Essen. An Donnerstag treffen sich Fanvertreter mit Funktionären von DFB und DFL. Auch die Vereine sind eingeladen. Die Gräben sind allerdings tief.
Das riesengroße Banner an der Dortmunder Südtribüne war nicht zu übersehen, als die Spieler von Borussia Dortmund und dem FC Bayern München am Samstag den Rasen betraten (Endstand 1:3). „09.11 – Zeit für Veränderungen“, stand darauf in schwarzer Schrift auf gelbem Grund. Die Dortmunder Fans machten damit auf ein Treffen aufmerksam, das an diesem Donnerstag stattfindet und es in dieser Konstellation noch nicht gegeben hat.
In Frankfurt setzen sich Fanvertreter der deutschen Ultragruppierungen mit dem Deutschen Fußball-Bund und der Deutschen Fußball-Liga zusammen - auch die Vereine der ersten bis vierten Liga sind eingeladen. Es sollen Standpunkte ausgetauscht und im Idealfall ein Weg gefunden werden, den tiefen Graben zwischen den Verbänden und den Ultras wieder etwas zuzuschütten. Das Dortmunder Bündnis Südtribüne, das sich neben den großen Ultragruppen The Unity, Desperados und Jubos auch aus vielen Fanclubs und Einzelpersonen zusammensetzt, bezeichnet das Treffen als „richtungsweisend“, als „eine der letzten Chancen“, Änderungen zu erreichen.
Genug Gesprächsbedarf
Gesprächsbedarf gibt es genug: Der Auftritt der Schlagersängerin Helene Fischer beim Pokalfinale in Berlin zwischen Dortmund und Frankfurt; der Plan des DFB, die chinesische U20-Auswahl in die Regionalliga einzuspeisen; die geänderten Anstoßzeiten in der Bundesliga. „Die Zerstückelung der Spieltage muss ein Ende haben“, fordern etwa die Ultras Dynamo. Das Montagsspiel müsste abgeschafft, Spielpläne fanfreundlicher werden, statt sich an den TV-Sendeplätzen zu orientieren.
Schon vor diesem Jahr ist die Zusammenarbeit zwischen DFB und der Fanszene von Tiefschlägen gezeichnet. 2011 stellten DFB und DFL eine Lockerung des Pyro-Verbots in Aussicht. Die Fans zeigten sich euphorisch, doch dann ruderte der Verband zurück: Eine Legalisierung komme nicht in Frage, wurde kurzum in einer Pressemitteilung verkündet. Die Fans fühlten sich genarrt.
Richtlinienpapier zu Fanutensilien
2014 schoss der DFB aus Sicht der Fans den nächsten Bock: Verband und Fans erarbeiteten ein Richtlinienpapier zu Fanutensilien – was darf ins Stadion mitgenommen, welche Trommeln sollen erlaubt werden? Kurz danach bezeichnete der DFB-Sicherheitsbeauftragte Hendrik Große Lefert den Inhalt als „verfälscht“. Das Papier verschwand in der Schublade.
Für die breite Öffentlichkeit wurde der Konflikt vor allem durch die aufsehen erregende „Kriegserklärung“ der Fans von Dynamo Dresden im Mai an den DFB sichtbar, damals marschierten Dynamo-Fans in Militärkleidung beim Karlsruher SC auf. Seitdem hallen durch die deutschen Stadien immer wieder wenig schmeichelhafte Sprechchöre in Richtung DFB.
Im August empfahl DFB-Präsident Reinhard Grindel wohl auch deswegen, die Kollektiv-Strafen abzuschaffen. Gleichzeitig solle der Dialog wieder aufgenommen werden. Ein Friedensangebot? Die Fanszene reagierte mit Misstrauen, zu viel war passiert - oder besser gesagt zu wenig.
Konkrete Ergebnisse: erstmal Fehlanzeige
Ende Juli kam es zu einem Treffen zwischen DFB-Vizepräsident Rainer Koch, dem Sicherheitsbeauftagten Hendrik Große Lefert und etwa 50 Fan-Vertretern. Anfang September trafen sich in Erfurt Vertreter von etwa 50 Fanclubs und Spitzen aus 25 Fußballvereinen. Konkrete Ergebnisse: erstmal Fehlanzeige.
Was nun am Donnerstag bei dem Gespräch herumkommt? Die Fans wollen vor allem das Gefühl bekommen, dass ihre Anliegen ernst genommen werden. Sie sehen die Verbände in der Bringschuld. DFB und DFL werden das Rad der Kommerzialisierung aber sicher nicht zurückdrehen. Es wäre deswegen wohl schon ein Erfolg, wenn alle Seiten auch nach Donnerstag noch gesprächsbereit sind.