Baku/Dortmund. . André Schürrle stellt beim BVB die Vertrauensfrage. Sportdirektor Michael Zorc sieht „in der Offensive einen sehr großen Konkurrenzkampf“.

  • André Schürrle stellt beim BVB die Vertrauensfrage
  • Er will mehr spielen
  • Sportdirektor Michael Zorc sieht „in der Offensive einen sehr großen Konkurrenzkampf“

Ein bisschen gespannt ist André Schürrle schon auf diesen Moment, von dem eigentlich klar sein sollte, wie der abläuft. Was soll schon passieren, wenn der Trainer seinen Spieler wiedersieht, der für die Nationalmannschaft eben zwei Treffer erzielt und ein weiteres Tor schön vorbereitet hat? Ein anerkennender Schulterklopfer wäre gut denkbar. Oder ein aufrichtiges Lob, formuliert mit netten Worten. Oder auch die im Fußball verbreitete Frotzel-Variante: „Na, Schü. Zwei Dinger nur? Bisschen dünn, was?“

Hinter all dem würde ehrliche Anerkennung und Freude stecken. Der Nationalspieler Schürrle aber blickt dem noch ausstehenden Wiedersehen mit seinem Vorgesetzten bei Borussia Dortmund, Thomas Tuchel, nach dem 4:1-Sieg in der WM-Qualifikation in Aserbaidschan scheinbar vorsichtiger entgegen: „Mal gucken, ob er was sagt.“ Das könnte ein Spaß gewesen sein. Andererseits geht es in der Geschichte von André Schürrle gerade auch sehr viel darum, wer wann was gesagt oder getan hat. Oder eben nicht.

30 Millionen Euro oft auf der Bank

Der Offensivspieler steckt in einer angestrengten Situation bei seinem Verein. Der kaufte ihn im letzten Sommer für 30 Millionen Euro Ablöse dem VfL Wolfsburg ab. Rekord. Doch die damit einhergehenden Erwartungen hat der 26-Jährige bei weitem noch nicht erfüllt.

Meistens sitzt er in Dortmund auf der Bank. So oft, dass viele sich fragten, warum Schürrle trotzdem zur DFB-Elf eingeladen wurde. Das aber erklärte Joachim Löw gern: „Ich weiß schon, was manche für Möglichkeiten haben. Und wenn ich davon überzeugt bin, bin ich bereit, sie auch durch Situationen zu führen, in denen sie im Verein Probleme haben.“ Am Tag nach dem Lob des Bundestrainers stand Schürrle in der Startformation – und spielte wie aufgedreht. Da hatte jemand eine Botschaft zu senden.

„Der Bundestrainer schenkt mir Vertrauen und sagt das auch öffentlich“, meinte der Profi nach der Partie. Das klang wie ein zarter, aber vernehmbarer Hieb gegen Tuchel. Ein Schrei nach Liebe also?

Das Lob, die Tore, die Leistung – all das fühlte sich jedenfalls so schön und richtig an, dass Schürrle im Laufe seiner Ausführungen immer tieferen Einblick gab, wie all dies auf ihn gewirkt hatte: „tut gut“, „tut sehr gut“, „tut extrem gut“.

Seine Worte und seine Taten formierten sich zu einem Statement: Ich bin auch noch da. Ob es wenige Tage vor dem Derby bei Schalke 04 (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) ausreichend gut gehört wird?

„Wir haben in der Offensive einen sehr großen Konkurrenzkampf“, sagt BVB-Sportdirektor Michael Zorc. „Aber dem stellt sich André. Wir haben ihn ja nicht nur für ein halbes Jahr verpflichtet und hoffen, dass ihm die Tore weiteres Selbstvertrauen geben, damit er auch bei uns weiter angreift.“

Schürrles Sehnsucht nach Zuspruch

Die Lage in Dortmund ist verzwickt. Zuletzt verstellten Schürrle die brillanten Jungspunde Ousmane Dembélé (19) und Christian Pulisic (18) den Weg in die Mannschaft. Sofern er gesund ist, gilt Marco Reus als gesetzt. Daher hat Tuchel seinen Lieblingsschüler aus Mainzer Tagen zuletzt kurzerhand zum Ersatzmann von Pierre-Emerick Aubameyang erklärt. Eine undankbare Rolle: Der Torjäger spielt immer, trifft oft, ist nie verletzt.

Schürrle hat die Rolle angenommen – und wirbt jetzt für sich: Seine Leistungen beim BVB würden „zu negativ gesehen“, er habe seine Tore gemacht, wenn er von Anfang an spielte. „Wenn ich die Chance in Dortmund erhalte, dann der Knoten platzt und ich mehr Vertrauen bekomme, schauen wir mal, wie es läuft“, sagt er. „Und wenn nicht, dann müssen wir auch schauen.“

Bei der Frage, wer wann was gesagt hat, ist das womöglich auch ein wichtiger Satz.