Berlin/Dortmund. Marco Reus ist wohl am Kreuzband verletzt - aber nun hat er einen Titel. Der BVB-Star feierte mit seinem Freund Pierre-Emerick Aubameyang.
- Marco Reus ist am Kreuzband verletzt
- Aber nun hat er einen Titel
- Der BVB-Star feierte mit seinem Freund Pierre-Emerick Aubameyang
Da stand er nun im grauen Innenraum des Berliner Olympiastadions, der tragische Dortmunder Held, und wirkte geschafft von den Emotionen der vergangenen Stunden. Verletzt, ausgewechselt, auf der Bank gebannt das Finale verfolgt, dann die Erlösung: DFB-Pokalsieg. Marco Reus hat an dem für ihn so dramatischen Abend beim 2:1-Erfolg von Borussia Dortmund über Eintracht Frankfurt seinen ersten großen Titel gewonnen. Endlich. Eine Befreiung nach den vielen bitteren Niederlagen. Reus gilt nun nicht mehr als titelloser Hochbegabter.
Aber schon sein unrunder Gang zeigte, dass der 27-Jährige nicht nur die Medaille als Andenken mit nach Dortmund bringen wird, sondern auch eine Verletzung, die Auswirkungen auf die nächste Saison haben könnte. „Eine Diagnose steht noch aus“, sagte er am Sonntag, nachdem er in einem Dortmunder Krankenhaus untersucht worden war, auf Anfrage dieser Zeitung. Befürchtet wird eine (Teil-)Verletzung des Kreuzbandes. Er habe etwas im Knie gespürt, konnte nicht mehr sprinten und passen, hatte Reus am Samstag berichtet. Es könne „ein bisschen Kreuzband sein“, erklärte er.
Nach der Ankunft ins Krankenhaus
Schon nach der Ankunft in Dortmund fuhr er ins Krankenhaus. Mit Krücken bestieg er verspätet den Korso-Truck. Er weiß: Er wird wieder eine Zeit lang ausfallen. Die kommende Spielzeit, die mit der Weltmeisterschaft in Russland endet, droht wieder eine komplizierte zu werden. Wie so oft.
Schon im letzten Jahr verpasste Reus nach dem verlorenen Pokal-Endspiel gegen den FC Bayern (3:4 nach Elfmeterschießen) die EM, er fiel wegen einer Schambeinentzündung monatelang aus. Er opferte sich 2016 für den Titel und ging als Titelloser. Diesmal könnte er sich wieder schwer verletzt haben, aber die Strapazen haben sich sportlich gelohnt. Reus ist jetzt ein Titelhaber. „Es ist traumhaft. Ich bin froh, dass es geklappt hat. Es war ein langer Anlauf.“
Abschied ist denkbar
An dem traumhaften Titel hatte auch sein bester Kumpel in der Mannschaft einen großen Anteil: Pierre-Emerick Aubameyang. Der Gabuner verwandelte den Strafstoß zum 2:1-Endstand, rannte anschließend zu dem am Knie bandagierten Reus, umarmte ihn innig. „Es hat mir wehgetan, ihn so zu sehen. Er ist wie ein Bruder für mich“, erklärte Aubameyang am Sonntag. Die zwei Freunde konnten endlich einen Titel gemeinsam feiern – und taten dies im Berliner Nachtleben auch ausgiebig.
Ob es eine Abschiedsfeier war, steht noch nicht fest. Aber Aubameyang nutzte auch den Triumph nicht, um sich zu den Schwarz-Gelben zu bekennen. Als er als letzter Profi zum Dortmunder Bankett schlenderte, in der Hand den DFB-Pokal, sagte er nur: „Jetzt wird gefeiert.“ Am Sonntag erklärte er zu seiner Zukunft: „Wir werden sehen.“ Reus hingegen meinte: „Ich brauche nicht viele Titel, um glücklich zu sein.“ Das kann man als Bekenntnis zum BVB werten, denn der Verein wird auch in den kommenden Jahren um jeden Titel kämpfen müssen.
Nicht nur wegen der unterschiedlichen Aussagen wirken die beiden auf den ersten Blick verschieden. Auf der einen Seite Aubameyang, der extrovertierte Stürmer, der auch bei der BVB-Feier in Berlin ein Jackett mit silbernen Sternen trug. Auf der anderen Seite der etwas reserviertere Reus, der seine Tore nicht mit einem Salto oder einer Maske feiert. Außer er wird von Aubameyang dazu genötigt – wie beim 3:0-Derbysieg gegen den FC Schalke im Februar 2015, als beide verkleidet vor der Südtribüne jubelten.
Auf den zweiten Blick haben beide aber doch viele Gemeinsamkeiten. Intern kann Reus eine ähnliche Lockerheit wie Aubameyang an den Tag legen. Beide sind Führungsspieler. Beide werden von den Fans wie Popstars gehuldigt.
Und selbst wenn Aubameyang das Revier verlassen sollte, muss dies nicht für einen charakterlichen Unterschied sprechen. Reus lebt bereits in seiner Heimatstadt Dortmund, fühlt sich wohl. Aubameyang würde bei einem sehr wahrscheinlichen Wechsel zu Paris Saint-Germain in sein Geburtsland Frankreich zurückkehren. Er ginge in die Stadt, die er liebt. Reus würde das verstehen.
Als der BVB-Flieger landete, wirkte der Offensivspieler fitter als in den Katakomben des Olympiastadions. Gemeinsam mit Kapitän Marcel Schmelzer verließ er als Erster das Flugzeug. Weiße Hemden, braune Hosen und der goldene Pokal. Reus hatte eine kleine Kamera in der Hand. Er wollte die Erlebnisse des Triumphes festhalten. Der Dortmunder wirkte da alles andere als tragisch, sondern nur wie ein Held.