Dortmund. In letzter Sekunde erzielte Hertha BSC das 2:2 (1:1) im Spiel bei Borussia Dortmund. Eiskalte Effizienz zeichnete bisher eigentlich den BVB aus.
Es fühlte sich an, als hätte es ein treuer Wegbegleiter der vergangenen Wochen am Samstagnachmittag nicht mehr rechtzeitig nach Dortmund geschafft. Dorthin, wo die Fußballer der ortsansässigen Borussia die Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga belegen. Und zwar mit einem Fußball, der mit den errungenen Ergebnissen nicht immer mithalten konnte. Eiskalte Effizienz zeichnete diesen BVB aus, wo auch immer er bislang in dieser Saison auftauchte. Zur Not machte er spät und glücklich seine Tore.
BVB-Kapitän Reus: "Wir müssen nicht immer vier oder fünf Tore schießen"
Doch beim 2:2 (1:1) im Heimspiel gegen Hertha BSC ist plötzlich alles anders: feiner Fußball, dem das Ergebnis fehlt, weil in letzter Sekunde der Gegner traf. „Wir haben am Ende etwas naiv gespielt“, monierte Kapitän Marco Reus und ordnete an: „Wir müssen einfach cleverer sein und sagen: Ein 2:1 ist auch in Ordnung, dafür gibt es auch drei Punkte. Wir müssen nicht immer vier oder fünf Tore schießen.“
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Der BVB bleibt auch im 13. Pflichtspiel der Saison ungeschlagen, büßte aber zwei Punkte auf den siegreichen Verfolger Bayern München ein. Auf den Dortmunder Rausch in der Champions League am Mittwoch (4:0 gegen Atletico Madrid) folgte nun ein unnötiger Dämpfer im Liga-Alltag. Trainer Lucien Favre rang dies aber kaum eine negative Emotion ab. „Ich finde, dass wir sehr gut gespielt haben“, sagte der BVB-Trainer.
Dies ließ sich kaum widerlegen. Die Borussia kombinierte schnell und gefährlich. Die erste Großchance durch Jadon Sancho, der für Christian Pulisic in die Startformation gerückt war, vereitelte der Herthaner Karim Rekik für seinen bereits geschlagenen Torhüter Rune Jarstein (4. Minute). Kurze Zeit später traf Sancho ästhetisch anspruchsvoll mit der Hacke ins Tor, doch der Video-Schiedsrichter annullierte den feinen Treffer wegen einer Abseitsstellung von Vorlagengeber Marco Reus (18.). „Ich weiß nicht, ob das okay ist“, erlaubte sich Favre leise Kritik an der sehr genauen Entscheidung, „das waren zwei Zentimeter“. Und dennoch gelang dem BVB alsbald die Führung: Der fein in die Tiefe geschickte Götze legte quer auf Sancho und der traf zum 1:0 (27.).
Doch schon in der ersten Halbzeit machten die Dortmunder ihre Bemühungen selbst zunichte. Ein Fehlpass von Mahmoud Dahoud im Mittelfeld führte zu einem Konter, den Salomon Kalou zum Ausgleich nutzte (41.).
Guerreiro und Bruun Larsen verpassten für den BVB die Entscheidung
Die zweite Hälfte entwickelte sich zu einer Kopie der ersten. Dortmund dominierte und spielte sich Chancen heraus. Achraf Hakimi – offensiv stark, aber defensiv etwas sorglos – tauchte frei vor dem Berliner Tor auf, setzte den Ball aber ans Außennetz (58.). Als Vorlagengeber aber war ihm mehr Glück beschieden: Seinen Pass in den Strafraum verpasste Reus knapp, was aber die halbe Hertha-Abwehr inklusive Torwart Rune Jarstein so verwirrte, dass Jadon Sancho völlig unbehelligt mit Ball vor dem leeren Tor auftauchte. 2:1 in der 61. Minute. In den vergangenen fünf Bundesligaspielen war Sancho damit an acht Treffern direkt beteiligt (vier Treffer und vier Vorlagen).
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Der BVB spielte weiter nach vorn, was Reus offenbar störte, aber fast die Entscheidung brachte. Der erstmals in dieser Saison von Beginn an aufgebotene Raphael Guerreiro lief allein auf Jarstein zu, scheiterte aber am Torwart (78.). Und der eingewechselte Jacob Bruun Larsen setzte seinen Versuch nach Reus-Querpass töricht neben das Tor (86.).
Versäumnisse, die spät bestraft wurden – erneut unter schwarz-gelber Hilfe. Denn Innenverteidiger Dan-Axel Zagadou hatte den Zweikampf gegen Davie Selke im Strafraum eigentlich schon gewonnen, als er den Ball doch wieder abgab. Ein Ziehen, ein Straucheln – Elfmeter. Kalou verwandelte in der Nachspielzeit. „Wir hatten zwei, dreimal die Möglichkeit, das 3:1 zu machen. Und dann machen wir hinten einen kleinen Fehler“, haderte Favre später.
Sein Gegenüber Pal Dardai hatte gegen königklassengeschwächte Dortmunder genau auf ein solches spätes Szenario gehofft. „Wenn Dortmund das 3:1 nicht macht“, sagt er, „dann nehmen wir das Geschenk an.“