Sinsheim.

Der Frust saß auch am nächsten Tag noch tief. Nur wusste Borussia Dortmund anders damit umzugehen.

Statt Schiedsrichter Benjamin Brand nach dem 2:2 (1:2) bei der TSG Hoffenheim noch einmal öffentlich an den Pranger zu stellen, griff die Marketing-Abteilung des Fußball-Bundesligisten in die Trickkiste, bewarb einen Fanartikel prominent mit Marco Reus und schrieb über das Bild: „209 Bundesligaspiele, kein berechtigter Platzverweis.“

Werbung verpackt mit einem Seitenhieb.

BVB-Boss Watzke: „Glasklare Fehlentscheidungen“

Deutlicher hatte sich BVB-Boss Hans Joachim Watzke unmittelbar nach dem Abpfiff geäußert. „Glasklare Fehlentscheidungen“ habe er gesehen. Fürwahr: Reus hatte den deutschen U21-Nationalspieler Nadiem Amiri nicht gefoult.

Und hätte demnach auch nicht mit Gelb-Rot vom Platz fliegen dürfen. Unglücklich sah es allemal aus, aber Brand hätte sehen müssen, dass Amiri Reus zuvor am Trikot gezogen hatte.

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Der Platzverweis des Nationalspielers war eine Entscheidung, die Watzke im Nachgang als falsch betitelte. Zu Recht. Und auch bei der Einschätzung der Szene vor dem Hoffenheimer Treffer zum zwischenzeitlichen 2:1 durch Sandro Wagner (20.) lag der BVB-Verantwortliche richtig: „Den Schubser von Wagner sehe ich aus 60 Metern Entfernung.“

In der Tat hatte Hoffenheims Stürmer Dortmunds Innenverteidiger Sven Bender vor seinem Kopfball-Treffer weggestoßen. Demnach hätte das Tor nicht zählen dürfen.

„Man kann es pfeifen“

Wagner selbst stützte Watzkes Aussage: „Im Spiel war mir das nicht bewusst. Ich habe es in der Halbzeit gesehen, als ich rausgegangen bin. Man kann es pfeifen, wenn man es sieht. Aber es war nicht böswillig oder mit Absicht. Man versucht intuitiv, sich im Strafraum Platz zu machen.“ Zuvor hatte Watzke über Wagners Verhalten gesagt: „So spielt er eben.“

Überhaupt: Dass der spielerisch starke BVB mit der harten Gangart seiner Gegner schlecht zurecht kommt, war natürlich bis nach Hoffenheim und auch zu Trainer Julian Nagelsmann durchgesickert.

Im Gegensatz zum 1:1-Unentschieden beim 1. FC Köln jedoch hielt sich Thomas Tuchel auf der Pressekonferenz nach dem Remis in Hoffenheim zurück, als es darum ging, das mitunter harte Einsteigen der TSG-Spieler zu kommentieren: „Wir haben das schon erwartet. Aber jede weitere Aussage von mir zu Fouls würde nur eine weitere Schlagzeile. Ich habe meine Meinung oft genug gesagt. Die bleibt auch, wenn wir gewinnen oder Unentschieden spielen.“

BVB-Trainer Tuchel: "Der Punkt hat für mich einen großen Wert"

Es waren am Ende zwei Fehlentscheidungen, die den meisten Platz in den Gesprächen über ein gutes Bundesliga-Spiel einnahmen. Ein Spiel, in dem der BVB gezeigt hatte, dass er kämpfen kann, dass er sich – angetrieben durch bedingungslosen Willen – festbeißen kann. Vor allem aber, dass den größten Widrigkeiten zu trotzen im Stande ist.

„Der Punkt hat für mich einen großen Wert. Alles was gegen uns laufen konnte, lief gegen uns“, bilanzierte BVB-Trainer Tuchel und schloss in diese Aussage neben den beiden Fehlentscheidungen auch die verletzungsbedingte Auswechslung von Ousmane Dembéle ein.

Zwei Schläge hatte der überragende Offensivspieler abbekommen. In der 69. Minute musste er vom Platz getragen werden. Damit hatte der BVB seinen bis dahin besten Mann verloren. Als Mario Götze in der 10. Minute die Hoffenheimer Führung durch Mark Uth (3.) ausglich, war Dembéle Vorbereiter. Auch der Pass zum 2:2 durch Pierre-Emerick Aubameyang war von dem Franzosen gekommen (48.).

Bestes Spiel von Dembéle im neuen Trikot

Nur ein Foul konnte ihn stoppen – es war sein wohl bestes Spiel im Trikot seines neuen Klubs. Am nächsten Tag schon konnte der BVB aufatmen. Die Verletzung des 19-Jährigen stellte sich als minder schwer heraus: Dembéle hatte sich in Hoffenheim lediglich eine starke Prellung der Oberschenkel-Muskulatur zugezogen.

20 Minuten jedoch mussten die Borussen ohne ihren Antreiber auskommen. Das wirkte sich auf die Kreativität in der Offensive aus. Tuchel: „Wer gesehen hat, mit wie viel positivem Jähzorn, mit wie viel Ehrgeiz Ousmane gespielt hat, weiß, dass diese Auswechslung komplett reingepasst hat und dass es ein weiterer krasser Nachteil für uns war.“