber Mario Götze auf der Bank saß, obwohl Mittelstürmer Paco Alcácer die Reise nach München wegen einer Verletzung am Arm gar nicht erst angetreten hatte, verblüffte dann doch. Statt seiner lief Mahmoud Dahoud in der Startelf auf, Kapitän Reus rückte ins Sturmzentrum. Trainer Lucien Favre setzte also auf Tempo, auf schnelle Konter – doch das ging nur ein einziges Mal ansatzweise auf: Reus und Jacob Bruun Larsen kombinierten sich über den linken Flügel nach vorne, Reus legte zurück auf Dahoud, der von der Strafraumgrenze den Pfosten traf (6.).
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Es sollte das einzige Mal bleiben, dass die Dortmunder Angreifer ihre Schnelligkeitsvorteile gegen die Münchener Innenverteidiger ausspielen konnten, Favres Plan ging dieses Mal vollkommen schief: Reus war in der Spitze nahezu komplett abgemeldet, fehlte als Ideengeber im Mittelfeld. Dahoud gelang wenig, womit er allerdings kaum negativ auffiel. An diesem Abend spielte nur der FC Bayern. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, Sportdirektor Michael Zorc, Trainer Lucien Favre – sie alle hatten vor diesem Spiel einen mutigen Auftritt gefordert. Doch die Dortmunder traten nicht auf wie ein Tabellenführer, sondern wie ein Abstiegskandidat, der hofft, die Niederlage irgendwie in Grenzen zu halten. Wie das Kaninchen erstarrten sie vor der Schlange. Es fehlte an Überzeugung, im Spiel nach vorne ebenso wie in der Arbeit gegen den Ball. Die Bayern konnten in Seelenruhe hinten herauskombinieren, den Ball irgendwann zu ihren schnellen Flügelspringern bringen und setzten sich permanent um den Dortmunder Strafraum fest.
Schon in der ersten Minute köpfte Mats Hummels nach einem Thiago-Eckball knapp vorbei, neun Minuten später durfte er noch einmal und brachte den Ball aus fast identischer Position am kurzen Pfosten im langen Eck unter (10.).
Bayern geht mit 4:0 in die Kabine
Die Dortmunder waren sichtlich von der Rolle, allen voran Dan-Axel Zagadou: Als letzter Mann spielte er den Ball in den Fuß des lauernden Robert Lewandowski, der Roman Bürki überlupfte und per Seitfallzieher aus 20 Metern zum 2:0 vollendete (17.) – es war sein 200. Bundesligator. Und wäre da nicht Bürki gewesen, der polnische Mittelstürmer hätte schon in der ersten Halbzeit einen Dreierpack beisammen gehabt. Doch der BVB-Torhüter hielt mehrmals stark gegen den Ex-Dortmunder (18./38.) und auch gegen den zweiten früheren BVB-Profi Mats Hummels (31.), der zudem einmal vorbeiköpfte (39.). Doch auch Bürki konnte nicht verhindern, dass sich schon zur Halbzeitpause ein Debakel abzeichnete: Thiago führte einen Freistoß blitzschnell aus, gegen den freistehenden Thomas Müller parierte Bürki noch – war dann aber machtlos, als Javi Martinez den Abpraller ins Tor zimmerte (41.). Und es kam noch schlimmer: Wieder spielten sich die Hausherren gemächlich vom eigenen Tor nach vorne, am Ende ließ Abdou Diallo Müller flanken, Serge Gnabry entwischte im Rücken von Manuel Akanji und köpfte zum 4:0 ein (43.).
Favre reagierte zur Pause, brachte Julian Weigl für den völlig indisponierten Zagadou. Am Spiel änderte das wenig: Die Bayern ließen es nun zwar deutlich ruhiger angehen – wirkten aber stets gefährlich, wenn sie mal das Tempo anzogen. Die BVB-Spieler kamen dann und wann mal über die Mittellinie, versuchten ein paar Konter, die aber schlampig ausgespielt wurden und in Fehlpässen oder Abseitspositionen versiegten.
Lewandowski markiert den Endstand
Favre brachte noch Mario Götze für Dahoud und Marius Wolf für Piszczek, ansonsten plätscherte die Partie ihrem Ende entgegen. Die Bayern verwalteten das Spiel souverän seinem Ende entgegen – und legten kurz vor Schluss noch einmal nach: Gnabry lief auf der rechten Seite wieder einmal davon und legte quer auf Lewandowski, der nur noch einschieben musste (89.).
Die Dortmunder waren nie auch nur ansatzweise auf Augenhöhe – und müssen nun hoffen, diese Abreibung möglichst schnell aus den Köpfen zu bekommen.