Bremen. . Claudio Pizarro spielt mit Werder Bremen am Samstag gegen Borussia Dortmund. Hier verrät der älteste Bundesliga-Profi sein Fitness-Geheimnis.

Das Vormittagstraining von Werder Bremen ist beendet, Claudio Pizarro lässt sich noch ausgiebig massieren. Die Rückenmuskulatur hat ihn während der Winterpause geplagt, mit mittlerweile 38 Jahren ist körperliche Fitness zwangsläufig ein bedeutendes Thema für den Peruaner. Der älteste Profi der Bundesliga freut sich darüber, dass er pünktlich zum Wiederbeginn am Samstag gegen Borussia Dortmund wieder fit ist.

Was glauben Sie, wie die Kollegen in unserer Redaktion reagiert haben, als wir ihnen erzählt haben, dass wir zu einem Interview mit Ihnen verabredet sind?

Claudio Pizarro: Das ist für mich schwer einzuschätzen.

Die Reaktionen schwankten zwischen „klasse!“, „Super-Typ!“ und „Da wäre ich auch gerne dabei“.

Pizarro: Oh, sehr schön. Das freut mich natürlich.

Wie schafft man es, sich einen solchen Ruf zu erwerben? Sie sind bei Fans, Journalisten, Spielern und Trainern in ganz Deutschland beliebt.

Pizarro: (lacht) Hilfe! Keine Ahnung. Na ja, vielleicht ist es meine Ausstrahlung. Ich versuche immer, positiv zu sein. Und respektvoll, das ist auch wichtig.

Welche Rolle spielt die sportliche Leistung? Sie sind schon lange im Geschäft.

Pizarro: Für mich ist es fast immer gut gelaufen. Natürlich gab es zwischendurch auch mal schwierige Zeiten, aber die haben nie so lange angedauert wie die guten.

Sie haben das Durchschnittsalter eines Fußballprofis leicht überschritten...

Pizarro: Schön gesagt!

Was braucht man, um so lange auf so hohem Niveau bestehen zu können? Leben Sie bewusster? Haben Sie etwas verändert?

Pizarro: Wenn man seinen Sport so liebt wie ich und so lange wie möglich spielen will, dann passt man auch mehr auf. Ich muss einfach mehr auf mich auf achten als jüngere Spieler, der Körper reagiert anders als früher auf Belastungen. Ich habe deshalb die Ernährung umgestellt.

Was genau?

Pizarro: Ich war bei einem Spezialisten, der hat Tests mit mir gemacht und dabei herausgefunden, was für meinen Körper gut ist. Ich lasse jetzt einfach das eine oder andere weg. Ich esse zum Beispiele keine Produkte mehr mit Weizen, auch keine Kartoffeln. Dafür mehr Hülsenfrüchte und mehr Reis. Und mindestens dreimal in der Woche Fisch. Das habe ich allerdings schon immer getan, in Peru haben wir immer viel Fisch gegessen.

Sie haben denselben Ernährungsberater wie Lionel Messi.

Pizarro: Ja, den Kontakt hat Martin Demichelis hergestellt. Er hatte ihn mir schon früher empfohlen, als wir noch zusammen bei Bayern gespielt haben. Aber der Ernährungsexperte lebt in Italien, es war zeitlich schwer zu regeln. Nach der Copa America 2014 habe ich endlich mal einen Termin abmachen können.

Sie kommen gerade vom Training. Ist es komisch, wenn man plötzlich Trainer hat, denen man als Spieler das Du anbieten kann?

Pizarro: (lacht) Ich hätte nie gedacht, dass während meiner Karriere mal ein Trainer jünger sein würde als ich. Aber so es ist nun mal: Alexander Nouri musste wegen einer Verletzung aufhören, und ich bin noch da. Ein Problem ist das natürlich für uns beide nicht.

Sie haben zusammen mit Fußball-Schwergewichten wie Michael Ballack, Oliver Kahn, Frank Lampard oder John Terry gespielt. Heute treffen Sie in der Kabine auf eine komplett andere Spieler-Generation. Schauen die Jungs zu Ihnen auf, bitten sie um Rat?

Pizarro: Ja, das machen sie. Serge Gnabry zum Beispiel bittet mich oft um taktische Tipps und fragt, wie ich ihn sehe. Diese Rolle ist für mich auch ganz wichtig. Ich habe die Erfahrung, ich freue mich riesig, wenn ich einem wie ihm dabei helfen kann, Karriere zu machen. Aber Serge macht schon selbst vieles richtig: Er arbeitet nicht nur auf dem Feld, er bereitet sich auch diszipliniert vor. Heutezutage ist im Fußball nicht nur die sportliche Qualität wichtig.

