Dortmund. . Vor dem Derby gegen Schalke 04 gibt sich Borussia Dortmunds Trainer gelassen. Doch auch er weiß: Bei einer weiteren Niederlage wird die Luft für ihn sehr dünn.
Mit dem Wort hat Peter Bosz noch leichte Probleme. „Revierenderby“ nennt der Trainer von Borussia Dortmund die Partie, die am Samstag gegen Schalke 04 ansteht (15.30 Uhr/Sky) – und auf die er sich tierisch freut: „Derbys sind immer etwas Besonderes, das habe ich in jedem Land erlebt, in dem ich gespielt habe und Trainer war“, sagt er. „Auch wenn es mein erstes Revierenderby ist, kann ich mich wirklich darauf freuen – schon in Holland haben immer alle von diesem Spiel gesprochen.“
Für Bosz allerdings ist sein erstes Revierderby nicht nur deshalb ein Besonderes – es könnte auch sein letztes sein.
Denn die sportliche Bilanz der zurückliegenden Wochen ist desaströs: Von den vergangenen neun Pflichtspielen wurde nur eins gewonnen, von Tabellenplatz eins rutschte der BVB ab auf Rang fünf. „Es ist normal, dass Kritik da ist“, sagt Bosz selbst. „Wir gewinnen nicht, da ist das normal und logisch.“ Nicht nur die Ergebnisse sprechen gegen den Niederländer, sondern auch die Art und Weise, wie sie zustande kamen: Zu eklatanten Defensivschwächen gesellte sich offensive Harmlosigkeit, nach Rückschlägen fiel die Mannschaft völlig in sich zusammen. Und aus der Klubführung springt längst niemand mehr dem angeschlagenen Trainer öffentlich zur Seite. Sollte auch das Spiel gegen Schalke verloren werden, stünde Bosz nach nicht einmal einem halben Jahr vor dem Aus.
Keine Angst bei Bosz
Angst davor hat er nicht, sagt Bosz: „Ich bin Fußballtrainer, ich weiß, dass das passieren kann“, sagt er. „Auch sehr große Trainer haben in der Vergangenheit schon ihren Job verloren.“ Gelassen, ruhig und freundlich beantwortet der 54-Jährige auch bohrende Fragen zu seiner Zukunft. Sollte er wegen der Krise gereizt sein, lässt er sich das nicht anmerken. Auch deswegen findet sich beim BVB niemand, der etwas Schlechtes über die Person Bosz sagen würde, der Trainer ist beliebt bei den meisten Spielern und Klubangestellten.
Seine umgängliche Art war ja ein Grund, warum er im Sommer geholt wurde. Nach dem menschlich komplizierten Thomas Tuchel wollten die Bosse einen Trainer, der den Klub wieder befriedet. Das gelang Bosz im Rekordtempo, weil er sich offen auf seinen Arbeitgeber einließ, nicht alles über den Haufen warf. Bei einem großen und erfolgreichen Klub wie dem BVB müsse man sich erst einmal die Abläufe anschauen – und dann entscheiden, was man beibehalte, erklärte er damals.
Champions-League-Qualifikation gerät in Gefahr
Vor allem aber muss man sportlichen Erfolg garantieren. Das erste Saisonziel, das Weiterkommen in der Champions League, hat Bosz bereits verfehlt. Das zweite, die erneute Qualifikation für die Königsklasse, gerät zusehends in Gefahr.
Nun wird es zum Vorwurf, dass Bosz an Gewohntem festhält. Dass er Spielsystem und Abläufe nicht hinreichend ändert, obwohl die Gegner den BVB seit Wochen mit einfachsten Mitteln besiegen. Dass er auf Spielverläufe nicht adäquat reagiert, auf Umstellungen der Gegner keine Antworten findet.
Auch seine Personalführung war zuletzt nicht glücklich: Top-Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang ließ er lange vieles durchgehen, dann suspendierte er den Stürmer vor dem Spiel beim VfB Stuttgart. Der reagierte merklich verstimmt – und das, wo noch immer vieles von seiner Form und seiner Laune abhängt: „Die Mannschaft braucht einen guten Auba“, weiß Bosz.
Vertrackte Nachfolger-Frage
Er selbst braucht einen Erfolg im Derby, sonst könnte ihn allenfalls noch die vertrackte Frage nach einem geeigneten Nachfolger retten. Von den Medien ins Spiel gebrachte Kandidaten wie Matthias Sammer und Ottmar Hitzfeld haben abgewunken. Kandidaten aus den eigenen Reihen gibt es kaum, seit in Sven Mislintat, Daniel Farke und Hannes Wolf drei ausgebildete Fußballlehrer gingen. Es bleibt Jan Siewert, Trainer der U23. Der wurde einst bei Rot-Weiss Essen vom Hof gejagt, weil er den Sturz in Richtung Tabellenkeller der Regionalliga nicht aufhalten konnte.