Dortmund. . Noch vor Borussia Dortmund verkündet der Trainer Thomas Tuchel via Twitter die Trennung. Sein Handeln erinnert an Vorgänge aus der Vergangenheit.
- Thomas Tuchel und der BVB haben sich getrennt
- Noch vor Borussia Dortmund verkündet der Trainer Thomas Tuchel via Twitter die Trennung
- Sein Handeln erinnert an Vorgänge aus der Vergangenheit
Die letzte Episode illustrierte noch einmal im Kleinen, was im Großen alles schiefgelaufen war in der Beziehung zwischen Borussia Dortmund und Trainer Thomas Tuchel. Im Hotel L’Arrivée, unweit der Stelle, wo vor sieben Wochen der Anschlag auf den BVB verübt worden war, trafen sich Tuchel und sein Berater Olaf Meinking am Dienstagmittag mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc.
Die Garderobe war lässig. Watzke trug sein weißes Hemd über der Hose, Tuchel kam im blauen Strickpullover und in Sneakern.
Doch das Thema war ernst: Wie erwartet eröffneten die BVB-Bosse ihrem Angestellten das Ende der Zusammenarbeit ein Jahr vor Vertragsende. Nach zwei Spielzeiten ist Tuchel nicht mehr BVB-Trainer. Mit Tuchel müssen auch seine Assistenten Arno Michels, Benjamin Weber und Rainer Schrey gehen, was den BVB insgesamt etwa 2,5 Millionen Euro Abfindung kostet.
Tuchel bestätigt per Twitter
Was folgte, war alles andere als gewöhnlich, auch nicht im aufgeregten Bundesliga-Geschäft. Nachdem sich die Runde nach 30 Minuten getrennt hatte, twitterte Tuchel kurz darauf um 12.49 Uhr: „Ich bin dankbar für zwei schöne, ereignisreiche und aufregende Jahre. Schade, dass es nicht weitergeht.“ Sein Konto beim Kurznachrichtendienst Twitter hatte er erst Stunden zuvor angelegt.
Eine gemeinsame Stellungnahme war jetzt nicht mehr möglich.
Seinen Klub erwischte der Trainer damit auf dem falschen Fuß, der musste nun hektisch eine eigene Stellungnahme erstellen, die um 13.20 Uhr veröffentlicht wurde. Tuchel hatte dem Klub die Kommunikationshoheit genommen.
Nicht zum ersten Mal. Tuchels Solo passte zu den vorangegangenen Monaten, in denen die Themen Kommunikation und Vertrauen eine zentrale Rolle spielten im zunehmend belasteten Verhältnis zwischen Trainer und Klub. Zunächst intern und dann öffentlich hatten sie immer seltener eine gemeinsame Sprache gesprochen.
„Es geht immer auch um grundlegende Werte wie Vertrauen, Respekt, Team- und Kommunikationsfähigkeit, um Authentizität und Identifikation“, erklärte Watzke in einem Offenen Brief auf der Vereinsseite – auch das eine ungewöhnliche Form der Kommunikation. „Es geht um Verlässlichkeit und Loyalität.“ Man habe „keine Grundlage mehr für eine auf Vertrauen ausgelegte und perspektivisch erfolgreiche Zusammenarbeit gesehen“. Die Trennung von Tuchel würden sämtliche Gremien des Klubs „einstimmig“ mittragen.
Bester Punkteschnitt aller BVB-Trainer
Und das, obwohl man eben erst gemeinsam den DFB-Pokal gewonnen und Tuchel von allen BVB-Trainern den besten Punkteschnitt vorzuweisen hatte. Doch der Erfolg konnte die Gräben im Klub längst nicht mehr zuschütten.
Er und Zorc hätten sich „in der Zusammenarbeit mit dem Trainerteam auch aufgerieben“, erklärte Watzke und beteuerte: „Mir ist wichtig, deutlich zu machen, dass es bei der Entscheidung nicht um die Frage ging, ob man ein Bier miteinander trinken oder Skat miteinander spielen kann. Wenn wir die Dinge derart banalisieren würden, wären wir verantwortungslose und schlechte Entscheider.“
Tatsächlich war Watzke zuletzt derjenige, der öffentlich am meisten mit Kritik am Trainer aufgefallen war. Intern aber rückte er erst später als andere vom umstrittenen Angestellten ab. Zwischen Zorc und Tuchel hatte es schon vorher oft gekracht. Seit Sommer 2016 war das Verhältnis zerrüttet.
In der Mannschaft fehlte Rückhalt
Watzke schwenkte erst nach dem Attentat auf die BVB-Mannschaft um: Gemeinsam mit der Uefa entschied er damals, das Champions-League-Spiel gegen den AS Monaco am folgenden Tag auszutragen – auch weil er keine wirkliche Alternative sah. Aus der Mannschaft gab es intern nur wenig Widerstand, aus dem Trainerteam keinen. Als Watzke dann nach der Partie die heftige öffentliche Kritik Tuchels am Spieltermin hörte, musste er sich persönlich angegriffen und hintergangen fühlen. Die Basis für eine weitere Zusammenarbeit bröckelte heftig.
Auch in der Mannschaft hatte Tuchel den Rückhalt der Führungsspieler verloren – was unter anderem die heftige Kritik von Kapitän Marcel Schmelzer nach dem Pokalfinale zeigte.
Trotz aller Probleme aber hat sich die BVB-Führung mit ihrer Entscheidung Druck aufgehalst: Die Nachfolge muss sitzen, der kommende Trainer muss sportlich den gleichen Erfolg wie Tuchel vorweisen. Mit Hochdruck arbeiten die Bosse nun an der Lösung – die vorzugsweise den Namen Lucien Favre tragen soll. Doch noch stellt sich dessen aktueller Arbeitgeber OGC Nizza quer.