Dortmund. Nach 259 Tagen steht der Borusse beim 2:0 über Hamburg wieder auf dem Platz. Doch die große Leichtigkeit vermochte auch er nicht wiederzubringen.
Ein Tor hatte er nicht geschossen. Er hatte auch keinen der beiden Treffer, die zum 2:0 (0:0)-Sieg von Borussia Dortmund gegen den Hamburger SV führten, vorgelegt. Aber das war ihm nicht das Wichtigste und vermutlich auch vielen anderen nicht. Schließlich zählte eigentlich nur, dass er wieder da war, dieser Marco Reus. „Als Fußballer ist es brutal, wenn du acht Monate lang raus bist. Es war ein schönes Gefühl, wieder hierher zu kommen, im Stadion zu sein, bei der Mannschaft zu sein. Das habe ich ehrlich gesagt am meisten vermisst. Die Kabine, diese Atmosphäre zu spüren“, sagte der 28-Jährige, der im Mai einen Kreuzbandteilriss erlitten hatte und nun erstmals auf den Bundesliga-Rasen zurückkehrte: „Ich bin sehr glücklich und freue mich, dass es heute geklappt hat.“
Trainer Peter Stöger beorderte Reus direkt in die Startformation. Der Spieler selbst signalisierte, dass es ginge, dass er wolle. „Ich war im engen Austausch mit dem Trainer. Die vergangene Woche habe ich normal trainiert, dann war klar, dass ich spielen kann und auch will. Es ist immer schwerer, nach einer so langen Verletzung von der Bank zu kommen“, sagte Reus. 70 Minuten lang hielt er durch. „Ich habe mich noch ziemlich gut gefühlt, aber man soll ja nicht übertreiben“, lachte Reus, dem die Menschen bei seiner Auswechslung ausdauernd applaudierten. Gelungene Rückkehr.
Beste Chance durch Schürrle
Der Nationalspieler belebte die Dortmunder Offensive fraglos, er machte das Spiel schneller, zielstrebiger, aber die große Leichtigkeit vermochte auch die Rückkehr des größten Stars nicht zu verbreiten. Der BVB tat sich gegen die engen Linien des Tabellenvorletzten sehr schwer, klare Chancen herauszuspielen. Die beste in der ersten Halbzeit hatte André Schürrle nach Reus-Vorlage schon in der ersten Minute. Zur Halbzeit hätte der sporadisch gefährliche HSV durchaus führen können, was aber in einem Duell zweier schwacher Mannschaften auch nicht wirklich verdient gewesen wäre. „Es ist mir wichtig, dass wir nicht nur das Negative sehen. Wir haben gewonnen. Klar können wir noch besser spielen. Aber sowas braucht Zeit. Wir können uns oben in der Tabelle festsetzen“, urteilt Reus. Mit dem Sieg klettert der BVB auf den dritten Tabellenplatz hinter Bayern München und RB Leipzig.
Dass es soweit kam, lag an einer zweiten Halbzeit, in der neben Reus auch ein wenig Fortune zurückkehrte. Ein Schuss-Versuch von Christian Pulisic geriet unfreiwillig zur Vorlage für Michy Batshuayi, der den Ball am Fünfmeterraum über die Linie drückte (47.). Es war der dritte Treffer der winterlichen Leihgabe des FC Chelsea im erst zweiten Spiel. Eine beachtliche Quote, die ihm Anlass genug schien als Jubel einen Handstand-Überschlag mit anschließendem Salto zu turnen.
Doch die Führung gab dem BVB nicht die erhoffe Sicherheit. Der HSV versuchte sich mit seinen begrenzten Mitteln am Ausgleich, brachte Schwarz-Gelb auch tatsächlich dann und wann in die Bredouille, ohne aber wirklich zwingend zu werden. Seit nun neun Spielen wartet Hamburg auf einen Bundesliga-Sieg, während der BVB unter Peter Stöger auch nach sieben Spielen noch immer ungeschlagen ist. Amtlich machte dies der Treffer des eingewechselten Mario Götze Sekunden vor dem Abpfiff. Fein freigespielt von Schürrle lupfte der Mittelfeldspieler den Ball über Torwart Christian Mathenia hinweg ins Tor. 2:0. Endresultat. Zufriedenheit.
Endlich wieder vor der Südtribüne
Reus feierte mit den Kollegen vor der Südtribüne. Ein Sehnsuchtsmoment für einen, der schon so viele Rückschläge hat verkraften müssen, den schwere Verletzungen einige Höhepunkte seiner Karriere kosteten. Die WM 2014. Die EM 2016. „Du versuchst natürlich, auf einem Topniveau zurückzukommen. Mit mehreren Verletzungen und fortschreitendem Alter wird es nicht leichter. Aber ich bin immer positiv. Ich denke, das ist wichtig für den Kopf“, sagte Reus.