Gibt es auch junge Spieler, die ihr Ding machen und nicht zu Ihnen kommen?

Pizarro: Die gibt es auch, aber vor allem, weil sie schüchtern sind. Wenn ich das erkenne, gehe ich auf sie zu und sage ihnen, was ich denke. Ich war früher auch eher schüchtern.

Tatsächlich?

Pizarro: Ja, ich hatte das immer gerne, wenn sich erfahrene Spieler um mich gekümmert haben. Als ich 1999 mit 20 Jahren nach Bremen kam, waren das vor allem Andi Herzog und Dieter Eilts. Nach meinem Wechsel zu Bayern 2001 hat mir Stefan Effenberg sehr geholfen.

Sie sind noch zweimal nach Bremen und einmal nach München zurückgekommen. Die Nestwärme einer Heimat scheint Ihnen wichtig zu sein.

Pizarro: Ja. In Bremen und München habe ich mich auch wegen der Leute immer wohl gefühlt – das ist für mich wichtig, aber auch für meine Familie. Ich identifiziere mich total mit den Vereinen, bei denen ich spiele.

Andere prominente Fußballer jenseits der 30 wechseln gerade nach China und kassieren noch einmal ganz groß ab. Sie hingegen tun sich den Abstiegskampf mit Werder Bremen an. Warum?

Pizarro: Ich will dem Verein, der mir damals den Einstieg in Europa ermöglicht und mir so viel gegeben hat, etwas zurückgeben. Und was den Abstiegskampf betrifft: Mit dieser Mannschaft ist hier noch viel mehr möglich, als wir bisher gezeigt haben. Dafür werde ich kämpfen.

Ihr Vertrag läuft zum Saisonende aus. Ihr früherer Sturmpartner Ailton hat Werder bereits zum Verlängern aufgefordert.

Pizarro: (lacht) Das habe ich auch gelesen.

Aber wenn der Experte Ailton das sagt, dann muss man das doch machen, oder?

Pizarro: Sagen wir es so: Wenn alles gut läuft, machen wir es vielleicht.

Am Samstag geht es wieder los für Werder. Erst kommt Borussia Dortmund nach Bremen, eine Woche später der FC Bayern.

Pizarro: Ja, die beiden leichtesten Gegner, die man in der Bundesliga haben kann (lacht). Es wird sehr schwierig für uns. Unser Vorteil ist, dass wir zu Hause spielen.

Vor der Saison hatten viele Dortmund als Konkurrenten der Bayern eingestuft, nun ist es Leipzig. Wird sich Ihr ehemaliger Klub am Ende doch durchsetzen?

Pizarro: Die Dortmunder haben mich auch überrascht. Ich hatte gedacht, dass sie jetzt schon vorne mitmischen würden. Ob die Leipziger das eine ganze Saison lang durchhalten können, ist die Frage. Wenn sie es schaffen sollten, wäre es überragend. Aber ich glaube, am letzten Spieltag werden wieder die Bayern oben stehen.

Als Peruaner werden Ihnen die Namen Charly Körbel, Ata Lameck, Klaus Fichtel und Willi Neuberger vermutlich nichts sagen.

Pizarro: Nein, die kenne ich nicht. Wer sind die Männer?

Die gehören zum Klub der 500er. Jeder von ihnen hat mehr als 500 Bundesligaspiele, erst elf Spieler haben das geschafft.

Pizarro: Wow! 500, das ist stark. Wie viele habe ich?

418. Sie sind von allen aktuellen Bundesligaspielern der erste, der auch die 500 erreichen könnte. Das wäre doch mal ein Ziel.

Pizarro: Hm, das wird schwer (lacht).

Was haben Sie nach Ihrer Karriere vor?

Pizarro: Ich will auf jeden Fall im Fußball bleiben. Vielleicht wäre Manager eine Möglichkeit, Trainer eher nicht. Als Trainer musst du noch mehr Zeit aufbringen als ein Spieler. Der Trainer ist ständig unterwegs, muss alles analysieren. Ich brauche mehr Zeit für meine Familie. Meine Tochter macht schon Druck. Zum Glück sagt meine Frau: Lass Papa entscheiden.