Dortmund. Sie sind für die Stimmung in den deutschen Stadien verantwortlich: Ultras, der schwarze Block im Herzen der Stehränge. Sie machen große Choreografien, texten Lieder und tun alles, um ihren Klub zu unterstützen. Nur mit den Medien haben Sie Probleme. So auch "The Unity" in Dortmund.

Die Fan-Gruppierung
Die Fan-Gruppierung "The Unity" mit einer Spruchband-Aktion auf der Südtribüne. Foto: DerWesten © foto.schwatzgelb.de

Wer sein Herz als Fan an Borussia Dortmund verschenkt hat, ist auf der Homepage des Fanzines schwatzgelb.de immer gut aufgehoben. Dort werden die wichtigen Nachrichten über den Revierklub informativ, engagiert und mit einer schönen Portion Ironie aufbereitet. Natürlich auch, wenn es um Akteure des ungeliebten Rivalen aus Gelsenkirchen geht. So wie vor Wochen, als Kevin Kuranyi während des WM-Qualifikationsspiels gegen Russland von der Nationalmannschaft flüchtete, und sich das unerlaubte Entfernen von der Truppe auch noch ausgerechnet im Dortmunder Stadion ereignete. Da machten sich die Macher einen Spaß und fahndeten auf Infozetteln mit abreißbaren Telefonnummern nach dem Profi.

"Nationalspieler entlaufen"

Unter der Überschrift „Nationalspieler entlaufen” und einem Foto war zu lesen: „Er hört auf den Namen Kevin und wurde zuletzt um ca. 21.30 Uhr in der Nähe des Westfalenstadions gesehen. Er ist kinderlieb und fehlt uns sehr.”

Die BVB-Fanabteilung

Den Anfang machte einst der Hamburger SV, der dem einflussreichen Supporters Club eine eigene Abteilung im Hauptverein zugestand. Andere Bundesligisten wie Frankfurt, Bielefeld und Dortmund haben nachgezogen.

Beim BVB gibt es seit 2004 eine eigene Fanabteilung, nach dem unrühmlichen Ende der Ära Niebaum entschloss sich der Revierklub, der Basis mehr Bedeutung beizumessen. Die jüngste Abteilung boomt, mit über 3000 Mitgliedern ist sie nach dem Jugendfußball inzwischen die zweitgrößte im Ballsport-Verein Borussia Dortmund 09.

BVB-Fans kopierten den Zettel und hängten ihn nicht nur deutschlandweit auf, sondern auch in fernen Ländern wie Australien, China oder Schweden. Eine launige Aktion auf Kosten eines Abtrünnigen. Die Macher von schwatzgelb.de sind zum Teil auch bei der Gruppierung „The Unity” aktiv, die in der Dortmunder Fanszene zu den umtriebigsten Vereinigungen zählt. Jens Volke, einer von drei Hauptamtlichen, die bei Borussia Dortmund für die Belange der Anhänger zuständig ist, spricht von „einer der größten und sicherlich einflussreichsten Fangruppierung, die wir haben.” Er muss es wissen, schließlich war er selbst eine treibende Kraft bei „The Unity” bis er seinen Job beim Verein antrat.

"Modefans" und schwindende Stimmung

Offiziell gegründet wurde die Vereinigung im Jahre 2001, seitdem ist die Mitgliederzahl von 50 auf über 400 angewachsen. „The Unity“ ist Nachfolger des „Stammtisch für aktive BVB-Fans”, der 1997 ins Leben gerufen wurde, weil die einst legendäre Stimmung in der westfälischen Fußball-Oper immer mehr nachließ und sich stattdessen immer mehr Besucher blicken ließen, die von den alteingesessenen Tribünenbesuchern verächtlich als „Modefans“ diffamiert werden.

„The Unity” will die Rückbesinnung, und tatsächlich macht sich die berühmte gelbe Wand auf der Südtribüne, mit einer Kapazität von 24.454 Besuchern wahlweise als größte Stehplatztribüne Europas oder gar der Welt bezeichnet, mittlerweile wieder wesentlich lauter und lebhafter bemerkbar. „The Unity” hat mit Choreografien und anderen Aktivitäten einen wertvollen Beitrag geleistet, und doch sieht sich die Vereinigung in eine Ecke gedrängt, in die sie nach eigenem Selbstverständnis nicht gehört: Oppositionelle, Streitsuchende, Krawallmacher – das sei ein gänzlich falsches Image, meinen die Macher. Vielleicht wird die Fehleinschätzung ja durch die martialische Bezeichnung Ultras geschürt, als die sich die meisten Mitglieder von „The Unity” selbst bezeichnen.

Keine Gewaltbereitschaft

Jens Volke ist jetzt Fanbeauftragter von Borussia Dortmund. Foto: Franz Luthe
Jens Volke ist jetzt Fanbeauftragter von Borussia Dortmund. Foto: Franz Luthe © WR

Dabei, so betont Jens Volke, gäbe es „grundsätzlich keine Gewaltbereitschaft, auch wenn es sicherlich Auswüchse gibt”. Ultras wollen ihren Klub mit mehr Engagement und Herzblut unterstützen, als es die herkömmlichen Fanklubs tun, und das bedeutet oftmals eine Gratwanderung. In der Öffentlichkeit werde jedoch „immer nur das Negative” herausgestellt, betont Magnus Wollenhaupt, Vertretungsberechtigter von „The Unity”: „Wenn über uns berichtet wird, geht der Grundtenor immer Richtung Gewalt.” Die Folge ist ein „allgemeines Misstrauen” (Wollenhaupt) gegenüber jeglichen Journalisten, das sich darin manifestiert, dass die Dortmunder Ultras über sich keine Auskunft geben. Es ist ein merkwürdiges Prozedere, sich einerseits über eine fehlerhafte Außenwirkung zu beklagen und sich andererseits nach innen abzukapseln. „Nur wenige wissen, was „The Unity” wirklich ist, für was wir stehen und was wir erreichen wollen”, beklagt die Gruppe auf ihrer Homepage. Darüber, wie eine solche Informationslücke geschlossen werden soll, wenn man sich der Öffentlichkeit verweigert, schreiben Dortmunds Ultras nichts.

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